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Stelzvogel und Salzleiche

Stelzvogel und Salzleiche

Titel: Stelzvogel und Salzleiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklaus Schmid
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muss es sein. Die CD installiert sich allein, und zwar unsichtbar für den späteren Benutzer. Nur noch Schließen anklicken, und das wär’s mit unserem kleinen Programm. Jetzt kommt unsere Datenfahndung: Alles klar?«
    »Ja.«
    »Also: Festplatte – rechte Maustaste – im Menü die Suchfunktion anklicken – es erscheint ein Dialogfeld, dort im Eingabefeld Enthaltener Text die Suchbegriffe eingeben. Hm, ja, was suchen Sie denn, Chefe?«
    Ich tippte das Wort Schnüffler ein – und hatte Erfolg. In der Rubrik Suchergebnisse erschienen mehrere Dateien,
    vermutlich handelte es sich um die an mich gerichteten Mails.
    Nun tippte ich noch die Wörter Isolde und Tristan ein. Wieder mit Erfolg. Diesmal erschien sogar eine ganze Liste mit Dateien, der elektronische Briefwechsel mit meinem Klienten, da war ich mir sicher. Dank Cetins Datenrettung war ich auf eine Goldgrube an Informationen gestoßen. Die galt es auszubeuten.
    »Cetin, ich habe die gesuchten Dateien. Wie geht’s weiter?«
    »Kopieren! Die Dateien markieren – rechte Maustaste: Senden an – Diskette.«
    Ich schob eine Leerdiskette ins Laufwerk, drückte die Eingabetaste und beobachtete, wie die Dateien, symbolisiert als Flugblatt, von der Festplatte auf die Diskette flatterten.
    Es machte Spaß, ging schneller, als ich gedacht hatte, und bereitete mir keinesfalls ein schlechtes Gewissen. Der Diebstahl einer Flasche Milch erforderte mehr kriminelle Energie als dieser Datenklau. Während ich mit der Maus hantierte und meine Finger über die Tastatur glitten, meldete sich eine Stimme in mir: Mach dir nichts vor, Elmar, ähnlich spielerisch wie du jetzt hier in der Privatsphäre einer fremden Person herumspionierst, verzocken die Finanzhaie das Geld ihrer Kunden.
    Moment mal! Kein Vergleich, hier geht es um die Sicherheit meines Klienten und um meine eigene! Ja, ja schon, aber…
    Das Geräusch, das meine Gedanken unterbrach und mir einen regelrechten Stich versetzte, war real und kam von draußen.
    Scheinwerferlicht drang ins Zimmer. Ein Auto hielt.
    Es war bereits dunkel, der Park sowieso geschlossen, ich hoffte, dass es ein Pärchen auf der Suche nach einem ruhigen Plätzchen war. Wenn nicht, dann würde es knapp werden. Ich schätzte, dass mir vielleicht noch drei, vier, höchstens fünf Minuten blieben.
    Der Motor wurde abgestellt. Das konnte nur…
    »Cetin!«
    »Was ist los, Chefe?«
    »Es kommt jemand. Was soll ich machen? Schnell! Auf keinen Fall darf…«
    »Ist klar. Besteht eine Internetverbindung?«
    »Ich weiß nicht…«
    »Klicken Sie auf Outlook Express und dort auf Senden und Empfangen. In dem Dialogfeld müsste vor Kennwort speichern ein Häkchen sein – das macht eigentlich jeder normale…«
    »Ja, ist. Beeilung!«
    »Auf Verbinden klicken.«
    »Gemacht.« Das Modem fiepte, ich schwitze. »Wie geht’s weiter?«
    »Jetzt schicken Sie mir eine E-Mail mit dem Dateninhalt der Diskette, also: Neue Mail – Einfügen – Anhang: Arbeitsplatz –
    Diskette. Und ab das Ding. Senden!«
    Mit zittrigen Fingern führte ich Cetins Anweisungen aus.
    Wieder beobachtete ich, wie die Daten wanderten, fein anzusehen, doch dieses Mal ging es mir nicht schnell genug.
    Mach schon, los!, murmelte ich in Gedanken, laut sprach ich:
    »Was jetzt, Cetin?«
    Geräusche. Schritte.
    Cetin blieb ruhig: »Diese Mail löschen, und zwar im Postaus gang und unter Gelöschte Objekte. Anschließend die Diskette formatieren und meine CD kaputtmachen. Damit sind die verräterischen Daten gelöscht. Viel Glück!«
    Schon führte ich die Befehle aus. Diskette, rechte Maustaste, dann im Kontextmenü auf Format klicken. Eingabetaste drücken. Nun noch die CD.
    Es war schwieriger, als ich gedacht hatte, und als die Silberscheibe endlich in mehrere Stücke zerbrach, hörte ich, wie der Schlüssel in der Tür bewegt wurde. Knapp? Zu knapp!
    Mir blieb nicht einmal mehr die Zeit, den Computer auszuschalten.
    Die Tür ging auf.
    32.
    Mit drei, vier Schritten hatte ich den Weg vom Computer zum Flur zurückgelegt. An die Wand gepresst, griff ich zum Stiefelschaft, wo ich das Messer mit einem Klettverschluss befestigt hatte. Als ich aus der gebeugten Haltung wieder hochkam, spürte ich einen stechenden Schmerz, der mir den Kopf zu sprengen drohte. Ich riss die Hände vor die Augen, dann kam ein neuer Schmerz, den ich nicht mehr zuordnen konnte, und dann fiel ich ins Bodenlose.
    Ich lag auf einer Bahre, Sanitäter schoben mich durch Pendeltüren, klack, klack, Karbolgeruch – ich war

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