Steine der Macht (German Edition)
Erzählung sein?
„Ich soll Sie von Bard grüßen“, antwortete Wolf.
Der Imam blickte erstaunt auf:
„Von Bard, meinem Freund aus Farafra? Wie geht es ihm? Möge Allah Sie segnen, dass Sie mir Nachricht von ihm überbracht haben“, diese Worte sprach der Imam in seiner Freude auf Arabisch, was Wolf aber einigermaßen verstehen konnte.
Wolf erzählte ihm von seinem Besuch bei dem Künstler in der Oase Farafra und versuchte dem heiligen Mann zu erklären, was er in Tunesien wollte. Er sprach auch von seiner Suche nach den Steinen in Ägypten und von dem, was er von Bard gehört hatte.
„Sie haben Mut und Entschlossenheit, deshalb kann ich Ihnen vielleicht weiterhelfen. Ich werde Ihnen den Weg zum Berg der Bilder erklären.“
„Welchen Berg der Bilder?“, fragte Wolf erstaunt.
„Es gibt dort im Grenzgebiet zu Algerien einen Berg, welchen wir den Berg der Bilder nennen. Dort finden sich mitunter Steine, auf denen sich plastisch geformte Figuren, ähnlich einem Relief, befinden. Es handelt sich dabei um den sehr harten Feuerstein.
Der Überlieferung nach hat es dort vor sehr langer Zeit einmal eine hochentwickelte Zivilisation gegeben, welche mit dem Entstehen der Sahara untergegangen sein soll. Diese besonderen Steine sollen aus jener Epoche stammen. Es ist dieselbe Gegend, wo auch der ‚sprechende Kopf‘ gefunden wurde.“
„Ja, Bard hat mir bereits davon erzählt und ich habe auch schon etwas darüber gelesen“, antwortete Wolf.
„Die meisten Leute wissen über diese Dinge nicht mehr Bescheid und Sie werden auch unterwegs niemanden danach fragen können. Aber Sie werden den Weg dorthin finden, ich werde ihn Ihnen beschreiben.
Wenn Sie vom Chott el Cherid, dem Salzsee, kommen, müssen Sie danach noch den See der Stille überqueren. Das ist kein richtiger See, sondern nur eine extrem ruhige Ebene, in der absolute Stille herrscht. Ein kurzes Stück später erreichen Sie die ‚Straße der Versuchung‘, gepflastert mit glitzernden Kristallen. Wir nennen sie so, da hier fast alle Leute, die dort vorüberkommen, eine Pause einlegen und sich nach den Kalzitkristallen, welche da überall auf dem Boden liegen, bücken. Bleiben Sie nicht stehen und vergeuden Sie keine Zeit, auch wenn es am Boden noch so funkelt. Der Weg führt Sie weiter in Richtung Norden. Wenn Sie dort ohne Verzögerung vorübergekommen sind, gelangen Sie zur richtigen Zeit, am späten Nachmittag, zu den Bergen der Bilder und wenn es Allahs Wille ist auch zu den sprechenden Köpfen.
„Weshalb hat das etwas mit der Uhrzeit zu tun?“, unterbrach Wolf den Imam.
„Es ist ganz einfach zu erklären, weshalb Sie diese Bildersteine jetzt im Frühjahr am besten nachmittags erkennen können. Das hat mit dem flachen Winkel der tief stehenden Sonne zu tun. Da werfen die erhabenen, reliefartigen Bilder auf den Steinen leichte Schatten und sind dadurch viel besser zu sehen.
Die Steine und Figuren dort oben in den Bilderbergen sind Zeugnisse einer längst vergangenen Kultur, es geht eine große Kraft von ihnen aus. Möge Allah Sie beschützen. Mehr kann ich Ihnen nicht dazu sagen.“
Wolf bedankte sich bei dem Imam, verabschiedete sich und ging wieder durch die engen Gassen zurück zum Hotel. Er war so sehr in seinen Gedanken bei den Bildersteinen, es fiel ihm gar nicht auf, dass er immer noch die Djelabeja trug.
Wohl aber dem Araber an der Rezeption des Hotels, aber dieser machte sogar eine anerkennende Bemerkung, als er Wolf in der Landestracht kommen sah.
Am nächsten Tag fuhr er zeitig in der Früh los und erreichte schon um die Mittagszeit den großen Salzsee. Wolf hatte keine Augen für die Landschaft, wollte er doch am Nachmittag bei den Bergen angelangt sein. Auch der See der Stille war mit dem Wagen rasch durchquert. Als er dann zu den Kalzitkristallen kam, bremste er den Wagen abrupt ab. Da lag ein Fahrrad neben der Straße. Ein Unfall, dachte Wolf und blieb stehen. Nein, es war kein Unfall. Über die Straßenböschung kam ein Mädchen herauf. Sie war so um die fünfundzwanzig Jahre, hatte dunkle Haare und war wie ein Tourist mit Jeans und Pulli bekleidet. Sie hatte einige dieser glitzernden Kristalle in der Hand. Als sie Wolf sah, grüßte sie in englischer Sprache. Ihr Name war Dana, sie war Informatikstudentin und kam aus Jugoslawien. Ganz alleine fuhr sie mit ihrem Fahrrad durch halb Tunesien. Zwei Wochen war sie schon unterwegs. Sie hatte sogar ein Zelt dabei. Wolf bot ihr an, sie mitzunehmen. Sie nahm die Einladung gerne
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