Steine der Macht (German Edition)
an. Ihr Fahrrad, welches sie im Flugzeug von zu Hause mitgebracht hatte, war leicht zerlegbar. Es wurde kurzerhand in dem geräumigen Kofferraum des Mietwagens verstaut. Wolf fragte:
„Hast du gar keine Angst, so alleine als Frau mit dem Rad durch dieses arabische Land zu fahren?“
„Eigentlich nicht“, antwortete sie, „die Leute hier sind alle sehr freundlich und hilfsbereit, ich wurde auch schon von Berberfamilien zum Essen eingeladen. Und zum Schlafen habe ich, wenn es nötig ist, ja schließlich mein kleines Zelt dabei“, und deutete mit der Hand auf ihren großen Rucksack und die Satteltaschen, welche jetzt auf der Rückbank lagen.
Wolf hielt es für puren Leichtsinn, aber dieses Mädchen mit ihren fünfundzwanzig Jahren war da eben noch sehr unbeschwert. Sie wollte in den nächsten Tagen auf die Insel Djerba zurückfahren. Von dort aus hatte sie nämlich ihren Rückflug nach Belgrad.
„Ich fahre bis zum Gebirge an die algerische Grenze, in die Nähe der Bergoase Tamerza“, sagte Wolf, „aber ich muss heute noch zurück in die Stadt Douz, jenseits des großen Salzsees. Ich habe dort im El Mouradi Hotel ein Zimmer reserviert. Wenn du möchtest, dann -besorge ich dir auch eines und lade dich ein. Ich fahre morgen wieder an die Küste zurück, da kannst du gerne mitkommen.“
Dana freute sich über dieses Angebot, hatte sie doch die letzten zehn Tage kaum mit jemandem sprechen können.
„Was machst du eigentlich hier im Süden Tunesiens?“, fragte sie Wolf.
Dieser hatte aber keine Lust, seine ganze Geschichte zu erzählen, und meinte nur, dass er Steine suchen würde, womit sich Dana auch zufriedengab. Schon eine Stunde später kamen sie an den Rand der Berge. Wolf ließ sich von der Wegbeschreibung des Imam und seiner eigenen Intuition leiten. Er bog von der asphaltierten Straße rechts auf eine holprige Schotterpiste ab. Nach ein paar Kilometern erreichten sie ein Tal, in dem sogar einige riesige Palmen standen.
Dort blieben sie stehen. Wolf wollte sich zu Fuß etwas umsehen, während Dana ihren Spirituskocher auspackte und Kaffee zu kochen begann. Sie wäre ursprünglich mit ihrem Rad zu den drei bekannten Bergoasen gefahren. Doch eine kostenlose Nacht in einem Hotel und ein Taxi für die lange Fahrt bis ans Meer, das konnte sie nicht abschlagen. Da waren ihr dann die ohnehin von Touristen überfüllten Oasen nicht mehr so wichtig.
„Ich gehe jetzt ein Stück den Berg hinauf, in einer Stunde bin ich wieder da. Pass du inzwischen auf den Wagen auf. Wenn ich wiederkomme, trinken wir Kaffee“, mit diesen Worten verschwand Wolf zwischen den Palmen und suchte sich einen Pfad auf den Berg.
Er ging nur eine halbe Stunde, als er zu einem ebenen Plateau am Berghang kam. Daneben war eine Geröllhalde, auf welcher er Handteller große Steine mit seltsamen Figuren darauf entdeckte.
Ja, wie steinerne, plastische Bilder sahen sie aus. Jetzt wusste er, warum der Imam in Kairouan von den Bergen der Bilder gesprochen hatte. Das Material war eindeutig Feuerstein. Wie aber konnte dieser immens harte Stein so plastisch geformt worden sein? Während Wolf noch darüber nachdachte, fiel sein Blick auf etwas Seltsames. Mitten zwischen den Steinen lag ein faustgroßes Gebilde, welches wie ein Widderkopf aussah. Er nahm es in die Hand. Der kleine Widderkopf war sicher nicht natürlichen Ursprungs. Aber wie um Himmels willen konnte man in grauer Vorzeit so etwas herstellen? Mit welchen Werkzeugen wurde das Gebilde aus diesem harten Feuerstein herausgearbeitet? Aber die wichtigste Frage war eigentlich, von wem?
Wolf hatte innerhalb einer knappen Stunde all das gefunden, was er auf dieser Reise eigentlich finden wollte. Seine Intuition hatte ihn, wie schon so oft, wieder einmal zum richtigen Platz geführt. Er packte kiloweise Steine in seinen Rucksack. Nur den Widderkopf steckte er in den Hosensack. Dann machte er sich wieder an den Abstieg. Unten angekommen hatte Dana mittlerweile schon die zweite Tasse Kaffee getrunken. Es war aber für Wolf auch noch etwas übrig.
Er zeigte ihr seine Funde und sie war erstaunt über die Gebilde, welche Wolf gebracht hatte. Sie als nüchterne Studentin konnte sich absolut nicht vorstellen, wie Wolf wissen konnte, wo er suchen musste.
Anschließend fuhren sie zurück nach Douz. Auf der zweistündigen Fahrt unterhielten sich die beiden über die Wüste und beschlossen, am nächsten Tag auf dem Weg zur Küste einen Abstecher in die tief in der -Sahara liegende Oase Ksar Ghilane
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