Steirerherz
bekommen.«
Franz schwieg einen Moment lang. »Ich glaub, er hat sie vergewaltigt«, verkündete
er schließlich. Noch so eine Überraschung, die Sandra für einen Augenblick verstummen
ließ.
»Was heißt, Sie glauben es?«, fragte
Bergmann.
»Valentina hat einmal erwähnt, dass
sie nicht ganz freiwillig mit diesem Mann geschlafen hat.«
»Hat er sie gewaltsam dazu gezwungen?
Oder ihr gedroht?«, fragte Sandra weiter.
»Das wohl nicht. Aber angeblich
waren irgendwelche Drogen im Spiel«, meinte Franz.
Auch diese Neuigkeit musste Sandra
erst einmal verdauen.
Bergmann übernahm erneut das Wort.
»Hat Ihre Schwester denn Drogen genommen?«
»Nein, niemals! Sie hat vermutet,
dass dieser Mann ihr irgendwas ins Getränk gemischt hat, bevor er ihr an die Wäsche
gegangen ist. Sie hat sich nur bruchstückhaft daran erinnern können – wie durch
einen Schleier –, hat sie mir erzählt. Und dass sie sich nicht wehren konnte, weil
sie völlig willenlos war.«
»Klingt nach GHB«, sagte Bergmann.
»Landläufig auch K.o.-Tropfen oder
Liquid Ecstasy genannt«, erläuterte Sandra. »Kommt leider immer häufiger vor.«
»Ihre Schwester hat aber keine Vergewaltigung
angezeigt«, stellte Bergmann klar. Eine derartige Anzeige, noch dazu in der jüngeren
Vergangenheit, hätte der Computer längst ausgespuckt, wusste auch Sandra.
»Das hätte die Valentina niemals
getan. Und mir hat sie auch verboten, mit irgendjemandem darüber zu sprechen. Erst
recht nicht mit der Polizei. Sie hat sich viel zu sehr dafür geschämt.«
Als ob sich die Opfer dafür schämen
mussten, vergewaltigt worden zu sein!, ärgerte sich Sandra. Solange sich an dieser
Einstellung nichts änderte, hatten die Täter leichtes Spiel. »Wofür hat sie sich
denn geschämt?«, fragte sie unwirsch.
»Sie hat gemeint, es wär auch ihre
Schuld gewesen, dass das passiert ist.«
»Warum denn das? War ihr Rock zu
kurz? Oder ihr Make-up zu grell? Das rechtfertigt doch noch lange keinen sexuellen
Übergriff«, platzte Sandra der Kragen.
»Das habe ich doch gar nicht behauptet.«
»Nein. Aber warum, um alles in der
Welt, fühlte sich Ihre Schwester dann schuldig?«
»Das kann ich Ihnen nicht sagen.«
»Können Sie nicht oder wollen Sie
nicht?«, übernahm Bergmann in ruhigem Tonfall. »Ich rate Ihnen, uns keine weiteren
Informationen vorzuenthalten. Sie reiten sich sonst immer tiefer hinein.«
Franz Trimmel sah den Chefinspektor
erschrocken an. »Ich schwöre Ihnen, ich weiß nicht mehr. Meine Schwester hat sich
geweigert, noch einmal über diesen Vorfall zu sprechen.«
»Hat sie denn erwähnt, ob sie den
Mann vorher schon gekannt hat? Oder war es ein ihr zuvor unbekannter Täter?«, fragte
Sandra.
»Das hat sie nicht erwähnt.«
»Ist Ihnen denn gar nicht in den
Sinn gekommen, dass der Mann, der Ihre Schwester vergewaltigt und möglicherweise
sogar geschwängert hat, sie auch umgebracht haben könnte?«, stellte ihn Bergmann
zur Rede.
Franz Trimmel schluckte hart. »Ich
kann seit Tagen an nichts anderes mehr denken.«
»Und warum kommen Sie mit einem
solchen Verdacht nicht sofort zu uns? Vielleicht hätten wir den Mörder Ihrer Schwester
längst gefunden! Was, wenn der Mann noch eine Frau unter Drogen setzt, vergewaltigt
und ermordet?«, trieb Bergmann seine Vorwürfe auf die Spitze.
Sandra konnte die Panik in Trimmels
Augen sehen.
»Daran hab ich noch gar nicht … Meinen Sie wirklich …? Oh, mein Gott!« Franz Trimmel
vergrub sein Gesicht in den Händen.
Sandra blickte kurz in ihre Unterlagen.
»Herr Trimmel, worum ging es in dem Telefongespräch, das Sie am Dienstag vor einer
Woche mit Valentina geführt haben?«
Trimmel ließ seine Hände langsam
sinken und sah Sandra aus geröteten Augen an. »Ich hab die Valentina angerufen,
um ihr von einem Vaterschaftstest zu erzählen, den man schon vor der Geburt des
Kindes machen lassen kann. Hätte doch sein können, dass das Baby doch vom Egon war.
Dann wär vielleicht alles wieder in Ordnung gekommen.«
»Und? Was hat sie zu einem solchen
Test gesagt?«
»Sie hat gemeint, dass das jetzt
keine Rolle mehr spielt. Sie hatte sich am Tag zuvor endgültig von Egon getrennt.
Ich hab sie daraufhin gebeten, schon früher nach Hause zu kommen, damit wir in Ruhe
über alles reden können. Aber sie wollte, wie ausgemacht, erst am Donnerstag heimfahren.«
»Hat Valentina sonst noch jemandem
von dieser Vergewaltigung erzählt?«
»Nur mir und dem Egon. Dem Herrn
Pfarrer wollte sie am Wochenende auch noch alles
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