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Steilufer

Steilufer

Titel: Steilufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Danz
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den Feldweg Richtung Brodtener Ufer rumpelte, den sie am Samstag zum Fundort des angetriebenen Schlauchbootes genommen hatten. Auch heute parkten hier eine ganze Reihe Autos. Die vielen Kennzeichen aus den verschiedensten deutschen Regionen deuteten auf Urlauber hin.
    »Das muss Zufall sein. Unser Opfer kam ja auf dem Seeweg hierher. Die wollen jedenfalls genau zu dem Strand, die beiden«, meinte Angermüller nachdenklich.
    »Jo, Party machen.«
    Jansen parkte den Wagen an der Landstraße neben der Einmündung des Feldweges und die Kommissare folgten Maik Priewe und Marco, die inzwischen das Auto in Ermangelung eines Parkplatzes einfach auf dem angrenzenden Feld stehen gelassen hatten, zu Fuß in Richtung Strand. Die großen Windräder auf dem Feld rotierten lebhaft in der milden Brise, doch heute im hellen Sonnenlicht hatte die Szenerie etwas Heiteres, Unbeschwertes. Als sie die Stelle erreichten, wo der Weg zum Strand abstieg, hielt Angermüller seinen Kollegen zurück.
    »Lass uns erst einmal von hier oben einen Blick werfen.«
    Vorsichtig näherten sie sich dem Rand des Steilufers, in das die Sturmfluten im Winter immer wieder Erdabbrüche fraßen und schauten suchend über den Strand, der mit Grüppchen von Badegästen belebt war. Richtig voll wurde es an dieser Ecke nie. Es war eher ein Geheimtipp für Leute, die den großen Rummel scheuten und etwas größeren Abstand zwischen den Badelaken bevorzugten. Dafür allerdings war der Strand nicht sehr breit und der Sand ging ziemlich bald in grobe Kiesel über, die den Rand des Wassers säumten.
    Um einen toten Baumstamm – es war der, auf dem am Samstag die beiden Frauen gesessen hatten, die den Toten gefunden hatten – lagerte ein Grüppchen junger Leute. Drei Männer mit nackten, muskelbepackten Oberkörpern saßen im Sand, zwei davon mit Glatze, schwarzen Hosen und Schnürstiefeln und ein junges Mädchen mit kurzem Haar, ebenfalls in Hose und Stiefeln sowie einem knappen Top, saß zwischen ihnen auf dem ausgeblichenen Baum. Es kämpfte mit einem kurzbeinigen, kräftigen Hund spielerisch um ein Stück Holz. Der Wind trieb Musikfetzen nach oben zum Steilufer – eine krawallartige, scheppernde Mischung. Sogar aus dieser Entfernung war bei den beiden Glatzköpfen eine großflächige Tätowierung auf Armen und Rücken auszumachen. Als die Clique Priewe und Marco mit den Bierdosen über den Strand kommen sah, brach ein Johlen aus, von dem Angermüller nicht hätte sagen können, ob es freundlich oder aggressiv gemeint war.
    »Bei welchem Kostümverleih haben die sich denn wieder ausstatten lassen?«, murmelte er.
    »Alles für den Neonazi, Sommerkatalog«, meinte Jansen. »Wie du siehst, hilft das: Um die rum ist eine 10 Meter breite Sicherheitszone. Mit denen will keiner was zu tun haben.«
    »Bis auf meinen Neffen.«
    »Wollen wir ihm mal guten Tag sagen?«
    »Weißt was, Kollege: Heut mach ich pünktlich Feierabend. Die ganze Familie feiert die traditionelle Strandkorbpremiere und ich war die ganzen letzten Jahre nie dabei.«
    Angermüller schlug seinem Kollegen gut gelaunt auf die Schulter.
    »Hä? Willst du mich verarschen?«
    »Nicht im Geringsten! Das machen die Dittmers jedes Jahr, wenn endlich der Sommer da ist. Man verabredet sich am Tag zuvor und dann treffen sich alle bei den Strandkörben mit Kind und Kegel und es gibt ein großes Familienpicknick.«
    Wahrscheinlich hat Astrid eh damit gerechnet, dass ich nicht komme, so wie immer – dachte Georg Angermüller bei sich – dann werde ich sie mal überraschen und Pluspunkte sammeln. Vielleicht gelingt es uns dann, endlich mal wieder in Ruhe miteinander zu reden. Ich hole zu Hause nur schnell meine Badesachen und lass mich von Jansen hinbringen.
    »Im Ernst: Ich werde die Gelegenheit nutzen und mal mit Marcos Eltern reden, vielleicht ist der Junge ja selbst auch da. Ich weiß, dass sein Vater immer auf solchen Pflichtterminen besteht. Und ich find es gar net schlecht, wenn der Junge net weiß, was ich jetzt weiß.«
    Vom Strand schallten Hundegebell und Bruchstücke eines lauten Wortwechsels herauf. Eine junge Frau, mit einem heulenden kleinen Kind an der einen Hand, stand vor der Gruppe Jugendlicher und zeigte mit der anderen Hand erregt auf den Hund. Das Mädchen hatte Mühe, ihn an seinem Halsband fest zu halten und er gab ein heiseres Bellen von sich. Erst schien es, als wollten die zwei tätowierten Muskelpakete auf die Frau losgehen, doch als noch mehr Urlauber kamen und sich protestierend hinter

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