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Steirerkind

Steirerkind

Titel: Steirerkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Rossbacher
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schüttelte den Kopf.
    Offenbar vernebelte der viele Rauch in der Polar-Bar auch das Erinnerungsvermögen, dachte Sandra. Von Drogen stand jedenfalls nichts in der Fahndungsakte, wusste sie. Sie würde Miriam bitten, die Kollegen aus der Suchtgiftabteilung zu befragen, ob im Dunstkreis von Tobias Autischer etwas aktenkundig war. Die Pokergeschichte klang für sie eher nach einer Jugendsünde. Dennoch würden sie auch dieser nachgehen.
    Was die vermeintliche Homosexualität seines Vaters betraf, so wollte sie den Sohn damit lieber nicht konfrontieren. Den bisherigen Reaktionen der Zeugen nach zu schließen, war die Annahme, dass Roman Wintersberger und Tobias Autischer intim miteinander gewesen waren, vermutlich ohnehin nur das Hirngespinst einer frustrierten Ehefrau. Oder sie hatten deren spitze Bemerkung einfach falsch interpretiert. Die Frage nach einer möglichen Freundin seines Vaters erschien Sandra jedoch angebracht, zumal der Sohn ja auch vom außerehelichen Verhältnis seiner Mutter wusste.
    »Ich hab keine Ahnung, mit wem mein Vater rumgevögelt hat. Das war echt kein Thema zwischen uns. Tut mir leid.«
    »Sie sagten vorhin doch, dass geredet wird …«, sagte Bergmann.
    »Mein Vater hat zuletzt in Innsbruck gelebt. Bis nach Schladming reicht die Stille Post nun auch wieder nicht.« Der junge Mann nahm einen großen Schluck aus seinem Kaffeehäferl.
    »Ich möchte Ihnen nicht zu nahe treten, aber besonders traurig wirken Sie nicht auf mich. Dafür, dass Ihr Vater kürzlich verstorben ist«, stellte Sandra fest.
    »Mein Vater wurde sechs Wochen lang vermisst. Das war schrecklich. Endlich Gewissheit zu haben, macht es für mich erträglicher. Aber natürlich bin ich traurig, auch wenn ich es nicht so zeige. Schließlich kenne ich Sie doch gar nicht«, meinte Lukas Wintersberger, weiterhin unaufgeregt.
    »Sie waren der Letzte, der mit ihm telefoniert hat in jener Nacht«, sagte Sandra. Dass Roman Wintersberger danach noch mehrmals vergeblich versucht hatte, Tobias Autischer zur erreichen, behielt sie für sich.
    »Ob ich der Letzte war, weiß ich nicht. Jedenfalls hat mich mein Vater gegen zwei Uhr angerufen. Er wollte wissen, ob ich arbeite, dann wäre er noch auf einen Sprung bei mir in der Bar vorbeigekommen.«
    »Weswegen?«
    »Um noch einen Drink zu nehmen? Um zu reden? Um ein bisschen Spaß zu haben? Keine Ahnung. Ist das wichtig?«
    »Momentan ist alles wichtig. Wir suchen schließlich den Mörder Ihres Vaters«, meinte Bergmann.
    »Den werden sie hier aber nicht finden. Ich weiß nur, dass mein Vater wieder mal mit dem Toby gestritten hat, weil der zu viel gesoffen hat. Es hat meinen Vater rasend gemacht, dass der Idiot immer wieder über die Stränge schlägt. Toby gibt immer 120 Prozent. Egal, was er tut … Und scheißt dabei auf die anderen.«
    »Das hat Ihr Vater Ihnen am Telefon erzählt?«
    Lukas Wintersberger nickte.
    »Mein Vater war ein sehr impulsiver Mensch. Und ein Despot. Möchten Sie noch einen Kaffee?«
    »Nein, danke«, lehnte Bergmann ab.
    »Und Sie waren hier, als Ihr Vater Sie angerufen hat?«, fuhr Sandra fort.
    Ihr Gegenüber nickte nochmals.
    »Ich hatte mir ein paar Tage freigenommen.«
    »Und danach?«
    »Bin ich liegen gegangen.«
    »Allein?«
    »Ja. Meine Freundin hat bis halb drei gearbeitet.«
    »Ihre Freundin arbeitet auch nachts?«
    »Sie tanzt im Blauen Engel.«
    »Ach ja?« Bergmanns Augenbrauen gingen nach oben.
    »Ja. Deshalb wohnt sie hier. Das Haus gehört unserem Chef. Die Wohnungen vergibt er ausschließlich an Angestellte, die von auswärts kommen.«
    »Wie ist denn der Name Ihrer Freundin?«
    »Elena Novacek.«
    »Ach … Und wo ist Frau Novacek jetzt?«
    »Nebenan. Sie schläft noch. Soll ich sie aufwecken?«
    »Wenn es keine Umstände macht«, sagte Bergmann.
     
    Einige Minuten später betrat ein zierliches, fast unscheinbares Mädchen im pinkfarbenen Nickianzug den Raum, das Sandra weder auf den ersten, noch auf den zweiten Blick als Elena Novacek wiedererkannte. Ihre feinen, blonden Haare waren nur halb so lang, wie es das Haarteil, das sie in der Nacht zuvor getragen hatte, vorgetäuscht hatte. Ihre Körpergröße lag – ohne die aberwitzig hohen Absätze ihrer ansonsten eher spärlichen Berufsbekleidung – mit geschätzten 1,60 Metern unter dem Durchschnitt.
    Bergmann wirkte irritiert.
    »Frau Elena Novacek?«, fragte er ungläubig, während die junge Frau wenig grazil auf den Hocker plumpste, um sich die Zigarette zwischen ihren Fingern

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