Sten 6 - Morituri-Die Todgeweihten
wurde bis zu seinem Tode vom Staat verhätschelt. Ob er ausgepackt hatte oder nicht, spielte dabei keine Rolle - es gab ja die Hoffnung, daß er am Ende, wenn sich ohnehin nur noch Geschichtsforscher für ihn interessierten, schließlich doch alles erzählen würde.
In der heißen, trockenen Stille dachte Venloe weiter nach. "Gut. Ich ziehe meine Sicherheitskräfte zusammen und werde sie entwaffnen. Rufen Sie ihre Begleitmannschaft. Sie können dabei helfen, mein Gepäck an Bord zu bringen. Unser Geschäft ist abgeschlossen."
Er streckte Mahoney die Hand entgegen, mit der Handfläche nach oben.
Mahoney starrte ausdruckslos darauf. Nach einem kurzen Moment erhob sich Venloe und verließ den Raum.
Solon Kenna war bis jetzt nur einmal in seinem Leben in einer Sternwarte gewesen. Damals war er jung, betrunken und verwirrt gewesen. Jetzt war er fasziniert davon, zumindest von diesem
Observatorium, in dieser ganz besonderen Nacht, die ihm diese ganz besondere Aussicht bot.
Er blickte erneut auf den Bildschirm, um ganz sicher zu gehen, daß es sich hier um keinen Fall von Delirium tremens handelte.
Sie waren jedoch noch immer zu sehen, in einer Umlaufbahn von Dusable geparkt.
Sirenen schrillten durcheinander, als das Auftauchen einer fremden Flotte gemeldet wurde.
Kenna wurde bleich. Der bei der letzten Wahl zum Tyrenne gewählte Walsh wurde noch bleicher, als man ihn darüber informierte, worum es sich hier handelte, und was das unmittelbar für ihn bedeutete.
Das Privatkabinett hatte anscheinend beschlossen, die Niederlage von Tyrenne Yelad als Beleidigung aufzufassen und die Garde entsandt.
Die Handvoll Zollkontrollschiffe, über die Dusable verfügte, waren ausgeschwärmt und steuerten der Flotte, die sich in Ruheposition befand, entgegen. Sie gaben ihre friedliche Absicht lautstark auf jeder verfügbaren Frequenz bekannt. Als Repräsentant des Planeten befand sich Walsh im Führungsschiff.
Kenna war sofort in Deckung gegangen. Tiefe, abgrundtiefe Deckung. Gesichtsoperation, danach Abreise, das war sein Fluchtplan.
Von der Flotte kam jedoch keine Antwort.
Niemals zuvor hatte jemand solche Schiffe gesehen, doch sie trugen eindeutig die Handschrift der Imperialen Designer.
Sie enterten ein Schiff.
Und dann begann das Fest.
Bei den Schiffen handelte es sich um Robot-Frachtschiffe. Und jedes dieser Frachtschiffe, die in schier unendlicher Anzahl eintrafen, enthielt genügend AM2 für den maximalen Jahresverbrauch eines Planeten in Friedenszeiten.
Soviel AM2 hatte man seit zehn oder gar
fünfzehn Jahren auf Dusable nicht mehr auf einem Haufen gesehen. Wo zum Teufel kam das Zeug her?
Kenna wagte sich vorsichtig wieder aus seinem Versteck hervor. Er ging zum Observatorium hinüber und vergewisserte sich, daß Walsh und seine Crew nicht etwa Halluzinogene entdeckt hatten -und dann verstand er plötzlich.
"O Gott, o Gott, o Gott", dachte er.
Das hatte alles mit diesem Raschid zu tun, das wußte er genau. Selbstverständlich war er irgendwie auch hinter Geld her, das galt als sicher. Aber daß er
... Nein.
Kenna drehte sich um. Sein Blick fiel auf ein altes Gemälde an der Wand, ein Porträt, ein Teil der Ehrenplakette des Imperialen Observatoriums Ryan/Berlow/T'lak. Auf dem Gemälde war der Imperator in üblicher Kaiserpose zu sehen.
Außerdem war es, natürlich, ein recht gelungenes Porträt von Raschid.
Kenna kannte die alte politische Redewendung:
"Wer war schon vor Chicago auf meiner Seite ?"
"Ich", stammelte er. "Ich. Wir alle."
Es sah so aus, als würden goldene Zeiten für Dusable und Solon Kenna anbrechen. Denn dieser Teufelskerl war anscheinend wirklich unsterblich.
Einen Moment lang zog er die völlig veränderten Zukunftsaussichten und ihre Auswirkungen in Betracht; insbesondere, was Walsh betraf, der erst vor kurzem gewählt worden war. Und bei der nächsten Wahl ... ach, zum Teufel damit. Jetzt zählte die Gegenwart. Die nächste Wahl war erst in einigen Jahren angesetzt.
Dann dachte er daran, eine Kirche aufzusuchen und an irgendeinen Gott ein Dankgebet zu richten, dafür, daß er ihm, Kenna, einen so messerscharfen Verstand gegeben hatte, mit dem er die Dinge, noch bevor sie sich ereigneten, durchschauen konnte.
Dann brachte er sich mit einem Ruck auf den Boden der Tatsachen zurück - und gab sich selbst eine Flasche Schnaps aus.
Mahoney wußte, daß er sich in ernsthaften Schwierigkeiten befand.
Rykor kam in ihrem A-Grav-Sessel auf ihn zu.
Sonst empfing sie ihn in ihren eigenen
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