Steirerherz
nicht gut?«, fragte
Miriam, die soeben mit zwei Kaffeebechern das Büro betrat. Bergmann nahm den seinen
lächelnd entgegen.
»Ich seh mir gerade die Ergebnisse
der gerichtsmedizinischen Untersuchungen an«, erklärte Sandra und nippte an ihrem
Tee.
»Die Vogelscheuche …« Miriam ließ sich mit dem zweiten
Becher Kaffee verkehrt herum auf den Besuchersessel vor Bergmanns Schreibtisch plumpsen,
sodass ein wenig von der hellbraunen Flüssigkeit auf ihre Hose schwappte.
»Miriam, bitte«, ermahnte Sandra
sie.
»Sind doch eh nur Jeans«, beschwichtigte
Miriam.
»Den Kaffeefleck hab ich nicht gemeint,
sondern deine Ausdrucksweise«, stellte Sandra klar, während Bergmann in sich hineingrinste.
Offenbar belustigte es ihn, dass zur Abwechslung jemand anders als er für seine
flapsige Wortwahl gerügt wurde.
»’Tschuldigung«, erwiderte Miriam.
»War nicht bös gemeint. Echt nicht … Ähm, ich meinte die gepfählte Bauerntochter.«
Sandra nickte. Der Mord an Valentina
Trimmel hatte höchste Priorität. Alle anderen Fälle, in denen sie schon länger ermittelten,
waren vorerst hintangestellt. Die Mordgruppe war endgültig an ihrer Kapazitätsgrenze
angelangt. Auch im Landeskriminalamt wurde beim Personal gespart. Ältere Beamte
wurden in Frühpension geschickt, deren Stellen einfach nicht nachbesetzt. Dabei
hatte das LKA Steiermark in diesem Jahr 13 Prozent mehr Mordfälle aufzuklären als
im vorangegangenen. So gesehen, grenzte es fast an ein Wunder, dass Miriam zu ihnen
gestoßen war. Wenngleich die junge Inspektorin das Budget nicht einmal halb so stark
belastete wie ein erfahrener Kollege.
»Darf ich das gerichtsmedizinische
Gutachten lesen?«, fragte Miriam.
»Wenn du dir
das unbedingt antun möchtest, bitte schön«, erwiderte Sandra. »Soll ich dir den
Obduktionsbericht auch weiterleiten?«, wandte sie sich an Bergmann, obwohl sie genau
wusste, dass er sich nicht gern mit Details aufhielt.
»Mir? Nein,
danke. Mir reicht das Wesentliche«, entgegnete er, wie nicht anders erwartet, und
stellte seinen Kaffeebecher neben der Tastatur ab. Dann lehnte er sich auf seinem
Bürostuhl zurück und verschränkte die Arme hinterm Kopf. Sandra wunderte sich nicht
zum ersten Mal, dass er noch nie Kaffee auf seinem Keyboard verschüttet hatte. Sie
selbst hatte bereits einen Laptop mit Tee zerstört. Seither standen ihre Getränke
in sicherer Entfernung vom Computer und abseits von jeglichem elektronischen Zubehör.
»Dann lasst uns doch einmal unseren aktuellen Wissensstand zusammenfassen«, kehrte
sie zum Fall zurück. Sandra erhob sich und ging zur Magnettafel hinter ihrem Schreibtisch,
auf der neben Fotos und einem markierten Stadtplan die wesentlichen Fakten zum aktuellen
Fall auf der Wand prangten. Je nach Information waren diese in unterschiedlichen
Farben geschrieben. »Valentina Trimmel war also schwanger – laut Auskunft ihres
Gynäkologen in der neunten Woche. Das hab ich inzwischen überprüft. Nach einem Streit
mit ihrem Freund Egon Hausner am Montag, dem 22. August, ist sie abends bei ihrer
Freundin Pia Fürnpass untergekommen und hat in der Folge bei dieser übernachtet.«
»Wissen wir
schon, was sie am darauffolgenden Dienstag tagsüber gemacht hat?«, wollte Bergmann
von Miriam wissen.
»Sie hat von halb elf Uhr vormittags
bis ungefähr drei Uhr nachmittags immer wieder auf Facebook gepostet. Dafür hat
sie den PC ihrer Freundin Pia Fürnpass benutzt«, berichtete Miriam.
»Sie hat sich
zu diesem Zeitraum also in der Wohngemeinschaft in der Grillparzerstraße aufgehalten?«
Miriam nickte.
»Ja.«
Sandra löschte
das rote Fragezeichen, das unter dem entsprechenden Datum stand. Stattdessen hielt
sie die neue Information mit dem blauen Edding auf der Magnettafel fest. »Und was
stand in diesen Postings?«
»Sie hat ihren
Beziehungsstatus auf Single geändert und sich anschließend von ihren Freunden den
Rücken stärken lassen.«
»Von was denn
für Freunden?«, fuhr Bergmann die junge Kollegin ungewöhnlich harsch an.
»Na, von Facebook-Freunden halt … Die meisten waren weiblich und
auf ihrer Seite. Und dann waren da noch eine Handvoll Typen, die wohl gern Egons
Nachfolger geworden wären«, erklärte Miriam.
Bergmann runzelte die Stirn, um
seine Abneigung gegen die angesprochene soziale Internetplattform zu unterstreichen,
und nahm noch einen Schluck Kaffee. Ab und zu erstaunte es Sandra noch immer, wie
borniert der Wiener von einer Sekunde auf die andere wirken konnte. In diesem
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