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Stelzvogel und Salzleiche

Stelzvogel und Salzleiche

Titel: Stelzvogel und Salzleiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklaus Schmid
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für die Frühstückspause, es gab normale oder A-Milch, die hatte mehr Fett und war ein paar Pfennige teurer, meistens haben wir die normale bestellt.«
    »Mir ist kalt«, quengelte der Junge, »ich will zur Coca-Cola-Oase.«
    Als die Gruppe verschwunden war, nahm Keller den
    Gesprächsfaden wieder auf: »Der Brand auf dem Kahn ist an die zehn Jahre her, aber zu beweisen gab es schon damals nichts. Wie auch! In den Kreisen genügt ein Wink, da gibt es keine Aktennotiz, keine Zeugen, keine Telefonate, die aufgezeichnet werden können. Man unterhält sich persönlich und nennt eine Zahl, die einen Betrag darstellt, und nennt dazu einen Ort, wo es was zu regeln gibt. Das müsstest du als ehemaliger Bulle doch wissen.«
    »Erzähl weiter!«
    »Um es noch einmal zu betonen: Es gibt keine Beweise. Und Schopinskis Aussage allein würde kein Richter Glauben schenken, bei dem Ruf, den der Typ hat. Außerdem«, Keller sah mir in die Augen, »hast du noch nie etwas am Rande der Legalität getan, niemals einen Schaden am Auto aufgebauscht oder die Haftpflichtversicherung eines Bekannten ins Anspruch genommen, obwohl es deine eigene Kippe war, die das Brandloch im Polstersessel verursacht hat? Ist doch Volkssport.«
    »Loch im Polster! Schöner Vergleich! Du vergisst, dass auf deinem Kahn ein Mensch verbrannt oder erstickt ist.«
    »Ein unglücklicher Zufall, das hatte keiner gewollt.«
    »Passte aber haargenau ins Konzept, weil nämlich ein Boot von allein kein Feuer fängt.«
    »Tja, dann war es wohl Schopinskis Idee.«
    Nein, es war deine, wollte ich ihm auf den Kopf zusagen, fragte dann aber nur: »Wo finde ich ihn?«
    Zwar wusste ich das bereits von Cetin, doch sicher erwartete Keller diese Reaktion von mir.
    Er nannte eine Adresse: »Schnapp ihn dir – oder vergiss unser Gespräch!«
    22.
    Schweigend fuhren wir mit dem Aufzug nach unten. Ein Gefühl des Unwirklichen beschlich mich, vielleicht lag es an der Umgebung oder daran, dass ich da in luftiger Höhe zu viel Sauerstoff aufgenommen hatte.
    Auf dem Parkplatz trennten sich unsere Wege. Keller entriegelte die Tür seiner Mercedes-Limousine mit einem Knopfdruck an der Fernbedienung, ich musste den Schlag meines Wagens mit nahezu roher Gewalt öffnen.
    Der Mercedes bog auf die Zubringerstraße ein und ich nahm den Weg, der zu Schoppers Werkstatt führte. Häuser aus Backstein, mit grünen Fensterläden und Geranien, hinter Bäumen eine verlassene Direktorenvilla, ausgeweidet, es folgten Flachbauten, Lagerhallen, Büsche, Schrebergärten mit brüchigen Lattenzäunen und dann sah ich das Schild Schopinskis schöne Teile, in meterhoher Hollywoodschrift und mit falsch abgetrenntem Genitiv-s.
    Das Flossenheck eines bonbonfarbenen Straßenkreuzers zierte das Dach der Werkstatt, in einem Schauraum mit großer Glasfront standen mehrere amerikanische Autos, ein VW-Kübelwagen, schwere Motorräder und ein Wehrmachtskrad in verblichener Sandfarbe. Daneben gab es einen Zubehörladen; hinter der Scheibe bewegte sich der Mann, den ich gerade im Gasometer gesehen hatte. Die kurzen Bluejeans über der schwärzen Strumpfhose, die Hosenträger in den Farben der amerikanischen Fahne, alles wie zuvor, nur die zotteligen Haare hatte er inzwischen zu einem Zopf gebunden. Schopper sprach in ein schnurloses Telefon und blickte dabei durch die Schaufensterscheibe auf die Straße. Genau in meine Richtung.
    Erkennen konnte er mich nicht, ich hatte in ausreichendem Abstand angehalten und beobachtete ihn durch mein
    Teleobjektiv. Jetzt hielt er die Sprechmuschel zu und rief etwas zu einer offenen Verbindungstür. Ein Mann im Overall trat aus der Werkstatt und erschien im Laden.
    Den Motor hatte ich bereits abgestellt, die Hand schon am Türriegel, doch jetzt zögerte ich. So musste sich eine Maus, nur noch wenige Trippelschritte von dem appetitlichen Käsestück entfernt, fühlen. Zu glatt war es gelaufen, zu bereitwillig hatte mir Simone Engel den Hinweis gegeben, wo ich Keller finden konnte, zu schnell hatte Keller Schopper preisgegeben. Eine Falle!
    In solchen Momenten steckt man sich eine Zigarette an, um locker paffend weiterzufahren.
    Ich rauche seit Jahren nicht mehr.
    In solchen Momenten kramt man das Handy hervor, um lässig zu telefonieren. Das tat ich dann auch. Ich rief Cetin an.
    »Mach ich, Chefe, bin schon auf dem Weg.«
    »Wann können Sie hier sein?«
    »Eine Viertelstunde, wenn die Bahn frei ist.«
    Mein nächster Anruf ging zum Duisburger Polizeipräsidium, an den Schreibtisch von

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