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Steinbrück - Die Biografie

Steinbrück - Die Biografie

Titel: Steinbrück - Die Biografie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Goffart
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aneinandergeraten, als er noch Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen war. Der damalige Telekom-Finanzvorstand Karl-Gerhard Eick hatte ein kompliziertes Steuerkonzept entworfen, durch das dem Land Einnahmen in Millionenhöhe entgangen wären. Steinbrück war erbost und ließ Ricke seinen geharnischten Protest übermitteln. Außerdem sorgte der Plan, 32 000 Beschäftigte in dem Magenta-Konzern abzubauen, bei der SPD für erhebliche Proteste. Als Steinbrück Bundesfinanzminister wurde, kritisierte er deshalb Telekom-Chef Ricke ungewöhnlich offen. Die Unternehmenschefs müssten mehr »Verantwortung für den Standort« übernehmen, mahnte Steinbrück im Manager Magazin (Nr.12/2005). »Ein Topmanager muss beachten, wo eine Gesellschaft hindriftet. Welche Erschütterungsdynamik, welcher Vertrauensverlust auch durch die öffentliche Rede ausgelöst werden kann«, so Steinbrück. Er kenne zwar die Zwänge der Firmenlenker. »Wer aber gleichzeitig Rekordgewinne verkündet und den Abbau Tausender Arbeitsplätze ankündigt, kann nicht mit meinem Verständnis rechnen.« Das saß. Das Manager Magazin bezog diese Kritik direkt auf Ricke. Der Telekom-Chef hatte zuvor nämlich in der Tat eine ordentliche Bilanz mit guten Gewinnen ausgewiesen, gleichzeitig aber am Programm zum Personalabbau festgehalten. Nur wenige Monate nach Rickes Entlassung wurde das Abbauprogramm unter dem neuen Telekom-Chef René Obermann übrigens umgesetzt – mit dem Segen des Aufsichtsrates, in dem auch ein sozialdemokratischer Staatssekretär aus Steinbrücks Bundesfinanzministerium saß.
    Dem Topmanager der Post ging es nicht besser. Im Gegenteil. Klaus Zumwinkel erhielt am 14. Februar 2008 in seinem Kölner Privathaus Besuch von den Ermittlern der Bochumer Staatsanwaltschaft. Ein gezielt informiertes Kamerateam des ZDF wartete bereits vor der Tür und hielt für ein Millionenpublikum fest, wie einer der einflussreichsten deutschen Manager in einem Auto der Strafermittler zur Vernehmung gebracht wurde. Zumwinkel wurde später wegen Steuerhinterziehung zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Diese war mit der Auflage versehen, eine Million Euro an die Staatskasse und an gemeinnützige Organisationen zu zahlen. Zumwinkel gab schon lange vor dem Gerichtsverfahren auf Druck der Bundesregierung alle Ämter auf und zog sich später ganz aus der Öffentlichkeit zurück.
    Die Ermittlungen gegen ihn waren in Gang gekommen, weil ein ehemaliger Mitarbeiter der Liechtensteiner Bank LTG illegal Unterlagen über deutsche Kunden entwendet und diese dem Bundesnachrichtendienst zum Kauf angeboten hatte. Der BND wandte sich daraufhin an die Bundesregierung und dort vor allem an das Bundesfinanzministerium, da es in erster Linie um Steuerfragen ging. Steinbrück gab grünes Licht, gegen Zumwinkel vorzugehen, obwohl die Beschaffung der Unterlagen mit den Namen der deutschen Steuerhinterzieher das Ergebnis einer Straftat war. Die Verwertung dieser in Liechtenstein gestohlenen Daten durch deutsche Steuerbehörden belastete die diplomatischen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und dem Fürstentum schwer. Obwohl die Datei Hunderte Namen deutscher Steuerflüchtlinge enthielt, war Zumwinkel der erste und bislang einzige Prominente, bei dem die Finanzverwaltung vor laufenden Kameras zuschlug.
    Über viele Zusammenhänge kann heute nur spekuliert werden. Aber wenn schon damals herausgekommen wäre, dass der Bundesfinanzminister auf einem offiziellen Briefkopf von seinen beiden wichtigsten Bundesunternehmen eine Millionenspende für seinen liebsten Hobbysport verlangt hatte, wäre die Aufregung sicherlich groß gewesen.

Kapitel 10
    Der Mythos vom Krisenmanager
    A n der schmiedeeisernen Tür der Bank klebte ein kleiner Zettel. »Der Zahlungsverkehr wird vorübergehend eingestellt«, stand darauf geschrieben. Es waren nur wenige Worte, aber jeder, der sie las, verstand den Ernst der Lage. Binnen Minuten bildete sich eine lange Schlange vor dem Gebäude. Die Leute wollten ihre Spareinlagen abheben und ihr Geld in Sicherheit bringen. Doch es war zu spät. Das zweitgrößte deutsche Kreditinstitut musste seine Zahlungsunfähigkeit eingestehen; das Unvorstellbare war geschehen. Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Binnen Stunden brach Panik aus, erfasste die Bürger und die Börsen. Banken und Sparkassen wurden regelrecht gestürmt, die Kunden räumten ihre Konten ab. Gegen Mittag wurde der Druck zu groß, die Filialen wurden verriegelt,

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