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Stein und Flöte

Stein und Flöte

Titel: Stein und Flöte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Bemmann
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lustige Lieder und Geschichten zu sammeln, und darin sollt ihr ja, wie man sagt, nicht ungeübt sein.«
    Die Holzfäller lachten laut, als sie das hörten. »Nicht ungeübt!« rief einer. »Du drückst dich ja ziemlich vorsichtig aus. Willst du eine Kostprobe, Eselreiter?« und er sang:
    Zum Lauschen sind sicher
    deine Ohren zu klein,
    der Lauscher, du Esel,
    muß das Langohr hier sein.
    Die Holzfäller schlugen sich auf die Schenkel und lachten dröhnend. Lauscher fand den Scherz zwar erst etwas derb, aber als er sah, wie Jalf stolz seine Ohren aufrichtet, mußte auch er lachen. »Du hast gar nicht so unrecht«, sagte er dann. »Man hat mich diesem Spielmann als Diener mitgegeben, damit ich das Zuhören erst richtig lerne.«
    Er hatte das zwar ernst gemeint, aber diese Bemerkung entfesselte schon wieder neues Gelächter. »Habt ihr das gehört?« prustete einer. »Er soll bei einem Stummen das Zuhören lernen! Ihr seid mir ein sonderbares Paar!« Und auch er sang gleich wieder einen Vers dazu:
    Warum irrt ein Spielmann
    im Walde herum?
    Er kann gar nicht singen,
    denn der Spielmann ist stumm.
    Lauscher erschrak, als er das hörte, und schaute seinen Herrn an, wie er diesen Spott aufnehmen würde. Doch Barlo lachte nur, zog seine Flöte heraus und spielte:
    Hörst du mich nicht flöten?
    Sagst du, ich sei stumm?
    Wer mich nicht verstehen kann,
    der ist und bleibt dumm.
    Jetzt hatte er die Lacher auf seiner Seite. Der Vorarbeiter haute ihm auf die Schulter, daß selbst der kräftige Barlo zusammenzuckte, und sagte: »Ihr seid Leute, denen man vertrauen kann. Bleibt so lange bei uns, wie ihr Lust habt.« Barlo spielte noch einen Tanz, der die Holzfäller schnell auf die Beine brachte. Die klobigen Gesellen stampften ums Feuer, daß der Boden dröhnte und die Funken stiebten. Dann rollten sich alle in ihre Decken und legten sich mit den Füßen zur Glut schlafen.
    In der Nacht wachte Lauscher auf, weil sein Esel unruhig wurde. Er hörte ihn schnauben und mit den Hufen scharren. Dann kam Jalf zu ihm und stieß ihn mit der Nase an die Schulter. Lauscher stand auf und horchte in die Nacht hinaus, was den Esel beunruhigt haben könne. Ringsum das niedergebrannte Feuer schnarchten die Holzfäller, oben in den Baumwipfeln rauschte der Nachtwind, aber sonst war nichts zu hören. Jalf hatte seine Ohren auf einen moosbedeckten Felsblock gerichtet, der oberhalb des Lagerplatzes zwischen den Stämmen lag wie eine windschiefe Blockhütte. Lauscher stand auf, griff sich einen Holzprügel und schlich leise bergauf über den steinigen Waldboden. Jalf folgte ihm, schnaubte aber warnend, als sie sich dem Felsblock näherten. Dann sprang der Esel plötzlich vor und schmetterte seine Hufe in ein Gebüsch am Fuß des Felsens. Da fuhr aufjaulend ein Wolf aus dem Schatten; er lief einige Schritte zur Seite, blieb dann stehen und knurrte seine Angreifer zähnefletschend an. Lauscher hatte schon einen faustgroßen Stein aus dem Geröll aufgelesen und schleuderte ihn dem Wolf an den zottigen Kopf. Da machte dieser heulend kehrt, jagte zwischen den Tannen davon und verschwand in der Nacht.
    Lauscher legte seinem Esel den Arm um den Hals, lobte ihn für seine Wachsamkeit und bekam dafür einen Kuß von Jalfs weichem Maul auf die Wange. Dann gingen sie zum Lagerplatz zurück. Der Vorarbeiter war inzwischen wach geworden und kam ihnen entgegen. »Das klang wie ein Wolf«, sagte er.
    »Es war einer«, sagte Lauscher, »und Jalf hat ihn aus den Büschen gejagt.«
    Der Vorarbeiter pfiff anerkennend durch die Zähne. »Man sollte niemanden unterschätzen«, sagte er. »Nicht einmal einen Esel«, und tätschelte Jalf den Hals. Dann legten sie sich wieder schlafen, und Lauscher wachte erst auf, als die Holzfäller ihre Eisenpfannen aufs Feuer schoben, um ihr Morgenmus zu kochen.
    Während sie aßen und der Vorarbeiter den anderen gerade von dem nächtlichen Ereignis erzählte, wobei er Jalfs Verdienste gewaltig herausstrich, witterte der Esel schnaubend und stellte seine langen Ohren auf. Gleich darauf waren Schritte zu hören, und am Rand der Lichtung erschien ein Mann in einer Pelzjacke.
    Barlo und Lauscher tauschten einen Blick und löffelten weiter ihr Mus.
    Der Vorarbeiter stand auf, um den Fremden zu begrüßen, und der Bärtige fragte ihn, ob er sich zu ihnen ans Feuer setzen und sich aufwärmen dürfe. Gegessen habe er schon, sagte er noch, als er eingeladen wurde, an der Morgenmahlzeit teilzunehmen; dem Blick, den er auf den Inhalt der Pfannen

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