Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stelzvogel und Salzleiche

Stelzvogel und Salzleiche

Titel: Stelzvogel und Salzleiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklaus Schmid
Vom Netzwerk:
das wissen?«
    »Tu nicht so. Ich weiß von den anderen, dass da was gelaufen ist. Die Frage ist nur, wen von euch ich aus alter Freundschaft aus der Sache raushalten kann und wen nicht.«
    Seine Hand mit den abgekauten Fingernägeln fuhr zum Mund, er schaute an mir vorbei zur Terrassentür, als erwarte er Hilfe.
    Ich hatte ihn überrumpelt, Böke begann zu erzählen. Mit Worten, die er herauspresste, und einer für seinen massigen Körper überraschend hohen Stimme.
    »Gemacht hat der Beter eigentlich nie viel, jedenfalls keine geregelte Arbeit, eher so was Freiberufliches. Versicherungen hat er verkauft, das aber auch mehr oder weniger nur im Bekanntenkreis.« Er unterbrach sich.
    Seine Mutter, eine rundliche, nicht die Spur kränklich aussehende Frau mit roten Apfelwangen, schaute heraus, begrüßte mich, um sich dann sogleich, nach einem Wink ihres Sohnes, wieder zurückzuziehen.
    Während Reimer Böke umständlich einen Kaffee für uns vorbereitete, indem er die Zutaten einzeln aus der Küche holte, sprach er, halb über den Kaffeefilter gebeugt, zur Seite in meine Richtung. »Eines Tages kam Peter dann mit dem Vorschlag an, wie wir alle ein paar Mark verdienen könnten.
    Wir sollten vom Rolf Appelt, du weißt, der war schon in der Schule immer gut im Zeichnen, also von dem Rolf, der sich ja jetzt Roy nennt, von dem sollten wir Bilder kaufen, das Stück für zehn- bis zwanzigtausend Mark.«
    »Ganz schön happig.«
    »Stimmt, sollte ja auch nur pro forma sein, um den Verkauf in Schwung zu bringen; das war Harry Kellers Idee, der meinte, das sei üblich in Kunstkreisen, um einen Künstler zu puschen.«
    »Harry Keller, der von Kellers Kahn?« Der Name war bei dem Klassentreffen gefallen, im Zusammenhang mit so genannten Schwellbildern.
    »Genau, aber den Kahn, ursprünglich ein Themse-Boot, das dann zur Galerie umfunktioniert wurde, also dieses Galerieboot, das gibt es ja schon lange nicht mehr. Harry hat später eine neue Bildergalerie eröffnet.«
    »Wo?«
    »In der Nähe vom Rathaus.« Er stellte mir eine Tasse hin.
    »Mit Milch oder Zucker?«
    »Beides.«
    Wir tranken einen Schluck, nickten uns zu und ich sagte so über den Tassenrand: »Ihr Jungs habt also je ein Bild von Rolf
    ›Roy‹ Appelt gekauft, was dann andere, echte Käufer, dazu anregen sollte, ebenfalls eines dieser Schwellbilder zu erwerben. Ich nehme an, später solltet ihr das Geld zurückbekommen. So war’s doch, oder? Aber dann passierte dieses Unglück.« Ich stocherte noch immer wild im Nebel, aber so langsam zeichnete sich ein Bild ab. »Wie war das nochmal mit Kellers Kahn, Reimer?«
    »Das Boot lag am Möhnesee und es wurde zu einem
    regelrechten Kunsttreff. Aber eben nur im Sommer, wenn da die Ausflügler hinfuhren. Und weil der Kahn im Winter ohne Funktion war, hatte sich Peter Rugen, immer auf der Suche nach einer freien Unterkunft, da einquartiert. Doch vorher, also am Ende des besagten Sommers, veranstaltete Harry Keller noch eine große Ausstellung, hauptsächlich mit den Werken von Roy Appelt. Danach war die Saison gelaufen, die Bilder blieben auf dem Boot, aber Peter zog schon ein. Und dann passierte, wie du ja schon weißt, dieses Unglück.«
    Ich wusste rein gar nichts, sagte trotzdem: »Der Kahn brannte ab und mit ihm die Kunstwerke. Auch eure Schwellbilder, die ihr bei Peter Rugen, dem freiberuflichen
    Versicherungsvertreter, für einen Mondpreis versichert hattet.
    Aber welche Versicherungsgesellschaft wittert da nicht ein faules Ei?«
    Böke rieb sich die Handflächen an den Hosenbeinen trocken.
    »Sag mal, Elmar, Polizist bist du doch nicht mehr. Arbeitest du jetzt für die Versicherung?«
    »Nein, mir geht es nur um Peters Tod.«
    »Dann ist es gut. Denn mit dem Rest haben wir – der Uwe, der Martin, die anderen und ich – nichts zu tun.«
    Er wollte aufstehen, ich zwang ihn, sich wieder zu setzen.
    »Reimer, ein Anruf bei der Versicherungsgesellschaft und ich habe den Auftrag, der Sache auf den Grund zu gehen. Leg die Karten auf den Tisch! Warum haben die von Berufs wegen misstrauischen Versicherungsheinis den Braten nicht gerochen?
    Warum haben sie euch geglaubt? Dem Galeristen, der sich eines altersschwachen Kahns entledigt, dem unbekannten Künstler, der mit einem Schlag all seine Schwellkunst loswird, und den Käufern, die für ihre überteuert erstandenen und auf dem Galerieboot als Leihgaben deponierten Bilder eine ordentliche Summe Geld beanspruchten? Warum?«
    »Mensch, Elmar, nicht so laut!« Er legte den

Weitere Kostenlose Bücher