Steirerkind
raten?«, unterbrach Bergmann, »Irene Wintersberger ist sein neuer Kompagnon. Hab ich recht?«
»Richtig geraten. Oder hat Fitzner schon geplaudert?«
»Gregor Fitzner hat zu fliehen versucht«, berichtete Sandra. »Wir haben die Verfolgung aufgenommen. Leider gab es einen Unfall.«
»Ist euch was passiert?«, fragte Miriam erschrocken.
»Nein, nein. Wir sind okay. Aber Fitzner hat es gröber erwischt. Er ist derzeit nicht vernehmungsfähig«, erklärte Sandra weiter. »Wir müssen jetzt los, Miriam. Wir sind gerade bei der Polizeiinspektion in Schladming eingetroffen. Danke dir. Bis später.«
»Okay. Hals und Beinbruch! Nein, im Ernst: Passt auf euch auf!«
Bergmann konnte Miriams Bitte nicht mehr hören. Er war bereits aus dem Passat ausgestiegen und strebte federnden Schrittes auf die Polizeiinspektion zu, als hätte er niemals unter Rückenschmerzen gelitten. Sandra hoffte sowohl für ihn als auch für sich, dass dieser Zustand anhalten würde, während sie ihm zügig zum Eingang folgte.
Inspektionskommandant Peter Klement empfing die LKA-Ermittler in der Wachstube und begleitete sie eilig in den ersten Stock.
»Der Longchamps wartet seit zehn Minuten im Verhörzimmer«, berichtete ihnen Klement auf der Treppe.
»Was ist mit dem Dolmetscher?« Sandras Französischkenntnisse reichten nicht aus, um den Slalomläufer aus Savoyen ohne Übersetzer einzuvernehmen.
»Ist ebenfalls da. Sebastian Pircher sitzt auch schon dort vorne«, meinte Klement leiser und deutete zu einer der beiden Bänke vor dem Verhörraum. »Die anderen Herren lasse ich Ihnen dann nach und nach heraufschicken.«
»Ist gut.« Sandra bedankte sich bei Klement und begrüßte den auffallend kleingewachsenen Slalom-Olympiasieger aus Südtirol, der als Zweiter einvernommen werden sollte. Im Fernsehen wirkten tatsächlich alle um einiges stattlicher, als in der Realität, bemerkte sie. Zum ersten Mal war ihr das bei einem bekannten Schauspieler aufgefallen, den sie vor einigen Jahren in einem Mordfall einvernommen hatte. Damals war sie verblüfft gewesen, wie klein und zierlich der Mann war, dem sie, allein vom Eindruck aus dem Fernsehen, Gardemaße gegeben hätte.
Sandra bat Sebastian Pircher um ein wenig Geduld, während Bergmann bereits die Tür zum Verhörraum öffnete. Es grenzte an eine logistische Meisterleistung, dass es Miriam gelungen war, acht Skirennläufer trotz aller WM-Verpflichtungen einen nach dem anderen vorzuladen. Nur zwei von zehn blieben Sandra für den Sonntag übrig. Anders war es sich nicht ausgegangen.
»Bonjour Madame, Monsieur Longchamps! Nous vous remercions de votre présence …«.
Kam die Begrüßung, die für ihre Ohren nach akzentfreiem Französisch klang, tatsächlich aus dem Mund ihres Partners?, wunderte sich Sandra und lauschte seiner geschliffenen Vorstellung. Den Dolmetscher bat Bergmann, die Einvernahme zu übersetzen, da seine Kollegin nicht so firm in der französischen Sprache sei. So viel konnte Sandra gerade noch verstehen. Dann übergab er ihr das Wort, um Frederic Longchamps ihre Fragen zu stellen. Binnen kürzester Zeit war ihnen klar, dass Longchamps den Mord an Wintersberger nicht begangen haben konnte. Er sei unmittelbar nach dem Rennen in Alta Badia nach Albertville heimgekehrt, um dort Weihnachten zu feiern, sagte er aus. Sein Trainer könne das bezeugen, zumal sie bis kurz vor Turin im Konvoi gefahren seien. Auch die Familie könne sein Alibi bestätigen, meinte der Franzose.
Die Befragungen der übrigen Skirennläufer gestalteten sich durchwegs ähnlich, nur dass sie ohne Dolmetscher in Deutsch durchgeführt werden konnten.
Am Ende des Tages brummte Sandra der Schädel. Aber wenigstens konnten sie sicher sein, dass keiner der Männer Roman Wintersberger ermordet und dem Rivalen die Beweisstücke untergeschoben hatte. Noch immer sprachen die Indizien, trotz ihrer Zweifel, gegen Tobias Autischer. Doch war mit Gregor Fitzner ein neuer Verdächtiger ohne Alibi hinzugekommen. Warum war er vor ihnen getürmt?, fragte sich Sandra erneut. Und warum hatte er ihnen nichts von der Razzia der Soko Glücksspiel erzählt? Wegen Irene Wintersberger? Die musste doch von seinen Spielschulden wissen. Immerhin hatte sie ihn mit einem ziemlichen Batzen Geld davon befreit.
Sandra gähnte und warf einen Blick auf die Uhr. In einer Dreiviertelstunde war sie mit Julius zum Abendessen verabredet. Vorher blieb ihr gerade noch Zeit, ins Hotel zu fahren, dort rasch zu duschen und sich umzuziehen.
»Soll
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