Stella Blomkvist
Rós!
Vielleicht weiß sie etwas über einen Schlüssel?
Ich suche die Nummer ihres Pagers
heraus, grapsche das Telefon und hinterlasse ihr die
Nachricht, dass sie mich zurückrufen möchte. Sie antwortet
mir innerhalb von zwei Minuten. Ich erkläre ihr
das Problem.
Es folgt ein langes Schweigen im
Hörer.
»Bist du noch da?«, frage ich
ungeduldig.
»Ja«, antwortet sie.
»Also, was ist jetzt, weißt du was
darüber?«
»Ich ... Ich kann dir nicht helfen.«
»Bist du ganz sicher?«
»Ja. Lass die Sache auf sich
beruhen.«
Ich schmeiße den Hörer auf die
Gabel.
Die Sache auf sich beruhen lassen?
Da kennt sie mich aber schlecht, wenn sie glaubt, dass
ich mich so schnell geschlagen gebe!
Nie!
7
»Neeeiiin!«
Mein Magen versucht, seinen Inhalt
in den Hals hochzudrücken.
»Hiiilfeee!!!«
Ich werde in den Sitz gedrückt. Ich
ducke mich so gut es geht und die Sicherheitsgurte es erlauben.
»Hahaha!«
Dieses höhnische Gelächter kommt vom
Sitz neben mir. »Bist du so ein Angsthase?«
Ich bemühe mich redlich, mein
Gleichgewicht wiederzufinden. Normal zu atmen. Die Muskeln zu entspannen.
Meinen verkrampften Griff um die Sicherheitsgurte zu lösen.
»Das war doch noch gar nichts! Nur
ein kleiner Sturzflug«, sagt Saemi und grinst fies, während er am Steuer des
Flugzeuges sitzt.
Natürlich musste er sich so
aufspielen. Mal zeigen, was für ein toller Kerl er ist. Verdammte
Macho-Allüren!
Nach dem Regen heute Morgen ist der
Himmel strahlend blau über dem Land. Man sieht einige Boote wie kleine Flecken
auf dem spiegelglatten, weiträumigen Faxaflói. Die Stadt, die unter und vor uns
liegt, erinnert mich an aneinander gereihte Spielzeughäuschen.
»Natürlich habe ich keine Angst«,
beantworte ich schließlich seine Frage. »Du hast mich mit diesem Looping nur
total überrascht!«
»Sei ganz unbesorgt. Das ist eine
hundert Prozent zuverlässige Maschine, glaub’s mir!«
Saemi hatte mich vorhin auf der
Laekjargata angehupt. Er fuhr einen Benz. Zwar einen
alten, aber immerhin einen Benz.
Er hatte mir angeboten, einzusteigen
und auf einen Flug mitzukommen. Eine halbe Stunde
später waren wir schon über der Hauptstadt in der
Luft.
»Fliegen und ein Auto. Wie kommst du
denn zu diesen Reichtümern?«, frage ich.
»Die Geschäfte gehen gut.«
»Was für Geschäfte?«
»Erledigungen eben,
Menschenskinder!«
Mann, mann ... »Was für
Erledigungen, Menschenskind?«
Saemi lacht: »Warum gehst du denn
immer gleich an die Decke?«
Oh, là. là, Stella, ganz ruhig
bleiben.
»Ich erledige Sachen für Leute«,
erklärt er. »Ich fliege raus aufs Land. Besorge meinen
Auftraggebern verschiedene Dinge, die sie dringend
brauchen.«
»So’n Kleinkram taugt doch wohl kaum
für ein Flugzeug und einen Benz?«
»Ich bin Miteigentümer des
Flugzeuges. Mit gehört zwar nur ein kleiner Teil, aber ich
fliege oft. Es gibt viel zu tun.«
»Wer sind die anderen Besitzer?«
»Einige Freunde.«
»Welche Freunde?«
»Einige«, wiederholt er.
»Porno-Valdi oder was?«
Er wird misstrauisch: »Wie kommst du
darauf?«
»Mir wurde gesagt, dass du für ihn
arbeitest, kleine Gefallen erledigst.«
»Wer sagt das?«
»Ich habe meine Quellen.«
»Valdi hat sich mir als guter Freund
erwiesen«, meint Saemi nach einer kurzen
Überlegungspause. »Das ist kein Geheimnis.«
»Hoffentlich hast du kein Rauschgift
an Bord.«
»Wie kommst du denn darauf?«
»Es sind so gewisse Geschichten im
Umlauf.«
»Zum Beispiel?«
»Dass du angefangen hast, Rauschgift
zu verkaufen.
Und dass dein Freund Valdi der
Drahtzieher ist.«
»Das ist doch kompletter
Schwachsinn.«
»Ach wirklich?«
»Und überhaupt, es gibt gar keinen
Drahtzieher.«
»Nein?«
»Nein, in dieser Branche gibt es
verschiedene kleine Könige. Nicht einen, der alle Fäden
in der Hand hat.
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