Steilufer
mit einer Deichsel und einer Achse mit zwei Rädern daran.
»Damit lässt sich so ein kleines Boot ganz leicht zu Wasser bringen.«
Jansen begann, sich genauer in dem Schuppen umzusehen, und Angermüller fragte den Hafenmeister nach den vorhandenen Schlüsseln zum Bootsschuppen.
»Jedes Mitglied, das ein eigenes Schiff hat, hat auch einen Schlüssel zum Bootsschuppen. Das Problem ist natürlich, dass übers Wasser jeder, der will, hier reinkommt – nen Wachschutz gibts hier nicht. Wir hatten hier schon des Öfteren Einbrüche oder Diebstähle. Manchmal haben die hier aber einfach nur randaliert und Sachen kaputt gemacht. Wahrscheinlich sone Halbstarken, die nicht wissen wohin mit ihrer Kraft.«
»Ja, Herr Sievers, übers Wasser kommt man hier natürlich auch rein. Trotzdem müssten wir wissen, wer über die entsprechenden Schlüssel verfügt.«
»Klar. Aber ich hab da nix mit zu tun. Wer und wie? Das wissen am besten die vom Vorstand. Die haben ihre Listen.«
»Ist jetzt jemand vom Vorstand auf dem Gelände?«, fragte Angermüller.
»Den Burmester hab ich vorhin gesehen. Ich kann Sie zu ihm bringen. Fragen Sie den. Der vertellt Ihnen bestimmt gerne was.«
»Ach so, der Herr Burmester, der ist uns bekannt. Ja, vielen Dank, Herr Sievers, das wars fürs Erste.«
Der Hafenmeister zögerte.
»Den Motor haben die Kerle ja nicht geklaut, der liegt da drüben noch. Die müssen das Schlauchboot mit einem anderen Kahn geschleppt haben, wenn sie damit auf See unterwegs gewesen sein sollten – oder sie sind gerudert.«
Es war ihm anzumerken, dass er die polizeilichen Ermittlungen höchst interessant fand und gerne mehr dazu beigetragen als auch darüber erfahren hätte. Angermüller lächelte.
»Stimmt. In diese Richtung haben wir auch schon gedacht. Vielleicht haben wir später noch ein paar Fragen dazu.«
»Jederzeit, ich bin hier«, nickte Sievers und ging zurück in Richtung Villa.
»Das ging ja schneller, als ich dachte«, stellte Angermüller, zu seinem Kollegen gewandt, fest. »Ich hab schon befürchtet, wir dürfen noch den ganzen Tag die Segelvereine und Häfen in der Lübecker Bucht abklappern. Und hast du irgendwas Interessantes hier gefunden?«
»Nö, auf den ersten Blick und bei den Lichtverhältnissen nix. Aber die Jungs von der Spusi sind da büschen gründlicher als ich. – Ich ruf gleich mal Ameise an.«
Angermüller nickte.
»Und ich rede mal mit dem Burmester.«
Als Angermüller auf die Terrasse trat und den Tisch, an dem Burmeister saß, ansteuerte, sah er, dass dieser gerade beim Essen war. Er wollte sich diskret wieder entfernen, da hatte der Anwalt ihn aber schon entdeckt.
»Wollten Sie zu mir?«
»Eigentlich ja. Aber lassen Sie sich nicht beim Essen stören – es hat Zeit, ich komme gleich noch mal wieder!«
»Nein, bleiben Sie man. Ich bin sowieso fertig. Mehr als zwei Matjesfilets mit Speckbohnen schaden ohnehin meinem Cholesterinspiegel – die Portionen hier sind gewaltig!«
Angermüller, der näher getreten war, sah auf dem Teller, den Burmester beiseite geschoben hatte, neben sattgelben Kartoffelscheiben und einem Rest grüner, fettglänzender Bohnen mit rosafarbenen Speckstückchen noch ein silbrig schimmerndes, drittes Matjesfilet liegen.
»Mmh, das sieht aber gut aus!«, entfuhr es ihm spontan.
»Und so schmeckt das auch! Unser Ökonom war früher Schiffskoch und er weiß eben, dass die Mannschaft meutert, wenn er keine Qualität bietet! Möchten Sie auch etwas essen?«
»Entschuldigen Sie, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt: Hauptkommissar Angermüller, Kripo Lübeck. Danke, ich möchte nichts essen«, log er, ohne eine Miene zu verziehen, und hoffte, sein Magen würde keine verräterischen Geräusche von sich geben.
»Herr Burmester, ich hätte ein paar Fragen an Sie in Ihrer Eigenschaft als Vorstandsmitglied dieses Vereins. Haben Sie einen Moment Zeit für mich?«
»Setzen Sie sich doch«, sagte der Mann in jovialem Ton und zog einen Stuhl für Angermüller heran, der darauf Platz nahm.
»Worum geht es denn? Hat eines unserer Vereinsmitglieder was verbrochen?«
Er lehnte sich mit einem gönnerhaften Lächeln auf seinem Stuhl zurück, zog eine Schachtel Zigarillos aus seiner Jacketttasche, aus der anderen ein großes, goldenes Feuerzeug. In seinem gut geschnittenen, hellen Leinenanzug mit dem dunkelblauen Polohemd darunter, das Gesicht sonnengebräunt unter dem dichten grau melierten Haar, entsprach er exakt dem Bild des sportlichen, alterslosen
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