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Steinbrück - Die Biografie

Steinbrück - Die Biografie

Titel: Steinbrück - Die Biografie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Goffart
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weiterhalf.
    So weit, so gut. Doch ein knappes halbes Jahr später, am Abend des 11. November 2006, klingelte das Handy von Kai Uwe Ricke. Am anderen Ende war sein Pressechef Ulrich Lissek. Die Nachrichtenagenturen verbreiteten gerade eine Vorabmeldung der Bild- Zeitung: »Telekom-Chef steht vor dem Aus«, lautete die Schlagzeile. In Bonn schlug die Meldung ein wie eine Bombe. Konnte das stimmen? Schließlich galt die Bild -Zeitung nicht gerade als erste Quelle für zuverlässige und topexklusive Wirtschaftsnachrichten. Noch dazu kam die Meldung aus Berlin und nicht vom Unternehmenssitz in Bonn. Andererseits recherchierten die Bild -Journalisten gerade bei aufsehenerregenden Geschichten immer ausgesprochen professionell, damit sie sich später nicht mit einem Dementi blamieren mussten.
    Die erste Reaktion in Rickes Stab war ungläubiges Staunen. Zwar gab es immer wieder Kritik daran, dass der junge Telekom-Chef mit dem Konzernumbau nicht in der gewünschten Geschwindigkeit vorankam. Und auch der geplante Abbau von über 30 000 Arbeitsplätzen in dem schwerfälligen ehemaligen Staatsunternehmen hatte für Ärger gesorgt. Aber ein Sturz des Vorstandschefs aus heiterem Himmel? Ohne warnende Vorankündigung? Ohne eine Sitzung des Aufsichtsrats, in der man ihm zumindest einmal eine Änderung der Unternehmensstrategie nahegelegt hätte?
    Während im rheinischen Bonn die ersten Karnevalsfeiern stiegen, setzten am Telekom-Hauptquartier hektische Recherchen ein. Schnell war klar, dass es sich beim Autor der Meldung nicht um einen Wirtschaftsjournalisten handelte, sondern um einen politischen Korrespondenten mit besten Beziehungen zur SPD. Die Information musste also von dort kommen. Nach weiteren Anrufen beim Bundesfinanzministerium und bei Mitgliedern des Aufsichtsrats stand fest, dass irgendetwas nicht stimmte und Ricke tatsächlich gekippt werden sollte.
    Nur einen Tag später ging der überrumpelte Manager mit Klaus Zumwinkel am Rhein spazieren. Der Vorstandsvorsitzende der Post fungierte zugleich als Vorsitzender des Telekom-Aufsichtsrats, eine ungute Zusammenballung von Macht, wie sich später auch bei der sogenannten Spitzelaffäre der Telekom herausstellen sollte.
    Wenngleich beide bis heute Stillschweigen über die Einzelheiten von Rickes Ablösung bewahren, ist verbürgt, dass Ricke erst bei diesem Spaziergang erstmals von Zumwinkel persönlich erfuhr, dass die Anteilseigner nicht zufrieden mit ihm seien und er deshalb gehen müsse. Da der amerikanische Finanzinvestor Blackstone aber nur über einen Minderheitsanteil an der Telekom verfügte und die Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat überhaupt nicht gefragt worden war und zunächst Vorbehalte formulierte, musste die treibende Kraft für den Sturz des Telekom-Chefs bei der Bundesregierung zu suchen sein. Spiegel -Korrespondent Frank Dohmen, der seit Jahren über die Telekom schreibt, war denn auch erstaunt, dass »Zumwinkels hektischer Vorstoß nicht sonderlich gut vorbereitet« war und »die Personalie Ricke nun im Hauruckverfahren gelöst werden« sollte. Zumwinkel stand offenbar unter so großem Druck seitens des Bundes als Hauptanteilseigner, dass er noch nicht einmal die Gewerkschaftsvertreter im Aufsichtsrat in den Putsch einbezogen hatte – ungewöhnlich leichtsinnig für einen kühlen Strategen wie Zumwinkel.
    »Ricke hat nichts falsch gemacht«, analysierte die Süddeutsche Zeitung , die sich ebenso wie das Handelsblatt äußerst verwundert über die Ablösung von Telekom-Chef Ricke zeigte. Zumal einen Tag später mit René Obermann ein Nachfolger präsentiert wurde, der nach dem Urteil der Frankfurter Allgemeinen Zeitung als Chef der Telekom-Mobilfunksparte und als Konzernvorstand an allen wesentlichen Entscheidungen seines Freundes Kai Uwe Ricke beteiligt war. Obermann hatte die meisten Neuorganisationen sogar wesentlich mit vorbereitet. Was er anders und vor allem besser machen sollte als Ricke, war nicht zu erkennen.
    »Ich war enttäuscht vom Verhalten Einzelner«, gestand Ricke Jahre später gegenüber dem Wirtschaftsmagazin Capital . Er fühlte sich zu Unrecht abgesetzt, »zum Rücktritt gezwungen, wie man so schön sagt«. Dass er es sich mit seinem Hauptanteilseigner Steinbrück verscherzt haben könnte, sagte Ricke nie.
    Die Weigerung des Managers, dem Minister einen dringenden Wunsch bei dessen Leib-Magen-Projekt abzuschlagen, hat das ohnehin schwierige Verhältnis sicher auch nicht verbessert. Steinbrück war mit der Telekom schon

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