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Steinhauer, Franziska

Steinhauer, Franziska

Titel: Steinhauer, Franziska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angst
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es nicht nur um einen dieser anonymen Hinweise, die sie fast täglich bekamen, seit Lucifers Kinder in dieses Haus gezogen waren. Telefonanrufe, bei denen jemand atemlos behauptete, im „Teufelshaus“ geschähen schreckliche Dinge, für die man sich bei der Polizei interessieren solle – diesmal hatte jemand Babygeschrei aus dem Keller dringen gehört und später ein qualvolles Wimmern, als ob der Säugling bei einem satanistischen Ritual geopfert würde. Das war ein schwer wiegender Vorwurf, auch wenn Klapproth zugeben musste, dass diese Anschuldigung immer wieder gegen religiöse Gruppen erhoben wurde, die sich außerhalb der christlichen Gemeinschaft angesiedelt hatten. Er richtete sich nicht nur gegen Satanisten. Schon die Gnostiker hatten sich gegen den Vorwurf zur Wehr setzen müssen, dass sie zusammenkämen, um ungewollte Babys zu töten, zu zerstoßen und danach zu verspeisen.
    Im Abgang zum Keller hingen an den schwarz gestrichenen Wänden Fackeln, die Stufen waren mit einem blutroten Teppich belegt. Mit silbern glänzenden Buchstaben waren einige ihr völlig unbekannte Namen an die Wände geschrieben. Die Göttinnen Astaroth, Lilith und Metztli sowie die Namen Moloch, Yen-Lo- Wang und Demogorgon.
    Der flauschige Teppich schluckte ihre Tritte vollständig, und so gelangten sie geräuschlos, abgesehen vom empörten Prusten des Satanisten, bis in den Keller.
    „Augenblick!“ Klapproth schob Dolorus ein wenig zur Seite, um sich einen wuchtigen Schrank näher anzusehen, an dem Dolorus sie eilig vorbeiführen wollte.
    Schwungvoll öffnete sie seine Türen und starrte in den finsteren Raum, der sich dahinter befand und sich weit in die Tiefe streckte.
    „Das wollten Sie mir wahrscheinlich erst später zeigen?“ Nocturnus, der jeden ihrer Schritte an seinen Monitoren verfolgte, zischte böse wie eine Schlange.
    Er war bereit.
    „Licht?“
    Ihr Begleiter brummte übellaunig vor sich hin, griff nach zwei schwarzen Tempelkerzen, entzündete sie und reichte eine an die Kriminalbeamtin weiter.
    Fragend zog sie ihre Augenbrauen nach oben. „Elektrisches Licht ist im Allerheiligsten verboten“, erklärte ihr der Grauhaarige daraufhin mürrisch und lud sie mit einer Handbewegung ein, ihm vorauszugehen.
    Klapproth zögerte nicht.
    Angst machst du dir selbst, sie ist ein psychologisches Phänomen, rief sie sich ins Gedächtnis, ein Mantra, das ihr schon oft in brenzligen Situationen geholfen hatte.
    Das unruhige Licht der Kerze beleuchtete einige Stuhlreihen. Vorsichtig ging sie weiter, ihr stummer Führer hielt sich stets drei Schritte hinter ihr. Überraschend stieß sie mit dem Fuß gegen ein Hindernis, schwankte, konnte aber ihr Gleichgewicht halten.
    Eine Stufe!
    Langsam hob sie die Kerze. Dabei konnte sie ein deutliches Zittern der Arme nicht vermeiden, und der Schatten der Flamme zuckte unruhig. Das Flämmchen beleuchteteeine Art Altar, nein, korrigierte sie sich, einen Opferstein! Darüber hing frei schwebend ein inverses Kreuz, offensichtlich aus schwarzem Holz.
    „Gratuliere, Sie haben also den Tempel gefunden!“, höhnte eine ihr bekannte, dumpfe Stimme.
    Sie fuhr herum.
    Nocturnus!
    Wie war er nur vor ihr in diesen Raum gekommen?
    Ein schwarzer Schatten löste sich aus dem dunklen Hintergrund.
    „Tempel?“ Sie ärgerte sich über den Diskant ihrer Stimme und räusperte sich.
    „Ja. Hier halten wir unsere Zusammenkünfte ab. Schade, dass Sie ihn nicht in seiner ganzen Pracht sehen können. Zwei Kerzen geben eben nur wenig Licht. Aber wenn die Gemeinde sich versammelt, ist es beinahe taghell.“
    Der Schatten trat näher an sie heran, und ihre Kerze warf einen sanften Schein auf Nocturnus’ scharfe Züge. Seine überraschend großen Augen lagen in tiefen Höhlen und verbreiteten eine eisige Kälte, die Nase war etwas zu lang, und seitlich zogen sich ausgeprägte Falten bis zu den Mundwinkeln. Kein alltägliches Gesicht, stellte Klapproth fest.
    „Nocturnus“, stellte er sich vor. „Wir kennen uns bereits, Frau Klapproth. Ihr Ansprechpartner für alle Fragen religiöser Art und alle weltlichen Probleme, die mit den Kindern Lucifers zusammenhängen.“
    „Hauptkommissarin Klapproth, Ihr Ansprechpartner für alle Fragen und Antworten, die sich im Zusammenhang mit der Überprüfung der jüngsten Anzeige gegen die Kinder Lucifers ergeben“, gab sie zurück, und ihre sonst runden, braunen Augen wurden zu dunklen Schlitzen, die Lippen schmal.
    „Eine Anzeige!“
    „Eine Zeugin hat Babygeschrei aus

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