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Stein und Flöte

Stein und Flöte

Titel: Stein und Flöte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Bemmann
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fröhlich und lach ein bißchen! Es könnte ja sein, daß unter deinem Fingernagel ein böser Riese sitzt und wieder anfängt zu wachsen.«

    »Eine gute Geschichte«, sagte Trill. »So muß man mit solchen Leuten umgehen. Außerdem jagt dich kein Marktvogt vom Platz, Barlo, wenn du die Leute zum Lachen bringst. Das weiß ich aus Erfahrung.«
    »Was hast du eigentlich im Sinn, Barlo?« sagte Rauli. »Dein Name kam mir zwar bekannt vor, aber sonst weiß ich nicht viel von dir. Wenn ich jetzt drüber nachdenke, was du heute auf dem Markt getrieben hast, so scheint mir, daß du das Thema meiner Ballade nicht zufällig aufgegriffen hast.« Barlo bestätigte diese Meinung, und Rauli fuhr fort. »Wenn ich dich recht verstehe, geht es dir darum, etwas gegen die böse Herrin von Barleboog zu unternehmen. Stimmt das?«
    Barlo nickte. »Gut«, sagte Rauli. »Darin sind wir wohl alle einer Meinung. Aber wir fünf können nicht allein gegen ihre Horde von zottigen Knechten ziehen. Denn sie würden uns jagen wie die Hasen.«
    »Das mag wohl sein«, sagte Gurlo. »Aber es gibt ja noch mehr Leute unserer Art. Ich mache euch einen Vorschlag: Wir trennen uns hier, ziehen ein Jahr lang einzeln durch das Land und treiben unsere Künste auf Jahrmärkten, Hochzeiten, Erntefesten und wo sonst noch Unterhaltung gebraucht wird. Und alle Brüder von der Zunft, die uns dabei über den Weg laufen, laden wir ein, heute übers Jahr mit uns hier zusammenzutreffen: zum Jahrmarkt von Draglop in der Silbernen Harfe. Wollt ihr das tun?«
    Alle erklärten sich einverstanden, und Trill sagte noch: »Vergeßt nicht, unterwegs lustige Geschichten zu sammeln. Wir werden sie brauchen.«
    Den restlichen Abend tranken sie zusammen Wein und redeten über dies und das, doch darüber braucht hier nicht mehr berichtet zu werden, weil es für diese Geschichte keine Bedeutung hat.
    So war nun Barlo wirklich ein Spielmann geworden, und Lauscher zog mit ihm von Ort zu Ort, sammelte Geld in seinem Hut und versorgte die Reittiere. Barlo übte sich in komischen Liedern und lustigen Tänzen, und wenn sie auf einen anderen Spielmann, einen Märchenerzähler oder sonst ein Mitglied der fahrenden Zunft trafen, erzählte Lauscher von dem Plan und sagte zum Schluß. »Also vergiß nicht: nächstes Frühjahr zum Markt von Draglop in der Silbernen Harfe.«
    Zunächst ritten sie in weitem Bogen durch die Dörfer im Flachland. Als dann der Sommer kam und es in der Ebene heiß und drückend wurde, hielten sie auf das Gebirge zu. Bald trabten sie durch schmale Täler und kühle Bergwälder, und Barlo spielte auf den Festen der Holzfäller, die Meister darin waren, einander mit Spottliedern zu necken. Barlo blieb oft am Abend noch lange an ihrem Feuer sitzen, denn das war eine Kunst, die er brauchen konnte.
    In dieser Gegend waren Barlo und Lauscher wieder einmal den ganzen Tag lang auf schmalen Bergpfaden unter turmhohen Tannen durch den Wald geritten, ohne einen Menschen zu treffen. Gegen Abend roch Barlo den Rauch eines Feuers und trieb sein Pferd an, denn es wurde schon dunkel. Nach kurzer Zeit sahen sie zwischen den Stämmen die Glut schimmern und hörten das Lachen der Holzfäller, die im Kreis um ihr Feuer saßen.
    Barlo und Lauscher wurden von den Holzfällern freundlich empfangen. Der Vorarbeiter wies ihnen einen Platz am Feuer zu und sagte: »Seid unsere Gäste. Ihr werdet Hunger haben, und wenn ihr satt seid, wollen wir noch ein bißchen singen und reden. Ihr könnt schon eure Löffel herausholen.« In dieser Gegend tut man nämlich klug daran, wenn man immer einen eigenen Löffel bei sich trägt, und das wußten inzwischen auch Barlo und sein Diener.
    Der Vorarbeiter gab einem seiner Leute einen Wink, und der Mann stellte eine eiserne Pfanne auf das Feuer und kochte ein Mus aus Milch, Butter und Mehl, das so steif war, daß man es stückweise mit dem Löffel aus der Pfanne stechen konnte. Barlo und Lauscher aßen mit Appetit, denn es war ihre erste warme Mahlzeit an diesem Tag, und als sie satt waren, wischten sie ihre Löffel an der Hose ab und steckten sie wieder ein. Sie bedankten sich für das Mus, und der Vorarbeiter fragte jetzt, wer sie seien und was sie in diesen Wald geführt habe.
    »Mein Herr heißt Barlo und ist ein Spielmann«, sagte Lauscher. »Ihr dürft ihm seine Schweigsamkeit nicht verübeln, denn er kann nicht sprechen, sondern pflegt sich anderweitig auszudrücken. Ich bin sein Diener, und man nennt mich Lauscher. Wir reiten durch das Land, um

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