Steinhauer, Franziska
murmelte Helene und schwankte einen Augenblick.
„Mach die Tür auf, Gumper! Wir wissen, dass du die Anna entführt hast! Gibt das Mädchen raus!“
„Kommt raus, oder wir räuchern euch aus, wie man das mit Ungeziefer so macht!“
Helene schrie spitz auf, als unten die ersten Beilhiebe gegen die Fensterläden und die Tür das Haus erbeben ließen.
Jakob riss ein Fenster im oberen Stock auf und brüllte ihnen entgegen: „Wenn ihr wirklich die Anna hier vermutet, solltet ihr das mit dem Ausräuchern lieber noch mal überdenken!“
„Du Schwein! Was hast du meinem Kind angetan?“, kreischte Sophie gepeinigt auf, und die Schläge nahmen an Kraft zu.
„Du Mörder! Seit deiner Rückkehr liegt eine Pestwolke über St. Gertraud! Wir werden für frische Luft zum Atmen sorgen!“
Die Gumpers in Helenes Zimmer wirkten im Schein der Fackeln tatsächlich ein wenig teuflisch, dachte Dr. Gneis und kicherte leise. Von unten war das Splittern der Läden vor dem Wohnzimmerfenster zu hören. Draußen quietschte die Schuppentür vertraut. Der Mob hatte also das Schloss geknackt.
„Sie werden den Schuppen anstecken und dann seelenruhig abwarten, bis die Flammen auf das Wohnhaus überspringen. Sie werden zusehen, wie wir alle verbrennen“, schluchzte Helene.
„Nein, sie wollen mehr. Das wäre nicht genug Action!“, korrigierte Heiko hasserfüllt.
Vom Hof her drangen die Stimmen vieler zu ihnen herauf. Das halbe Dorf musste sich dort unten versammelt haben. Paulas Nackenhaare sträubten sich, und sie begann zu knurren. Hildegard trat näher an ihr Frauchen heran.
Plötzlich sorgte eine kraftvolle Männerstimme für Ruhe. „Mendetti“, flüsterte Amalia. „Aber ich fürchte, er ist allein.“
Als urplötzlich das Fenster vor ihren bleichen Gesichtern zerbarst, wussten sie, dass ihnen der Commissario nicht helfen konnte.
Maja Klapproth beobachtete, wie in den einzelnen Zimmern des Hauptgebäudes Licht eingeschaltet wurde.
„Anna! Anna!“, drangen die verzweifelten Rufe des Vaters durch das verlassene Gebäude, während aus dem Wald gelegentlich angstvolle Schreie zu hören waren.
Hin und wieder tauchte der Lichtschein einer Taschenlampe zwischen den Bäumen auf. Fackeln waren keine mehr zu entdecken, die hatten ihre Schuldigkeit getan. Niedergeschlagen machte Klapproth sich daran, den Satanisten in den Wald zu folgen. Die Dunkelheit war so undurchdringlich, dass selbst ihre Stablampe nur ein funzliges Licht auf das Stück Weg direkt vor ihren Füßen warf. Ganz in ihrer Nähe schien ein Handgemenge stattzufinden. Sie hörte Menschen keuchen, einer schrie auf, das Geräusch von ins Gesicht treffenden Faustschlägen war deutlich auszumachen.
„Du Teufel!“, zischte eine Stimme, gefolgt von einem dumpfen Schlag. Geraschel ließ darauf schließen, dass zumindest einer der Schläger entkommen war. Undeutlich sah sie eine Gestalt zwischen den Bäumen verschwinden.
Und wäre um ein Haar gestürzt.
Der Lichtkegel leuchtete den Weg nach dem Hindernis ab.
„Nocturnus!“
Sie tastete mit fliegenden Fingern nach dem Puls an der Carotis.
Nichts.
„Nocturnus!“
Kraftvoll schlug sie ihm auf die weichen Wangen.
Aber der Hohepriester reagierte nicht. Maja Klapproth untersuchte im Schein ihrer Taschenlampe den Kopf des Sektenchefs und ertastete am Hinterkopf eine feuchte,nachgiebige Stelle. Man hatte Nocturnus feige von hinten den Schädel eingeschlagen.
Noch erschreckender war allerdings die Tatsache, dass ihm jemand die linke Hand abgetrennt hatte.
Rasch zog sie ihre blutverschmierten Finger zurück und löschte das Licht. Dieser Mann war in keinem fairen Zweikampf gestorben. Der entfesselte Pöbel hatte ihn heimtückisch gerichtet.
Verstört erhob sie sich und schlich weiter. Einmal glaubte sie, unmittelbar hinter sich Schritte zu hören, und zog ihre Waffe. Sie beobachtete einen der Dorfbewohner, der im Vorübergehen die Klinge seines Beils an einem Stofffetzen abwischte. Je weiter sie sich vom Haus der Sekte entfernte, desto deutlicher waren die Kampfgeräusche im Wald zu hören. Der Wind hatte aufgefrischt und wehte beißenden Rauch herüber. Klapproth fingerte ein Taschentuch aus der Hosentasche und presste es vor Mund und Nase. Es hatte keinen Sinn, weiter in den Wald vorzudringen. Sie musste auf die Einsatzkräfte der Polizei warten und ihnen die Suche nach Verfolgern und Opfern überlassen.
Nach wenigen Schritten fand sie eine weitere Leiche. Dirk Stein lag auf dem Rücken, die Hände weit
Weitere Kostenlose Bücher