Steinhauer, Franziska
weiß. Das darf ich natürlich nicht. Aber vielleicht führen sie ja eine Art Gehirnwäsche bei den Jungs durch. Julian ist mir heute Morgen entwischt.“
„Du hast ihn angesprochen? Das ist gut. Dann weiß er doch jetzt, dass er einen deutschen Ansprechpartner finden kann, wenn er ihn braucht.“
„Er ist davongewetzt wie ein Hase. Als hätte er mehr Angst vor der Kölner Polizei als vor Lucifers Kindern“, meinte Klapproth nachdenklich. In deinem Leben hat es auch solche Phasen gegeben, dachte sie sich, wenn du mit dem nächsten Schuss in der Tasche unterwegs warst, wenn du mit einem Freier auf einem Parkplatz angehalten hast, wenn …
„Woran denkst du?“
„An meinen kalten Entzug“, antwortete sie einfach, „daran, dass ich auch schon vor der Polizei davongelaufen bin!“
Mendetti sah ihr direkt in die Augen: „Aber du hast zurückgefunden! Das ist alles, was zählt!“, stellte er ruhig fest und fragte dann, „Drogen? Habt ihr in Köln nicht danach gesucht?“
„Doch. Ein paar Kekse mit Marihuana – sonst nichts. Abgesehen von Alkohol. Den gab es allerdings reichlich. Man informierte uns darüber, dass diese Flaschen nur bei besonderen Feierlichkeiten geöffnet werden würden und man dabei streng auf die Regeln des Jugendschutzes achte.“ Sie grinste schief.
„Untätigkeit verdirbt mir die Laune!“, stellte sie dann fest, und Mendetti lachte.
„So schnell können wir niemanden bei den Satanisteneinschleusen. Und du und ich kommen als Undercover-Agenten nicht in Frage. Was sollen wir also tun?“
„Wer im Dorf hat denn einen besonders guten Draht zur Sekte?“
Mendetti runzelte die Stirn.
„Ich glaube, Berger. Der Bäcker. Jedenfalls ist er immer gut informiert.“
„Dann lass uns doch ein paar belegte Brötchen kaufen gehen!“
Siegfried Berger wusste jedoch nichts über Sektenmitglieder, die gegen ihren Willen festgehalten wurden, zu berichten. „So eng ist der Kontakt ja nun auch wieder nicht. So was würden die mir kaum auf die Nase binden! Aber sie benutzen mich, um Informationen ins Dorf zu tragen. Dieser junge Mann mit der Narbe im Gesicht, Kevin Baumeister, der regelt das Geschäftliche mit mir und erzählt dabei von den Plänen, die diese Leute so haben.“
„Und, was planen sie?“, fragte Mendetti beiläufig und zeigte dabei auf ein Salamibrötchen, damit Berger gar nicht erst auf die Idee kam, sich wichtig zu machen. „Davon nehme ich zwei.“
Der Bäcker schob die Brötchen in eine Tüte und plapperte munter weiter: „Die wissen ja von dem Mord oben im Widum. Und nun habe ich gehört, dass sie im Zimmer der Platzgrummer so etwas wie eine Séance abhalten wollen. Damit uns der Geist der Platzgrummer endlich verraten kann, wer sie damals umgebracht hat.“
„Und das ist in Ihren Augen eine gute Idee?“, fragte Klapproth, und der Bäcker nickte eifrig.
„Aber ja! Seit mehr als dreißig Jahren dieses gegenseitige Bespitzeln und Misstrauen. Wo war wer an jenemAbend? Ein Fahrzeug raste damals nach der Tat durchs Tal. Ein Motorrad gab es im Ort, ein roter Fiat wurde gesehen – und so beschäftigt uns auch diese Frage: Wer besaß ein Motorrad, wem gehörte ein Fiat? Das hätte endlich ein Ende. Wahrscheinlich ist der Mörder ohnehin längst weggezogen oder gestorben. Wenn bei dieser spiritistischen Sitzung der Mörder entlarvt wird, kehrt hier Ruhe ein!“
Maja Klapproth war überzeugt, dass genau das nicht passieren würde.
„Hast du schon mal darüber nachgedacht, ob wir wirklich entführt worden sind?“
Julian sah seinen Freund verständnislos an.
„Soweit ich mich erinnern kann, sind wir freiwillig mit Kevin hierhergekommen, oder täusche ich mich?“
„Nein, das stimmt schon. Ich frage mich nur, ob sie uns auch einfach wieder zurückfahren lassen würden, wenn wir das wollten.“
„Warum sollten wir zurück nach Köln wollen? Hier ist es doch einfach perfekt!“, antwortete Julian begriffsstutzig.
„Mir gefällt es auch hier, es ist mehr eine theoretische Überlegung.“ Mario versuchte seine diffuse Unruhe zu verbergen.
„Ach, dich plagt wohl die Sorge, wir könnten der Aufgabe, die uns Nocturnus stellt, nicht gewachsen sein?“ Julian klopfte dem Freund auf die Schulter. „Keine Bange. Er würde uns keine Aufgabe stellen, die wir nicht bewältigen können! Manchmal kommt es mir so vor, als stünden wir unter Nocturnus’ persönlichem Schutz. Warum sollten sie uns festhalten wollen? Es ist gar nicht notwendig!“
„Ja, das ist die Frage,
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