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Stelzvogel und Salzleiche

Stelzvogel und Salzleiche

Titel: Stelzvogel und Salzleiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklaus Schmid
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mit der Sprache!«
    Er klemmte seinen Zeigefinger zwischen die Katalogseiten, auf denen Baselitz’ Bild Der Fisch beschrieben wurde, als wollte er im nächsten Augenblick zu der Lektüre
    zurückkehren. »Elmar, Elmar, hast ganz schön was angerichtet mit deinem Wühlen in alten Sachen.«
    »Meine Spezialität.«
    »Ja, ja, die Polizei war in meiner Galerie und bei mir zu Hause, sie hat mich schon zwei Mal vernommen.«
    »So was passiert, wenn man sich mit miesen Typen wie Schopper Schopinski einlässt.«
    Er schüttelte den Kopf. »Deine Schuld, Elmar! Du hast Soest in Aufregung versetzt, jeder misstraut im Moment jedem.«
    »Dann war es ja goldrichtig, was ich gemacht habe.«
    »Eben nicht, du bist auf der falschen Fährte. Der Tod von Peter Rugen hat nichts mit dem Brand auf meinem Galerieboot zu tun. Peter war ein Windhund, ein Weiberheld und Angeber, aber er wurde nicht umgebracht, weil er etwas ausplaudern wollte oder gar andere erpresst hat.«
    »Sondern?« Zwar hatte Keller genau das bei unserem Gespräch im Gasometer suggeriert, aber nun spielte es keine Rolle mehr.
    »Inzwischen weiß ich, wer dich beauftragt hat, den Tod von Peter zu untersuchen.« Ein anzügliches Lächeln huschte über sein Gesicht. »Schnüffel lieber mal, natürlich nur im übertragenen Sinne, bei deiner Auftraggeberin. Dann wirst du sehr bald auf einige Ungereimtheiten stoßen.«
    »Zum Beispiel?«
    »Na, das Kind, die kleine Laura.«
    »Was ist mit ihr?«
    »Kennst du eigentlich Carlos Mehringer, den Ehemann unserer ehemaligen Lehrerin Anne Mehringer, damals hieß sie Anne Wührmann?«
    Ich machte eine vage Geste. »Wie sieht er denn aus?«
    »Na ja, was soll ich sagen, dunkelhaarig, braune Augen, lange gebogene Wimpern, die Gesichtsfarbe bräunlich, fast ins Oliv gehend wie auf dem Bild da vorne, dazu das klassische römische Profil – sozusagen das mediterrane Gegenstück zu unserem Blondgermanen Peter Rugen.«
    »O je, bekomme ich jetzt einen Kurzabriss der Rassenlehre?
    Oder eine Einführung in die Mendel’schen Gesetze?«
    »Nein, nur einen Hinweis. Schau dir die kleine Laura an!
    Und wenn du dann noch bedenkst, dass ihr Papa«, Keller bewegte Zeigefinger und Mittelfinger seiner linken Hand wie eine Schere, »schnipp, schnapp. Ja, ja, der konnte doch gar kein Kind ‘ mehr zeugen.«
    »Stand das im Soester Anzeiger?«
    »Ach Elmar, da sieht man mal wieder, dass du vom
    Kleinstadtleben keinen Schimmer hast. Bei uns muss man sich mit den Neuigkeiten nicht auf den Markt stellen, es muss nicht mal ein einziges Wort fallen. Da macht der Doktor Urologe, wenn er mit Freunden beim Bier sitzt und ein bestimmter Gast zur Tür hereinkommt, nur so eine kleine Handbewegung, schnippedieschnapp, und alle am Tisch wissen Bescheid. Und noch was, Elmar: Soest, das ist der alte Stadtkern innerhalb der Wälle, das ist der Apotheker, das Ratsmitglied, der Hausarzt, der Mann vom Blumenladen, das sind die Alteingesessenen, nicht die Hinzugezogenen im Weichbild der Stadt. Soest ist eine Insel im platten Land, deren Bewohner sich untereinander belauern und streiten, wie es nur enge Nachbarn können, aber wehe jemand von auswärts mischt sich da ein…«
    »Soll das eine Warnung sein?« Harry war, als unser Gespräch sozusagen offiziell wurde, von meinem alten Spitznamen Schlömm zu Elmar gewechselt.
    »Wieso Warnung? Nur ein Tipp!«
    »Und warum gibst du jemandem von auswärts diesen Tipp?«
    »Weil ich nicht dauernd von der Polizei belästigt werden will, ich nicht – und die anderen Kumpel auch nicht. Wir wollen unsere Ruhe haben.«
    »Zuerst schickt ihr zwei Typen, die mich vom Stadtwall prügeln sollen, und als das nicht klappt, hetzt ihr mir die Schutzpolizei auf den Hals.«
    Keller verzog das Gesicht. »Die Jungs sind nicht besonders helle. Da ist einer, der hat einen Bekannten bei der Polizei, und der dachte, wenn dieser Bekannte und ein Kollege dem Elmar das Leben ein bisschen schwer machen, dann wird er den Schwanz einziehen. Ein anderer hat Freunde bei einem Sportklub… na ja, wie gesagt, die Jungs sind nicht besonders helle, versuchen es halt mit der Brechstange.«
    Oder mit dem Hockeyschläger.
    Ich sagte: »Aber Harry Keller, der ist helle, der geht subtiler vor. Zuerst lieferst du mir Schopper als möglichen Mörder von Peter Rugen, und jetzt, nachdem der Mann selbst tot und aus dem Geschehen heraus ist, präsentierst du mir Carlos Mehringer.«
    »Warum sollte ich? Ist doch verjährt, die Sache.«
    »Mord verjährt

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