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Steinbock-Spiele

Steinbock-Spiele

Titel: Steinbock-Spiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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klang so lebhaft wie immer. Er allein zitterte nicht. »Gemordet bei einem unvorstellbaren Massaker. Aber was? Aber wie?«
    »Sie scheinen eines natürlichen Todes gesto rben zu sein«, meinte Breckenridge. »Ihre Leichen sehen unversehrt und gesund aus. So, als lägen sie hier und schliefen. Als seien sie nicht tot, sondern schliefen nur.«
    »Eine Seuche?« fragte Scarp. »Eine plötzlich auftretende tödliche Gaswolke? Gift in ihrem Wasser?«
    »Wenn es so plötzlich gekommen wäre, woher hätten sie die Zeit genommen, alle diese Särge zu bauen? Der ganze Tunnel - Katakombe um Katakombe –« Ein Netz von Gängen unter der ganzen Stadt. Tausende von Särgen. Millionen. Breckenridge fühlte sich von der Gegenwart des Todes in einem solchen Ausmaß betäubt. Das Skelett mit der Sense, fleißig an der Arbeit. Abgetrennte Köpfe und Hände und Füße verstreut wie Löwenzahn auf der Frühlingswiese. Die Herrschaft Thanatos’, König der Schwerter, Ritter der Lanzen.
    Donner dröhnte hinter ihnen. Schritte im Schacht.
    Scarp runzelte die Stirn.
    »Ich habe gesagt, sie sollen oben warten. Dieser Narr Militor – «
    »Militor muß das sehen«, sagte Arios. »Zweifellos ist das die Ruhestätte der Stadtbewohner. Zweifellos sind das Menschen. Wißt ihr, was ich mir vorstelle? Einen Massenselbstmord. Jahre der Vorbereitung. Den Bau von Tunnels, von Maschinen für das Töten, von einem riesigen Apparat der Vernichtung. Und dann der festgesetzte Tag – lange Schlangen von Menschen, die auf ihre Abfertigung warten – Millionen Männer und Frauen und Kinder im Durchgang durch die Maschinen, freudig ihr Leben hingebend, gehen bereitwillig zu den wartenden Särgen –«
    »Und dann müssen nur noch wenige übriggeblieben sein, und es gab keinen mehr, der sie abfertigen konnte«, sagte Scarp. »Weiterleben, Verwalter der Toten, vielleicht, die Maschinen wartend, die diese Millionen Leichen im gleichen Zustand erhalten –«
    »Erhält wofür?« fragte Arios.
    »Den Tag der Auferstehung«, sagte Breckenridge.
    Die Schritte im Schacht wurden lauter. Scarp blickte zur Tunnelmündung.
    »Militor?« rief er. »Horn?« Seine Stimme klang zornig. Er ging zum Schacht. »Ihr hättet doch auf uns warten sollen –«
    Breckenridge hörte ein knirschendes Geräusch, fuhr herum und sah Arios am Deckel eines Sarges zerren – an jenem, in dem der friedliche junge Mann lag. Instinktiv wollte er vorstürzen, um die Entweihung zu verhindern, aber er war zu langsam; die Glasplatte hob sich, als Arios die Siegel zerriß, und mit einem fauchenden Laut stob grünlicher Dampf aus dem Sarg. Er schwebte einen Augenblick in der Luft, durchbohrt von Arios’ Lichtstrahl, dann gerann er zu gelbem Niederschlag und zerbarst zu einem Miniatur-Regenschauer, der den Boden des Tunnels befleckte. Zu Breckenridges Entsetzen zuckte die Leiche des jungen Mannes krampfhaft; Muskeln schnürten sich zu Knoten zusammen und erschlafften beinahe augenblicklich.
    »Er lebt!« rief Breckenridge.
    »Er hat gelebt«, sagte Scarp.
    Ja. Die Gestalt im Glassarg war regungslos. Sie veränderte Farbe und Textur, wurde schwarz und schrumpfte. Scarp stieß Arios beiseite und warf den Deckel zu, aber das nützte nichts mehr. Eine schreckliche neue Beweglichkeit begann im Sarg. Nach wenigen Augenblicken lag etwas Zusammengeschrumpftes, Verzerrtes vor ihnen.
    »Tiefschlaf«, sagte Arios. »Die Erbauer der Stadt – sie liegen hier, Menschen wie wir, sie schlafen, sie sind nicht tot, sie schlafen. Schlafen! Militor! Militor, schnell!«
    Feingold sagte: »Mal sehen, ob ich das richtig verstanden habe. Nach dem Angebot an die Öffentlichkeit wird unsere Gruppe weiterhin dreiundachtzig Prozent der Zweitaktien halten, und vierunddreißig Prozent der Stammaktien, womit wir eine Sperrminorität haben. Wir geben Ihnen hunderttausend Fünfjahresvollmachten und erklären uns einverstanden mit einem Umtauschrecht für die sechseinhalbprozentigen Vorzugsaktien von neunzehnhundertzweiundneunzig, dazu die Emissionsgebühren, vorausgesetzt, Ihr argentinischer Freund übernimmt die vereinbarte Zahl Vorzugsaktien und schließt das Geschäft in Colorado mit uns ab. Okay? Also, unterstellt, daß die Börsenaufsicht keine Einwände erhebt, möchte ich die Schachtelaufsichtsräte bei der Heitmark AG in Liechtenstein und der Hellaphon S. A. in Athen besprechen, und danach –«
    Die hohe, klare Stimme sprach weiter und weiter. Breckenridge stocherte auf seinem Teller herum, lächelte häufig, nickte,

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