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Stelzvogel und Salzleiche

Stelzvogel und Salzleiche

Titel: Stelzvogel und Salzleiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklaus Schmid
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Gastgeberin begrüßte, füllte seine Stimme den Raum und er war so präsent, als wäre er zwei Meter groß.
    Paula nahm Kelian an die Hand, er zierte sich, deutlich, aber nicht so übertrieben, dass es komisch gewirkt hätte. Zusammen schritten sie zur Bühne, wo Paula dem Publikum ihren Ehrengast vorstellte, sie lobte seine erfolgreiche Sendung und erzählte, dass der Moderator sich im Sender für das Kindermusical stark machen wolle. »Das heißt, wir bekommen erstklassige Werbung und können auf Sponsoren hoffen, um unsere Arbeit fortsetzen zu können.«
    Riesenapplaus. Wenn unter den anwesenden Kindern auch eines von mir gewesen wäre, hätte auch ich geklatscht, gejohlt und mit den Füßen getrampelt; ohne Johlen und Pfeifen lief ja gar nichts mehr. Doch so saß ich etwas lahm dabei und war verärgert, weil ich mit ansehen musste, wie Paula, meine Katzenfrau Paula, diesem Schleimbeutel schöne Augen machte. Ekelhaft! Für Geld, Sponsorengeld!
    Kelian hatte ein Aufnahmegerät mitgebracht, ein
    erstklassiges von Sony, wie ich feststellte. Die beiden Mikrofone legte er am Bühnenrand ab, nein, er zelebrierte es, als ginge es um den Live-Mitschnitt einer Bayreuther Aufführung. Nachdem er noch einen langen Blick mit Paula getauscht hatte – klar, dass so eine Aktion mehr Eindruck machte als ein Blumenstrauß –, setzte er sich auf den freien Stuhl neben mich.
    »Für den Bericht morgen, ein paar O-Töne fischen.«
    Fischen! Ein Kalauer drängte sich auf, ich schluckte ihn runter.
    Sedau und Voss am Ende der Reihe sahen mich an und feixten.
    Und dann legten die Kinder los.
    Es sollte Tanz sein, Starlight Express ohne Rollschuhe, war aber eher ein Staksen, Springen und Verrenken mit Musik von Andrew Lloyd Webber aus den Lautsprechern. Da musste noch viel geübt werden, doch der Beifall war groß. Danach stand man in kleinen Grüppchen, Weinglas in der Hand, ich hielt mich an die Kindergetränke, zu knabbern gab es Selbstgebackenes, das nach dem neuen Biosiegel schmeckte.
    Paula wurde von den Müttern belagert, Kelian fischte noch ein paar O-Töne bei den Kindern, die nun, nachdem das
    Lampenfieber abgeklungen war, wie die Brummkreisel durcheinander wirbelten.
    Danach war Paula, die heute einen halblangen, recht hoch geschlitzten Rock und Glitzerpulli trug, an der Reihe. Sie bat um Ruhe. Während des Interviews kroch Kelian fast in sie hinein. Und der Tanzmaus, wie ich Paula in Gedanken wieder nannte, schien es zu gefallen. Dass der Kontakt zu dem Radiomann wichtig war, keine Frage; ein vertrauter Blick zu mir oder ein Schulterzucken – versteh doch, Elmar, das muss einfach sein –, etwas in der Art hätte mir ja schon genügt. Aber nichts dergleichen.
    Fast zwangsläufig befand ich mich plötzlich in der Nähe meiner ehemaligen Kollegen. »Immer noch kein Feierabend?«
    Doch, doch, sie wären rein privat da, erwiderte Voss. Und dann fragte er mich, ob ich ihnen bei dem Fall des ermordeten van Eicken helfen könne, das war rein privat und in bester Columbo-Manier vorgetragen. Die Bullen lernten heutzutage mehr aus dem Fernsehen als in Polizeifortbildungsinstituten; womöglich weil die Drehbuchschreiber besser waren als die Polizeipädagogen.
    »Helfen? Welche Ehre für einen Schnüffler!«
    »Ist Kelian denn nicht Ihr Klient?«, wollte Sedau wissen.
    Ich nickte. Obwohl es ja nicht ganz stimmte, weil unsere Geschäftsbeziehung beendet war. Mein Nicken bedeutete, dass ich mit gutem Grund schweigen konnte. Denn ich hatte keine Lust, mich mit den beiden, die sicher auf Anweisung von Hauptkommissar Tepass hier waren, zu unterhalten.
    »Sie entschuldigen mich?« Demonstrativ wandte ich mich an Kelian, der für einen Moment von Paulas Seite gewichen war:
    »Mal ‘ne Sekunde Zeit?«
    »Aber sicher. Augenblick!« Er schwenkte das Mikro durch den Raum. »Das Kinderkreischen, perfekt für die Atmo«, bemerkte er. »Wir machen einen Zweidreißiger, den wir morgen in die Primetime zwischen sechs und neun einbauen, so erreichen wir die Hausfrauen und Mütter.«
    Kurz darauf schaltete er sein Aufnahmegerät aus. »So, jetzt bin ich bei Ihnen. Wie kann ich Ihnen helfen? Sie gucken so frustriert.« Ganz Fachmann sprach er von blockierten Wünschen und Situationen, die man nur durch Sublimierung meistern könne.
    Genau das hatte mir noch gefehlt, von diesem Großkotz psychologisiert zu werden. Hier, drei Meter unter meinem Büro, der Kerl reizte mein Echsenhirn, er wilderte in meinem Beritt; und hätte mich in dieser Situation

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