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Stein und Flöte

Stein und Flöte

Titel: Stein und Flöte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Bemmann
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flötet hier und da ein sanftes Liedchen und kümmert sich um alles und jedes, das ihn überhaupt nichts angeht, nur nicht um seinen Hausstand. Komm herein, Lauscher, ich steck dich erst einmal in ein heißes Bad. Du stinkst wie eine Herde Ziegen. Und den anderen Kerl könnt ihr von mir aus auch mitbringen. Er sieht aus, als ob er ein Frühstück vertragen könnte. Aber das Pferd bleibt draußen, das sage ich euch!«
    Auf diese Weise bekam nun doch alles seine rechte Ordnung. Als erstes kümmerte sich der Sanfte Flöter um Barlo und braute ihm einen Kräuterabsud, der seine Schmerzen schwinden ließ. »In ein paar Tagen wirst du kaum noch etwas spüren«, sagte er und schickte den Stummen in die Küche, wo die Großmutter inzwischen ihren Enkel gründlich abgeschrubbt und den Badetrog schon wieder für den zweiten Gast frisch gefüllt hatte. Und nach einer angemessenen Zeit saßen alle vier um einen reich gedeckten Tisch, auf dem sich alles fand, was zu einem richtigen Frühstück gehört: eine bauchige Kanne, in der frisch aufgegossener Tee dampfte, duftendes Fladenbrot, ein Butterknollen, rund und golden wie der Vollmond, ein Topf Honig und ein Laib Ziegenkäse. Lauscher und Barlo waren krebsrot vom heißen Bad und nur notdürftig bekleidet; denn die Großmutter hatte ihnen ihre Sachen gar nicht erst wiedergegeben, um all die Risse und Löcher zu flicken. »Andere Kleider kann ich euch nicht geben«, sagte sie. »Warum habe ich auch solch einen Winzling geheiratet. Einstweilen müßt ihr euch so behelfen. Mir macht’s nichts aus, ich habe schon mehr Männer in Unterhosen gesehen, als mir lieb ist. Und bei meinem ist das wahrhaftig kein erhebender Anblick, das kann ich euch verraten.«
    Diese Rede brachte sogar Barlo zum Grinsen. »So gefällst du mir schon besser«, sagte der Sanfte Flöter. »Es geht doch nichts über den herzhaften Humor eines liebenden Weibes.«
    »Laß deine sanften Witze«, sagte seine Frau, »und bring die beiden Burschen zu Bett. Lauscher kann kaum noch die Augen offenhalten, und der Stumme sieht auch nicht viel munterer aus.«
    »Kommt!« sagte der Sanfte Flöter. »Während ihr schlaft, bringe ich euer Pferd in einen Stall. Ich weiß in der Nachbarschaft einen guten Pflegeplatz.« Er führte sie in ein Zimmer im Oberstock, in dem zwei frisch bezogene Betten standen, die schon aufgeschlagen waren. Lauscher und Barlo waren kaum noch fähig hineinzukriechen, und dann fielen ihnen auch schon die Augen zu.
    Nach vielen Stunden erwachte Lauscher vom Ruf einer Amsel, die auf der Linde dicht vor dem Fenster saß. Sie flötete ihr Lied in die Abenddämmerung, und unten vor dem Haus antwortete ihr eine zweite, die auf dem Zaun sitzen mußte. Lauscher stand auf und entdeckte seine und Barlos Kleider, die geflickt und ordentlich zusammengefaltet auf den Stühlen neben ihren Betten lagen. Er zog sich an, und davon wurde auch Barlo munter.
    Lauscher ging zum Fenster, um nach der zweiten Amsel zu sehen, die noch immer zu hören war. Doch unten auf dem Zaun saß keine Amsel, sondern der Großvater, der auf einer kleinen hölzernen Flöte spielte. Als er Lauscher am Fenster stehen sah, setzte er sein Instrument ab und rief: »Komm herunter, und bring auch Barlo mit!«
    »Seht ihr«, sagte der Sanfte Flöter, als sie neben ihm am Zaum lehnten, »so kann man sich mit Amseln unterhalten.« Er blies eine Tonfolge, die sogleich von der Amsel aufgenommen und variiert wurde. In diesem Augenblick trat die Großmutter vor die Tür.
    »Dacht ich’s mir doch«, sagte sie spöttisch. »Sitzt auf dem Zaun wie ein Dreikäsehoch und bläst seiner Amsel etwas vor. Kommt rein, ihr Tagediebe, es gibt Abendessen!«
    »Man kann gegen diese Frau sagen, was man will«, dachte Lauscher, als er den letzten Bissen mit einem Schluck von Großmutters selbstgekeltertem Heidelbeerwein hinunterspülte, »als Hausfrau ist sie unübertrefflich.« Einigermaßen befremdet war er jedoch noch immer über die Art, wie sie mit ihrem Mann umging. Seine Berühmtheit schien hier zu Hause nicht viel zu gelten. Lauscher wollte es nicht in den Sinn, daß seine stille Mutter die Tochter dieser redegewaltigen Frau sein sollte. Sie war wohl auch, wie er selbst, mehr nach der Art des Sanften Flöters geraten. Während er darüber nachdachte, fielen ihm die Grüße ein, die ihm seine Mutter aufgetragen hatte, und er richtete sie aus. »Dann habe ich noch einen zweiten Gruß zu überbringen, Großvater«, fuhr er fort, »von einem alten Mann, der dich

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