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Stein und Flöte

Stein und Flöte

Titel: Stein und Flöte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Bemmann
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gelauscht und dabei die Geschichte von dem schönen Fischermädchen vom grausig-düsteren Beginn bis zum fröhlichen Gelächter des Endes miterlebt. Manch einer wischte sich die Augen, und es war kaum zu entscheiden, ob noch Tränen der Erschütterung darin standen oder ob ihnen bei dem gewaltigen Platsch des Grünen vor Lachen das Wasser in die Augen gestiegen war. Alle hatten sich um Lauscher versammelt und spendeten ihm Beifall, nur Döli mit seinen Kumpanen war allein auf dem Platz zurückgeblieben. Das grämte ihn wohl ganz beträchtlich, denn er wartete nicht einmal ab, bis die Beifallsrufe verklungen waren, sondern begann mitten hinein mit seinem Flötenspiel.
    Schon die ersten Töne klangen Lauscher wieder frech und ungebärdig im Ohr, doch in diesen aufkeimenden Widerwillen mischte sich auch ein Teil Verwunderung, ja fast Anerkennung darüber, wie dieser Flöter es verstand, die Motive der Ballade von Schön Agla aufzugreifen und ins Spöttische abzuwandeln, so daß jetzt alles komisch wirkte, was zuvor ernst geklungen hatte, und alles Fröhliche einen Zug ins Hinterhältige erhielt. Auch die anderen Zuhörer schienen das so zu empfinden. Einige von ihnen runzelten die Stirn und schüttelten den Kopf darüber, wie dieser Spottvogel mit ihren Gefühlen umging, die ihnen eben noch die Tränen in die Augen getrieben hatten, es gab aber auch genug andere, die unwillkürlich schmunzeln mußten über diese Version des Lustigen Flöters und näher zu ihm hingingen, damit ihnen keine Einzelheit von seinem Spiel entging.
    Döli hatte dieses Vorspiel inzwischen zu Ende geführt, setzte jetzt seine Flöte ab und begann mit seiner hohen, ein wenig fettigen Stimme zu singen:
    Die Mär von dieser Fischermaid
    in ihrem hübschen weißen Kleid
    hat euch wohl gut gefallen?
    Das war so richtig was fürs Herz,
    ein bißchen Leid, ein bißchen Scherz,
    so was kommt an bei allen.
    Doch ist das leider nur ein Trug,
    ein Märlein für die Kleinen.
    Habt ihr noch immer nicht genug
    vom Kinderkram und seid so klug,
    wie ihr sonst stets wollt scheinen?
    Es ist zum Weinen!
    Ich will euch also singen jetzt
    ein andres Lied, wie es zuletzt
    mag wirklich sein geschehen;
    denn dieser alte Flöter dort,
    das könnt ihr glauben mir aufs Wort,
    hat’s selber nicht gesehen.
    Er lebte einst, wie man erzählt,
    bocksfüßig bei den Faunen
    und muß nun, das sei nicht verhehlt,
    wenn nächtens ihn ein Traumbild quält,
    solch krause Märchen raunen.
    Es ist zum Staunen!
    Die hübsche junge Fischermaid,
    insoweit weiß ich schon Bescheid,
    hat’s wirklich wohl gegeben.
    Sie war kein Kind von Traurigkeit,
    war auch zu jedem Spaß bereit
    und wollte lustig leben.
    Doch diese Fischer dort am See
    sind arm als wie die Eulen,
    das ist so wahr wie ich hier steh,
    auch gibt’s dort keine gute Fee,
    doch von der Arbeit Beulen.
    Es ist zum Heulen!
    Auch lebte dort ein reicher Graf,
    ein bißchen fett, doch nicht sehr brav,
    der schlief nicht gern alleine,
    und da sein Schloß am Wasser stand,
    hatt’ er ein Boot dort auf dem Strand,
    doch fischt er nur zum Scheine.
    Zeigt sich ein Mädchen an dem See,
    legt er sich in die Ruder,
    und tat sie wie ein scheues Reh,
    versprach er ihr sogleich die Eh’.
    Das war ein lust’ger Bruder,
    doch auch ein Luder!
    Hatt’ er die Maid dann später satt
    und wurde sein Gelüste matt,
    dann ging er mit ihr fischen.
    Um Mitternacht, wenn alles schlief
    und dumpf im Rohr die Dommel rief,
    konnt sie ihm nicht entwischen.
    Er ruderte zu jenem Platz,
    wo tief die Aale hausen,
    dort gab er ihr noch einen Schmatz
    und sagte: Geh jetzt baden, Schatz!
    Und mach mir keine Flausen!
    Es war zum Grausen!
    Die Fischermaid war nun gewitzt.
    Sie hatt’ längst auf den Graf gespitzt,
    doch nicht nur auf sein Bette.
    Als er sie in sein Schloß geführt,
    da blieb sie völlig ungerührt
    und legt ihn an die Kette.
    Sie tat ihm manche Freundlichkeit
    des Nachts in seinen Zimmern,
    doch als ihm länger ward die Zeit,
    war sie zum Fischen nicht bereit,
    so lang die Sterne schimmern.
    Es war zum Wimmern!
    So plagt sie ihn bei Tag und Nacht,
    bis manchen Schmuck er ihr vermacht
    und Gold in ganzen Haufen,
    gab ihr auch viele Edelstein
    und auch sein Fischrecht obendrein,
    nur um sich loszukaufen.
    Da stieg die arme Fischermaid
    vergnügt in ihren Nachen,
    und wer von euch vergeht vor Neid,
    ich sag’s euch, ehe ich von euch scheid,
    der sollt es grad so machen.
    Ist’s nicht zum Lachen?
    Während Döli seine Version der Ballade

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