Steirerherz
auch nicht«, sagte Sandra
und warf Bergmann einen bösen Blick zu. Dass sich der Chefinspektor gerne über Regeln
hinwegsetzte, war seine Sache. Die Konsequenzen hatte er selbst zu tragen. Aber
dass er dies nun auch von einer jungen Kollegin seines Teams verlangte, ging Sandra
entschieden zu weit. »Hast du dir das Bewegungsprofil schon genauer angesehen?«,
wandte sie sich an Miriam.
»Mittwochnacht
verschwand ihr Handy spurlos. Es hat sich zuletzt beim Funkmast in der Grillparzerstraße
eingeloggt, danach haben keine Bewegungen mehr stattgefunden.«
»Entweder wurde
der Akku entfernt oder zerstört«, meinte Sandra.
»Seit sie
sich von Neidhardt verabschiedet hat, fehlt uns also noch immer jede Spur von ihr.«
Bergmann klang ein wenig vorwurfsvoll. Sandra wusste, dass er von oben gehörig unter
Druck gesetzt wurde, zumal die Medien wie die Geier auf neue Ermittlungsergebnisse
warteten.
»Sie könnte
vor dem Lokal entführt worden sein«, mutmaßte Miriam.
»Und ihr Handy?«,
fragte Sandra.
»Vielleicht hat sie sich gewehrt.
Ihr Handy könnte dabei runter- und der Akku herausgefallen sein.«
»Und wo sind die Teile geblieben?«
Sandra wurde vom Klingeln ihres Telefons unterbrochen. Sie kehrte an den Schreibtisch
zurück, um abzuheben. »Ist gut. Wir kommen gleich. Sie sollen im Verhörraum auf
uns warten.«
»Hausner?«, fragte Bergmann, nachdem
sie aufgelegt hatte.
»Nein. Linde Trimmel und ihr Sohn
Franz«, antwortete Sandra. »Ich druck dir noch rasch das gerichtsmedizinische Gutachten
aus«, sagte sie, zu Miriam gewandt, und gab den Druckbefehl in den PC ein. »Und
kümmer dich bitte um das Schmuckstück. Wir brauchen zu allererst eine Herkunftsfeststellung,
um dann in der Folge herauszufinden, wer damit beliefert wurde«, fügte sie hinzu.
Miriam nickte, während sie das erste
Blatt aus dem Drucker nahm.
Linde Trimmel erschien wie in Trance im Vernehmungszimmer.
Offenbar stand sie unter dem Einfluss von starken Beruhigungsmitteln und war daher
kaum in der Lage, den Fragen der Ermittler zu folgen, geschweige denn, diese sinnvoll
zu beantworten. Sie entließen die Mutter des Opfers nach wenigen Minuten, ohne auch
nur eine einzige neue Erkenntnis gewonnen zu haben. Stattdessen baten sie ihren
Sohn herein. Die tiefen Ringe unter den Augen des jungen Franz Trimmel fielen Sandra
als Erstes auf. Er sah aus, als hätte er seit Tagen nicht geschlafen. Sie bedankte
sich, dass er mit seiner Mutter nach Graz gekommen war. Dann bot sie ihm einen Platz
an. »Ich will gar nicht lang um den heißen Brei herumreden, Herr Trimmel. Sie wussten,
dass Ihre Schwester schwanger war?«, ging Sandra gleich aufs Ganze. Eine spontane
Reaktion auf eine direkte Frage verriet oft mehr als viele zähe Antworten, die einer
ausgeklügelten polizeilichen Einvernehmungstaktik folgten. Obwohl das vorhin bei
Linde Trimmel auch nichts gebracht hatte.
Franz Trimmel
senkte den Blick und betrachtete seine Finger. »Ja, ich hab’s gewusst«, gab er unumwunden
zu. Anscheinend hatte er mit dieser Frage schon gerechnet.
»Und warum
haben Sie uns das bisher verschwiegen?«
Franz zuckte mit den Schultern.
»Ich wollte das vorm Vater nicht erwähnen. Ich hab’s der Valentina doch versprochen …« Der junge Mann biss sich auf
die Lippen und blickte zur Decke. Dabei blinzelte er einige Male, um seine Tränen
am Fließen zu hindern. Dann atmete er tief durch und sah Sandra aus feuchten Augen
an. »Sie war im zweiten Monat.«
»Anfang dritter, meinte ihr Gynäkologe«,
korrigierte Sandra ihn. »Egal. Noch hätte sie abtreiben können … Hat Sie mit Ihnen jemals über
einen Schwangerschaftsabbruch gesprochen?«
Franz nickte und wandte seinen Blick
wieder ab. »Ja«, meinte er leise, »aber ich hab versucht, ihr das auszureden.«
»Warum? Ich meine, warum wollte
sie die Schwangerschaft unterbrechen?«
Franz atmete erneut tief durch.
»Sie war sich nicht sicher, ob das Kind vom Egon war.«
»Ist das denn ein Grund abzutreiben?
Angeblich zieht ein Zehntel aller Männer Kuckuckskinder groß. In Großstädten soll
dieser Anteil sogar noch wesentlich höher liegen«, warf Bergmann ein.
Sandra ließ den für den Kollegen
unüblichen Ausflug in die Statistik unkommentiert im Raum stehen. Wenngleich sie
interessiert hätte, woher er ausgerechnet diese Fakten kannte. »Von wem hätte Ihre
Schwester denn sonst noch schwanger sein können?«
»Das hat sie mir nicht verraten.
Jedenfalls wollte sie unter keinen Umständen ein Kind von diesem Mann
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