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Stelzvogel und Salzleiche

Stelzvogel und Salzleiche

Titel: Stelzvogel und Salzleiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklaus Schmid
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hatte sich gut vorbereitet.
    »Na ja, gut umgehen, das ist subjektiv«, kam Voss auf seine Frage zurück. »Direkter gefragt: Würden Sie uns das Messer geben, das Sie als Waffe bei sich zu tragen pflegen?«
    »Wir sollten dem ehemaligen Kollegen aus Fairness sagen, dass wir im Labor selbst dann noch Blutpartikel feststellen können, wenn das Messer bereits sehr gründlich abgewischt worden ist.«
    »Das Messer gebe ich Ihnen gerne. Aus Fairness sollten Sie mir vorher aber einen Durchsuchungsbeschluss zeigen.«
    »Macht ja wirklich Spaß mit Ihnen«, bemerkte Sedau.
    Unschlüssig blickte er sich um, als erwarte er, dass ich ihm das Messer doch noch aushändigen würde.
    Sein Kollege stand schon an der Tür. »Letzte Frage, Herr Mogge, kennen Sie einen türkischstämmigen Mitbürger mit Namen Cetin?«
    »Dschetin.«
    »Wie bitte?«
    »Korrekt wäre es, den Namen ›Dschetin‹ auszusprechen.«
    »Gut zu wissen.« Er nickte viel sagend.
    »Ja, und Vorsicht auf der Treppe, frisch gewischt!«
    27.
    Wenn gar nichts mehr läuft, soll man etwas kochen. Ich durchsuchte meine Vorräte. Viel fand ich nicht: Kartoffeln, Zwiebeln, Eier, ein Glas mit dicken Bohnen. Es genügte aber.
    Ich rief Tom Becker an, fragte, ob er Lust auf eine Tortilla habe.
    »Original wie die Frauen von Formentera sie zubereiten«, lockte ich. »Ach, und falls Sie noch Unterlagen von dem Unfall haben, bei dem vor einem Jahr ein Radfahrer, Yannick Gorgas hieß er, im Duisburger Süden…«
    »Bring ich mit.«
    Nachdem er aufgelegt hatte, ging ich zur Trinkhalle, um Bier zu kaufen, König Pilsener für Tom Becker, Malzbier für mich.
    Ich stellte die Flaschen in den Kühlschrank und fing an zu kochen. Egal wann Tom Becker sich auf einen Sprung zu mir aus der Redaktion fortstehlen konnte, so eine spanische Tortilla schmeckt warm und kalt gleichermaßen gut.
    Ich machte sie so, wie ich es auf Formentera gelernt hatte: Olivenöl in einer Pfanne erhitzen. Die Kartoffeln schälen, in kleine Würfel schneiden und zusammen mit einer fein gehackten Zwiebel in die Pfanne geben, die Pfanne zudecken und die Kartoffeln bei kleinem Feuer und gelegentlichem Rühren etwa zehn Minuten schmoren; den Deckel abnehmen, Kartoffeln leicht salzen und braten, bis sie goldgelb sind. Die Eier schlagen, mit Salz und Pfeffer würzen. Die Kartoffeln aus dem Öl nehmen und mit den dicken Bohnen zusammen in die Eiermischung geben, diese umrühren und in die Pfanne zurückgeben. Wenn eine Seite gar und leicht braun ist, die Tortilla umdrehen und nach ein paar Minuten dann vom Feuer nehmen.
    Das Schöne beim Kochen und Spülen ist, dass man die Muße hat, seine Gedanken schweifen zu lassen.
    Wer hatte Schopper getötet? Galerist Keller, der sich durch den Brand auf seinem Kahn mit einer halben Million saniert hatte? Roy Appelt, der durch den Versicherungsschwindel auf einen Schlag all seine Werke verkauft hatte und als Künstler bekannt wurde? Aber auch Martin, Reimer, Uwe und
    womöglich noch einige andere Kumpel hatten profitiert, weil sie pro Bild zehntausend Mark ersetzt bekommen hatten; obwohl sie nur einen Bruchteil davon wirklich bezahlt hatten.
    Keinem von ihnen hätte daran gelegen sein können, dass Schopper, um eine Strafmilderung zu erreichen – Mord verjährt nicht –, vor der Polizei auspackte.
    Aber reichte das als Tatmotiv? Zwar sind Menschen schon für ein paar Mark ermordet worden – aber auf diese Weise?
    Die Tat schien mir gründlich geplant und in seiner blutigen Form, die an ein tierisches Schlachtopfer erinnerte, fast symbolisch.
    Cetin fiel mir ein, möglicherweise wurde er bereits observiert, als Verdächtiger oder zumindest als Augenzeuge.
    Ich musste ihn warnen. Telefone wurden abgehört, Handys funktionierten für die Spezialisten bei der Kriminalpolizei wie Bewegungsmelder.
    Zum Glück gab es die elektronische Post. Das neue
    Kommunikationsmittel gefiel mir immer besser, man musste es nur zu nutzen wissen. Ich schaltete den Rechner ein.
    Es klopfte, Tom Becker stand in meiner Tür.
    »Komme ich zu früh?«
    Als guter Beobachter fiel ihm auf, dass ich etwas zu hastig mit der Computermaus hantierte. Gerade hatte ich die E-Mail an Cetin abgeschickt.
    »Unten war offen«, erklärte Becker.

»Mit der offenen Haustür will meine Nachbarin, die unten das Tanz- und Therapiestudio La Movida betreibt, die Schwellenangst möglicher Kursteilnehmerinnen abbauen.«
    »Nette Mäuschen darunter?« Becker hob die Nase,
    schnupperte: »Riecht gut.«
    Ich schenkte ihm Bier

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