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Stelzvogel und Salzleiche

Stelzvogel und Salzleiche

Titel: Stelzvogel und Salzleiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklaus Schmid
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ohne Entspannung. Ganz anders jetzt der Zustand bei mir. Ohne hinsehen zu müssen, wusste ich, dass mein Penis in diesem Augenblick so klein wie schon lange nicht mehr war.
    Sie öffnete meinen Gürtel, dann die Hose. Von Erotik konnte keine Rede sein, nicht einmal von Sex. Mit einem Griff holte sie hervor, was sich zu verkrümeln suchte, mit einer zweiten Handbewegung stieß sie die Nadel hinein. Ich machte meinen Rücken steif, drückte gegen die Fesseln, die meine Beine mit den Rollen der Liege verbanden, und zerrte an den
    Handschellen – sie gaben nicht nach.
    Wirkung jedoch zeigte die Betonspritze. Im Reitersitz setzte sich Irene Gorgas auf meinen Schoß. Und was dann folgte, war einfach nur Gewalt. Es tat weh, im Unterleib und im Kopf. Nie zuvor hatte ich mich so gedemütigt gefühlt. Es schien endlos zu dauern, aber irgendwann kündigte sich der Orgasmus an.
    Nicht mit Lust, sondern mit Schmerzen. Der Raum wurde enger, die Wände des Zimmers schienen zusammenzurücken, die Decke stürzte auf mich herab. Ich stöhnte, ich schrie…
    33.
    Als ich diesmal die Augen aufschlug, stand Irene mit einem Messer in der Hand vor mir. Es war mein eigenes.
    »Was jetzt noch?«, stöhnte ich.
    »Ein groß gewachsener Mann wie Sie und dann solche Angst! Im Museumscafé haben Sie den tollen Macker
    gegeben«, sie machte meine Stimme nach, »lassen Sie den Mann in Ruhe, falls nicht, kriegen Sie Ärger.« Sie stieß ein freudloses Lachen aus. »Und jetzt? Jetzt den Schwanz auf halbmast.«
    Sie blickte auf meine Körpermitte, prüfte die Klinge mit ihrem Daumen. Ein einzelner Blutstropfen quoll hervor. Sie fügte sich weitere Schnitte an ihrem Handrücken zu, dann beugte sie sich zu mir.
    Ich war nahe daran, wieder wegzukippen.
    »Nein, keine Panik, Ihr Messer habe ich mir nur ausgeliehen.
    Irgendwann werden Sie es wiederbekommen.«
    Im Nebenraum ging ein Telefon, am Klingelton erkannte ich, dass es mein Handy war. »Wenn ich nicht abhebe, kommt mein Partner rein, er sitzt draußen in meinem Wagen.«
    »Tatsächlich? Das Risiko gehe ich ein. Schauen Sie mal, was ich hier habe.« Sie machte einen Schritt zur Seite, griff in ihren Morgenmantel, der an der Zimmertür hing, und zeigte mir eine Selbstladepistole der Marke Schmeisser, die gute, alte Wehrmachtsknarre. Den Umrissen nach konnte es die Waffe sein, die ich bei meinem ersten Besuch hinter der
    Schlafzimmertür gesehen hatte. »Soll er kommen, Ihr Partner, dann habe ich eben in Notwehr den Komplizen eines
    Einbrechers erschossen.«
    Sie richtete die Waffe auf meinen Bauch. »Sie könnte ich auch erschießen, immerhin sind Sie in mein Haus
    eingedrungen und haben mich mit dem Messer bedroht. Der Einbrecher wären Sie, ich wäre die Geschädigte, das Opfer.
    Doch Sie haben Glück, ich will nicht das Opfer sein. Nie mehr, das habe ich mir vorgenommen.«
    »Guter Entschluss, hat Ihnen dabei die Erbauungslektüre geholfen, die CD von Gregor Kelian, dieser Schmus von wegen ›Du kannst alles, wenn du nur willst‹?«
    »Sie quatschen zu viel. Ein Mann in Ihrer Lage sollte schön still sein und zuhören. Und den Herrn Kelian sollten Sie lieber ganz aus dem Spiel lassen, er ist der einzige Mensch, der mir geholfen hat, mit seiner Sendung. Wissen Sie, wie oft ich nach dem Tod meines Mannes aufgeben wollte? Nein, das können Sie nicht wissen. Haben Sie mal in die Augen eines Menschen geschaut, der gerade seinen letzten Tropfen Blut verliert? Nein, auch das nicht! Ich war bei ihm, als er seinen Blick zum Himmel richtete, wir sehen uns da oben, habe ich gewimmert und seine Hand gedrückt. Gehen Sie da weg, hat der Notarzt gerufen, der Verletzte liegt im Sterben, aber ich bin seine Frau, habe ich geschrien und wäre vor Schmerzen fast selbst gestorben. Wissen Sie, was das für ein Gefühl ist, wenn man weiß, dass ein geliebter Mensch nur deshalb stirbt, weil der Täter, so ein Dreckschwein, ihn dort hat liegen lassen, um womöglich bei der Versicherung seinen Schadenfreiheitsrabatt nicht zu verlieren?«
    »Und deshalb haben Sie…!«
    »Seien Sie still!« Ihre dunklen Augen funkelten mich an.
    »Schopinski.« Ich nickte zu der Pistole. »Von ihm haben Sie doch die Knarre. Abgekauft, geklaut, was weiß ich. Bei dem ersten Versuch, ihn umzubringen, bin ich Ihnen
    dazwischengekommen – denn dazu hatten Sie ihn damals in Ihr Haus gelockt. Beim zweiten Versuch…«
    »Kein Wort, Sie hören jetzt zu! Wissen Sie, was die Polizei gesagt hat, als ich sie darum bat, in eine bestimmte Richtung

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