Steine der Macht (German Edition)
reichen. Tankstellen gab es dort auch zwei. Zuvor war dann allerdings noch der Checkpoint der Konvoi-Polizei zu passieren. An dem konnte niemand vorbeifahren. Ihre Fahrt war aber nicht angemeldet und aus der Wüste konnten ja Touristen nicht kommen und schon gar nicht mit einem normalen Pkw. „Wir werden ja sehen, irgendwie geht das schon“, sagte Wolf, der nun mit zehn Litern Benzin offensichtlich besser gelaunt war. Linda schauderte insgeheim bei dem Gedanken, eventuell eine Nacht auf einer ägyptischen Polizeistation verbringen zu müssen. Von Raghab hörte man nur ein paar Anrufungen zu Allah.
Am späten Nachmittag erreichten sie dann den Quseir Checkpoint. Sie waren das einzige Fahrzeug. Die Polizisten kontrollierten die Wagenpapiere und die Pässe.
Raghab versuchte irgendetwas auf Arabisch zu erklären, was die Beamten aber offenbar nicht sonderlich beeindruckte. Ein Polizist, der ein wenig Englisch sprach, fragte Wolf, woher sie kämen. „Aus Luxor“, antwortete dieser, was der Mann aber telefonisch überprüfen wollte.
Da trat plötzlich ein Officer aus der kleinen, be-tonierten Wachstube neben dem Schranken heraus und ging auf Wolf zu. Als er ihn sah, umarmte er ihn und begrüßte ihn auf Arabisch. „Abu Deep ben Nemsa, marhaba, issayak, hamdulillah, welcome again, Mr. Wolf.“
Dem anderen Polizisten, der gerade beim Luxor Checkpoint anrufen wollte, sagte er, dass Wolf hier öfter unterwegs zu den Hieroglyphen-Felsen sei, dass er ihn kenne und alles in Ordnung wäre.
Ein Anruf in Luxor wäre überflüssig.
Die Polizisten waren über den gewaltigen Regen in den Bergen und das Unglück mit den Soldaten offenbar noch nicht informiert worden. Mahmud, so hieß der Officer, hatte Wolf schon des Öfteren auf seinen Fahrten getroffen und bestand darauf, dass die drei noch einen Tee mit ihnen tranken. Sie verabschiedeten sich dann ebenso heftig mit Umarmungen und Segenswünschen, wie es bei der Begrüßung geschehen war.
Nun konnten sie also ungehindert passieren. Linda küsste in einem Anfall von Freude und Erleichterung Mahmud zum Abschied auf die Wange, was dieser etwas verwirrt nicht zu deuten wusste.
Nun war auch die letzte Hürde geschafft. Mit einem sarkastischen „Ich hab’s euch ja gesagt, irgendwie geht es immer“, und einem heftigen Hupkonzert bei der Abfahrt vom Checkpoint verstärkte Wolf ungewollt sein Abenteurer-Image bei Linda, was ihr zartes Gemüt wieder einmal ordentlich zum Kochen brachte.
„Du mit deinem ‚Irgendwie geht’s immer‘, nein, mein Lieber, Glück haben wir gehabt, unheimliches Glück“, das war alles, was sie über ihre Lippen brachte.
Eigentlich musste ihr Wolf ja recht geben, aber Glück war zuweilen notwendig, besonders dann, wenn man, wie er, immer wieder in solche gefährlichen -Situationen gelangte.
Nach fünfzehn Minuten erreichten sie die Stadt Quseir, tankten den Wagen voll, kauften an der Promenade noch ein paar Bananen für den mittlerweile ordentlichen Heißhunger und fuhren dann ohne weiteren Aufenthalt die Küstenstraße nach Safaga hinauf. Es waren noch achtzig Kilometer, die in einer Stunde leicht bewältigt wurden. Das Rote Meer an der rechten Seite und die in der Abendsonne wie Kulissen aussehenden, bizarren Bergspitzen zur linken Hand gaben diesem letzten Abschnitt ihrer Fahrt eine schon fast roman-tische Note. Bei Einbruch der Dunkelheit erreichten sie Raghabs bescheidene Hütte.
Sie wurden freudig empfangen. Sein Sohn sagte, sie alle hätten sich Sorgen gemacht, da sie auch von dem Unwetter gehört hatten. Raghab erzählte auf Arabisch von den Soldaten im Jeep, den Landrovern und dem Hubschrauber. Alle hörten ihm gespannt zu. Wolf und Linda verabschiedeten sich währenddessen rasch und fuhren die letzten zwanzig Kilometer ins Sheraton Hotel zurück. Es war inzwischen schon dunkel geworden, als sie ihren Wagen am Hotelparkplatz abstellten. Man sah es dem Fahrzeug eigentlich gar nicht an, welche Odyssee es hinter sich hatte. Wohl aber Linda und Wolf, an deren Kleidung waren schon deutliche Spuren der letzten zwei Tage zu sehen. Salonfähig waren die beiden nun wirklich nicht mehr.
Ihre Hosen waren vom Wasser und Schlamm in dem alten Gang ziemlich schmutzig geworden und auch ihre Schuhe waren nur noch zum Wegwerfen. Linda war es sichtlich peinlich, so in das vornehme Hotel hinein-gehen zu müssen. Franz, der Hotel Manager, staunte nicht schlecht, als er die beiden in der Eingangshalle so sah.
Nach einer Dusche und in frischem Gewand ging
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