Stein und Flöte
es zierliche Beete und bunte Blumen, und rings an den Wegen standen Eiben und Buchsbäume, die zu allerlei lustigen Figuren zurechtgestutzt waren. Auch war mitten im Garten ein Springbrunnen, in dessen Becken steinerne Zwerge saßen, die sehr komisch aussahen. Man nannte ihn den Brunnen der Fröhlichkeit; denn wenn das Wasser aus der Höhe auf die Steinfiguren herunterplätscherte, klang es, als ob in jedem Winkel des Gartens jemand lachte.
Der fröhliche König lebte glücklich und vergnügt in seinem Schloß, bis eines Tages eine Sippe böser Riesen aus dem Wald herunterstapfte und in den Garten einbrach. Diesen Riesen konnte man ansehen, daß sie ihr Leben lang noch nie gelacht hatten. Sie machten so grimmige Gesichter, daß alle im Schloß Hals über Kopf davonrannten, auch der König mit seiner Königin und der schönen Tochter. Sie liefen, so schnell sie konnten, auf die andere Seite des Tals, wo sie ein Bauer aufnahm, der oben auf der Höhe seinen Hof hatte.
Hier saß nun der König, der gar nicht mehr fröhlich war, den lieben langen Tag auf der Hofmauer und schaute hinüber zu seinem Schloß, in dem jetzt die Riesen hausten. Sie trotteten quer durch den schönen Garten, zertrampelten dabei die zierlichen Blumenbeete und rissen im Vorbeigehen die beschnittenen Büsche aus, um sich damit am Kopf zu kratzen. Einer nahm gar ein Bad im Brunnen der Fröhlichkeit und brach dabei das Spritzrohr des Springbrunnens ab, so daß die Fontäne versiegte und nicht mehr plätschern konnte. All das sah der König und wurde sehr traurig.
Als ihm klar wurde, daß diese Riesen nicht mehr weiterziehen wollten, sondern sich im Schloß häuslich einrichteten, wobei sie die Stühle, die für ihre dicken Hintern zu klein waren, einfach aus den Fenstern warfen, da beschloß der König, etwas zu unternehmen. Er sandte Boten aus und ließ die Ritter seines Reiches zum Kampf gegen die Riesen herbeirufen.
Nach ein paar Tagen kamen sie in schwerer Rüstung auf ihren Gäulen angetrabt, grimmige, in Eisen gepanzerte Gesellen, die mit ihren Schwertern rasselten. »Ich danke euch, daß ihr mir zur Hilfe gekommen seid«, sagte der König. »Nun vertreibt mir diese ungeschlachten Riesen, und wer den stärksten von ihnen besiegt, der soll meine Tochter zur Frau bekommen.«
Da galoppierten die Ritter quer durch das Tal hinauf zum Schloß, stießen grimmige Schreie aus, schwangen ihre Schwerter und wollten die Riesen angreifen. Aber der stärkste der Riesen langte nur mit seinem dicken Arm aus dem Fenster heraus, pflückte die gepanzerten Ritter der Reihe nach wie Haselnüsse aus dem Sattel und warf sie hinunter in den Bach, der durch das Tal floß. Dort rappelten sie sich nach einiger Zeit mühsam auf und hinkten auf den Bauernhof zu ihrem König, um ihm zu sagen, daß gegen diese Riesen mit dem Schwert nichts auszurichten sei.
»Wenn nicht mit dem Schwert, dann mit Zauberei«, sagte der König und schickte wieder Boten aus, die alle Zauberer seines Landes herbeiriefen. Nach ein paar Tagen nahte ein langer Zug von Maultieren, die jeweils zu zweit eine Sänfte zwischen sich trugen, und in jeder Sänfte saß ein Zauberer. Als sie vor den König kamen, stiegen sie aus, ordneten ihre langen Gewänder, machten ernste, bedeutende Gesichter und fragten den König nach seinen Wünschen.
»Ihr sollt mir die Riesen aus meinem Schloß vertreiben«, sagte der König, »denn meine Ritter sind ihnen nicht gewachsen. Wer von euch das fertigbringt, der soll meine Tochter zur Frau haben.«
Da zogen die Zauberer hinüber zum Schloß, der erste trat vor, zeichnete einen Zauberkreis auf den Boden, stellte sich hinein und begann seine Zaubersprüche aufzusagen. Im Fenster des Schlosses aber stand der stärkste der Riesen, blähte seine Backen auf und pustete den Zauberer in die Luft, daß er auf seinen langen Gewändern davonflog wie ein flügellahmer Rabe, bis er in der Krone eines Baumes hängenblieb. Und so erging es jedem, der vor dem Schloß seinen Kreis auf den Boden zeichnete.
Schließlich kletterte der letzte der Zauberer von dem Baum, auf dem er gelandet war. Die anderen hatten höflich auf ihn gewartet, und dann zogen sie gemeinsam zurück zum König. Sie machten noch immer ernste, bedeutende Gesichter, als sie dem König sagen mußten, daß ihre Kunst gegen diese Riesen nichts auszurichten vermochte.
Da wurde der König noch trauriger, denn er hatte keine Hoffnung mehr, sein Schloß und den Brunnen der Fröhlichkeit wiederzugewinnen. So saß er
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