Stella Blomkvist
ich alles über eure
Fantasien. Möchtest du nicht auch die Wahrheit hören?«
»Ich hab mir in den letzten Tagen so
viel Schwachsinn anhören müssen, dann vertrage ich die eine Story auch noch.«
»Ich habe durch Zufall Disketten
gefunden, auf denen Halla ihre Tagebücher und Dossiers über unappetitliche
Geheimnisse alter und neuer Mitarbeiter gespeichert hat. Hab sie von euch
bekommen.«
Raggi schüttelt den Kopf.
»Ich habe zwei von Hallas Dossiers
ausgedruckt, wie du weißt. Über Haukur und Sigvaldi. Habe die Disketten in
Hallas Schließfach gelegt. Oder besser gesagt, in Lilja Rós’ Schließfach. Habe
dir die Ausdrucke gegeben. Habe dir auch gesagt, wo sich die Disketten
befinden. Und damit fing der Zirkus an.«
Raggi guckt mich sauer an.
»Am Tag darauf werde ich entführt.
Natürlich kann ich nicht beweisen, dass die Täter Polizisten waren, aber sie
fuhren einen Streifenwagen und hatten Uniformen an. Während ich auf der
Müllkippe hocke, werden meine Wohnung und mein Büro auf den Kopf gestellt.
Dann werden auch noch die Disketten aus dem Bankfach gestohlen, zu dem nur ich
Zugang habe. Und ein Bankangestellter wird dazu gebracht, eine Falschaussage
zu machen, dass ich die Disketten selber wieder geholt hätte.«
Raggi hört schweigend zu.
»Und das Schlimmste an der ganzen
Sache ist, dass ich niemandem außer dir gesagt habe, wo sich die Disketten
befinden. Wenn also andere über den Aufenthaltsort der Disketten Bescheid
wussten, dann haben sie die Kenntnisse von dir.«
»Ich berichte nur meinen
Vorgesetzten, wenn es neue Informationen im Zusammenhang mit einem Fall gibt,
den wir gerade bearbeiten. Niemand anderem.«
»Dann haben die weitergetratscht.«
»Das weiß ich nicht.«
»Das sind jedenfalls die nackten
Tatsachen des Falles. Ich kann mir das nur so erklären: Einflussreiche Staatsmänner
fürchten die Informationen, die Halla gesammelt hatte. Eure Leute haben
jemandem von den Disketten erzählt. Die Tour zur Müllkippe, das Verschwinden
der Disketten aus der Bank, der Einbruch bei mir – der ganze Rattenschwanz, der
folgte, nachdem du die Infos weitergegeben hattest, ist auf deren Mist gewachsen.«
»Und wer sind diese geheimnisvollen
Staatsmänner?«
»Ich weiß es nicht. Aber natürlich
kann man davon ausgehen, dass Haukur und Sigvaldi ihre dreckigen Finger im
Spiel haben.«
»Wie kommst du darauf?«
»Ich hab das im Gefühl.«
Raggi stöhnt. »Weiblicher Instinkt,
oder was?«
»Du hast doch selber gelesen, was
Halla über Haukur geschrieben hat. Dem ist doch alles zuzutrauen.«
»Wer sagt das? Was ist, wenn in
diesen Papieren völliger Quatsch steht? Erfunden von dir oder jemand anderem? Es gibt keine Beweise für das,
was da steht. Überhaupt keine.«
»Du glaubst doch nicht im Ernst,
dass ich dich verarsche?«
»Warum solltest du nicht?«
»Du weißt doch, dass ich die
Wahrheit sage. Und natürlich weißt du auch, dass in den höchsten Ämtern so
einiges faul ist.«
Raggi starrt schweigend durch die
Windschutzscheibe. Die schwarzen Steine am Strand und die dunkelgrauen Wolken
kann man nur undeutlich durch die regennasse Windschutzscheibe erkennen.
Schließlich sagt er: »Auch wenn es
die Disketten gäbe und sie sich in unseren Händen befinden würden, könnten wir
wenig damit anfangen.«
»Warum?«
»Weil irgendwer egal was auf so
einer Diskette speichern kann. Man kann nicht beweisen, wer was oder wann
geschrieben hat. Als Beweismittel sind sie nichts wert. Und das weißt du.«
»Aber die Behauptungen über Haukur
müssen doch Anlass geben, den Mann zu verhören?«
»Wozu? Es sind doch alles namenlose
Anschuldigungen.«
»Was ist mit dem Mädchen, auf das er
losgegangen ist? Ihr Name steht in dem Dossier, das ich dir
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