Sten 7 - Vortex - Zone der Verraeter
machte?
Eine Kälte, die noch jenseits des absoluten Nullpunkts zu liegen schien, kroch plötzlich in Poyndex' Glieder, und er spürte, daß er sich niemals mehr sicher fühlen und niemals mehr dem vertrauen würde, woran er bis jetzt immer noch geglaubt hatte.
Sr. Ecu, der emeritierte Diplomat des Universums, legte sich in die Kurve, wurde fast hinausgeschleudert und wünschte sich, seine Spezies verstünde mehr von den fraglos erhebenden Vorteilen des Profanen und des Obszönen.
Unter ihm war nichts als arktische Trostlosigkeit.
Graue Wogen schlugen mit gewaltiger Kraft gegen den einsamen, steil aufragenden Felsen zu seiner Rechten. Links neben ihm trieb ein monströser Eisberg dahin. Er schimmerte leuchtend blau auf der schieferfarbenen See - die einzige Primärfarbe, so weit das Auge reichte. Eine Farbe von geradezu schmerzender Verlorenheit.
Ecu wollte nicht über diese Welt zu Gericht sitzen, aber er fand, daß sie den ganzen Charme der Hölle des Christentums besaß, wenn auch ohne das Feuer.
Auf einem Floß aus Eis weit unter ihm bewegte sich ein winziger Punkt. Er fixierte den Punkt genauer, der sich als riesige, fleischige Wasserkreatur entpuppte, ein Wesen, das mit seiner schwabbeligen Speckschwarte, seinen Eckzähnen und seiner Haut wie geschaffen für diese gefrorene Hölle war, ein Geschöpf, das das Wetter wahrscheinlich für eine nette kleine Frühjahrsbrise hielt.
Es war nicht leicht zu begreifen, daß dieses unbekannte Wesen da unten auf dem Eisfloß wie ein primitiver Fischfresser aussah und dabei höchstwahrscheinlich einer der bedeutendsten Philosophen dieser Welt war. Oder einer der bedeutendsten Dichter.
Ein schneidender Windstoß erfaßte ihn, und Ecu verlor beinahe wieder die Kontrolle. Sein drei Meter langer Schwanz peitschte die Luft, als er versuchte, seinen Flug zu stabilisieren, während sich die großen weißen Flügel bogen, um dem Druck standzuhalten; die kleineren Beiflügel mit den rotgefärbten Spitzen waren ständig damit beschäftigt, Ecus übertriebene Korrekturen auszugleichen.
Er war zu alt und würdevoll für diesen Unsinn; für einen Alleinflug durch einen Polarsturm, als sei er eben erst flügge geworden und habe zum ersten Mal die Freuden des Fliegens für sich entdeckt.
Er dachte daran, daß das ganze Projekt, das er ausgeheckt hatte, nach billigem Melodram schmeckte, so, wie es Kindern und Einfaltspinseln gefiel, mit charakteristischen Helden und Verbrechern. Der Einzelgänger im Kampf gegen Das Böse und so weiter.
Davon abgesehen glaubte Sr. Ecu - und er litt sehr unter diesem Glauben -, daß er das einzige Lebewesen war, das sich dieses gewaltigen Bösen bewußt zu sein schien; dieses Bösen, das alles vernichten konnte. Das, so fuhr er in seinen Gedanken fort, war blanke Absurdität, und er mußte sich selbst dafür auf die Schulter klopfen, daß er jemand war, der gelernt hatte, daß es so gut wie keine Wahrheit gab und auch kein reines Licht der Erkenntnis. In diesem Bereich gab es lediglich verschiedene Grauschattierungen, die sorgfältig analysiert und interpretiert werden mußten.
Vielleicht hatte Rykor ihre Leute, die nur daraufwarteten, den Manabi gekonnt ruhigzustellen und ihn in einen gepolsterten Raum zu bringen, wo er den Rest seines Lebens damit verbringen würde, irgend etwas über den Ewigen Imperator vor sich hin zu brabbeln.
Vielleicht hatte er deswegen das Material vorausgeschickt und es mühsam in einen exotischen Code übertragen, dessen sie sich damals, in den Tagen des Tribunals, häufiger bedient hatten, als die Mitglieder des Privatkabinetts sich vor Gericht für ihre Verbrechen verantworten mußten.
Sr. Ecu versuchte, seine Gedanken unter Kontrolle zu bringen, und wünschte sich, mit ebensowenig Erfolg, daß er seinen inneren Aufruhr beruhigen könnte. Er dachte schuldbewußt daran, daß einer der Gründe für seinen undisziplinierten Geist in seiner tiefsitzenden Furcht zu suchen war. Furcht verhinderte logische Analysen.
Obwohl es keineswegs unbegründet war, sich zu fürchten.
Sr. Ecu hatte dem Ewigen Imperator bei vielen Gelegenheiten zur Seite stehen dürfen, und er hatte sogar seine eigene Spezies davon überzeugt, ihre Neutralität aufzugeben und den Imperator während der Tahn-Kriege heimlich zu unterstützen. Er gab sich jedoch keinerlei Illusionen darüber hin, was der Imperator vermutlich machen würde, wenn er irgendwelche Informationen über die Gedanken, den Glauben und die Mission Sr. Ecus erhielte.
Das war
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