Sten 6 - Morituri-Die Todgeweihten
eine weitaus bessere Zusicherung als alles, was das Kabinett bisher geboten hatte. Er führte aus, daß er und Sten dafür sorgen würden, daß jeder Augenblick der Verhandlung so weit wie möglich ausgestrahlt und verbreitet würde. Es war Stens Anliegen, daß jedes Wesen, egal wie weit entfernt oder auf welcher Entwicklungsstufe, die Möglichkeit haben sollte, die ungefärbten Details des Verfahrens zu verfolgen. Er mußte nicht eigens andeuten, daß das Kabinett alles mögliche unternehmen würde, um eine derartige
Öffentlichkeit zu verhindern.
"Werden Sie ihnen erlauben, sich selbst zu verteidigen?" wollte Sr. Ecu wissen.
"Natürlich."
"Sie werden ablehnen."
"Wirklich?"
Sr. Ecu überlegte einen Moment. "Ja, ich glaube schon."
Man mußte nicht eigens erläutern, daß sich die Kabinettsmitglieder, sollten sie vom Tribunal für schuldig befunden werden, keinesfalls zerknirscht in die Hände ihrer Gefängniswärter begeben würden.
Sten kam es jedoch auf das moralische Gewicht an, auf möglichst viel Gewicht, um die Waagschalen in die andere Richtung zu bewegen. Wenn man korrekt damit umging, konnte eine derartige Entscheidung so viele Löcher in den Machteimer des Privatkabinetts reißen, daß ihnen sämtlichen Verbündeten aus den Lecks davonsickerten. Was hatten sie denn außer AM2 zu bieten? Und wie sich herausgestellt hatte, konnten sie schon bald nicht einmal mehr das liefern.
"Wer soll die Mitglieder auswählen?" lautete Sr.
Ecus nächste Frage.
Mahoney antwortete, daß eine derartig
verantwortungsvolle Aufgabe nur einem Manabi anvertraut werden könne. Das gleiche galt für die Aufgabe, sich mit Leuten zu treffen, die für verschiedene Ämter in Frage kamen. Sr. Ecu mußte eine völlig geheime Aktion starten, von einem System zum anderen tingeln und dabei sicherstellen, daß er keine Spuren hinterließ. Dabei sollte er jede erdenkliche Freiheit haben, nicht nur aus Gründen des Vertrauens und der Geheimhaltung, sondern auch aus praktischen Gründen. Wer, außer dem Ewigen Imperator, konnte sich schon solcher Fertigkeiten rühmen?
Sr. Ecu machte sich so seine eigenen Gedanken zum Imperator, teilte sie Mahoney jedoch nicht mit.
Er wäre nicht wenig erstaunt darüber gewesen, daß Ians Gedanken sich nicht allzusehr von den seinen unterschieden. Auch Mahoney hätte nicht schlecht gestaunt, wenn er gewußt hätte, daß die
Gedankengänge dieses Wesens einen großen Einfluß auf seine Entscheidung ausübten.
Während der Manabi allmählich zu einem
Einverständnis kam, blitzte in Mahoneys Überlegungen der zweite Teil von Stens Plan auf. Er hatte sich nicht näher über die Gründe von Stens Abwesenheit ausgelassen. Dafür war nicht unbedingt ein Mangel an Vertrauen verantwortlich, sondern eher die alte, unverbrüchliche Regel des Mercury Corps: "Wer muß was wirklich wissen?" Abgesehen davon hätte er auch nicht genau gewußt, wie Sr. Ecus Entscheidung ausgefallen wäre, wenn er ihm von der Mission erzählt hätte. Wenn Sten dieses Mal versagte, war alles verloren. Dann wäre auch ein unabhängiges Tribunal nur noch eine bedeutungslose Fingerübung.
"Eine letzte Frage noch", sagte Sr. Ecu. "Auf welcher rechtlichen Grundlage steht dieses Tribunal? Was nutzt uns die ganze Geschichte, wenn wir rechtlich nicht dazu ermächtigt sind?"
"Es gibt keine", erwiderte Mahoney "Doch Sten wußte, daß Sie sich danach erkundigen würden. Er sagte, ich solle Ihnen mitteilen, daß er nicht die leiseste Ahnung hätte. Unserem Kommando
unterstehen nun mal keine Regimenter voller Imperialer Rechtswissenschaftler."
"Allerdings nicht", sagte Sr. Ecu. "Mein Problem liegt nur darin, daß ich mir keinen Umstand vorstellen kann, unter dem selbst der Imperator eine derartige Aktion gutgeheißen hätte. Er hätte niemandem soviel Macht zugestanden. Nicht über sich selbst. Unser Problem besteht darin, daß das Kabinett in seinem Namen handelt. Mit den gleichen Vorrechten und gesetzlichen Möglichkeiten."
"Oh, davon verstehe ich nichts", sagte Mahoney.
"Aber so alt wie dieses Imperium inzwischen ist, müßte etwas Vergleichbares doch schon mindestens einmal vorgekommen sein."
"Ich glaube, da haben Sie recht", meinte Sr. Ecu.
"Und einmal würde uns schon reichen... Na schön, ich werde mich darum kümmern."
Flottenmarschall I Mahoney war sehr erleichtert.
Er und der Manabi klopften noch einige weitere Details fest, dann war es Zeit, sich voneinander zu verabschieden. Sr. Ecu sagte beim Abschied etwas, über das
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