Sten 8 Tod eines Unsterblichen
er am Ende war. Seine Ratgeber drängten ihn, einen Nachfolger zu bestimmen. Also einen von ihnen. Unausgesprochen, aber ihrem Drängen implizit, war die Forderung, daß es ebenfalls höchste Zeit sei, die Quelle von Antimaterie Zwei preiszugeben.
>Wenn ich jetzt sterbe<, dachte er, >dann wird dieses System, dieses perfekte System, das ich entworfen habe, zwangsläufig zusammenbrechen.
Alle Spuren wären wie ausgelöschte Und er würde das Geheimnis der AM2 mit ins Grab nehmen.
Dieses System war sein einziger wirklicher Schutz gegen seine Feinde gewesen. Ein Schild des Wissens gegen ihre Attentäter. Aber worin lag jetzt noch der Nutzen? Ohne AM2 würde die Föderation
zusammenbrechen, seine Anstrengungen null und nichtig sein.
>Na und? Wenn ich ihnen das Geheimnis weitergebe, wird alles nur noch schlimmer.
Gräßliche Kriege würden um die Kontrolle von AM2 geführt werden.< Er hatte das alles schon tausendmal durchdacht. Jedesmal hatte der Blutzoll sämtliche Vorstellungen überstiegen.
Es war zu spät, einen Erben zu produzieren.
Außerdem hatte er diese Möglichkeit von Anfang an verworfen. Er wußte zuviel von Königen und ihren Kindern. Sie führten ein elendes Leben und warteten darauf, daß sie an die Reihe kamen. Manchmal verschworen sie sich gegen ihre Eltern. Zumeist verschuldeten sie den Untergang des Reiches, das ihre Eltern errichtet hatten. Man mußte sich nur die Bargetas betrachten, um zu erkennen, wie weit die Abweichung von einer Generation zur nächsten ging.
Genug der Abschweifungen. Er mußte sich entscheiden. Wer sollte sein Nachfolger sein? Wem konnte er das Geheimnis von AM2 anvertrauen?
Die Antwort kam sehr schnell: Niemandem.
>Ich muß mich entscheiden, ermahnte er sich.
>Ich habe keine andere Wahl.<
>Es muß eine andere Möglichkeit geben<, widersprach seine innere Stimme beharrlich. >Es muß eine geben.<
>Aber... schließlich ... muß jeder irgendwann einmal sterben.<
>Aber wir sind nicht jeder.< Wieder diese Stimme. >Wir sind etwas Besonderes. Wir wissen etwas, das sonst niemand weiß. Eine großartige, reine Sache, die sonst kein Lebender kennt ... und noch kein Lebender je gekannt hat.<
Kea kämpfte gegen seinen Irrsinn an - denn er war davon überzeugt, irrsinnig geworden zu sein.
Schließlich fiel er in einen tiefen Schlaf. Er trieb dahin. Träumte. Mitarbeiter und Krankenschwestern beobachteten ihn. Ihnen fiel die Gleichmäßigkeit seiner elektronischen Lebenssignale auf.
Dann erwachte er wieder. Erfrischt. Aufmerksam.
Heißhungrig.
Er bestellte ein Frühstück.
Und er wollte Imbrociano sprechen.
Sie beantwortete alle seine Fragen und hörte dann aufmerksam zu, als er ihr seinen Vorschlag unterbreitete. In aller Ruhe. Leidenschaftslos.
"Doch, das könnte ich tun", erwiderte sie. "Ich könnte einen lebenden Körper erschaffen ...
menschliche Form ... genau wie Ihren.
Selbstverständlich gibt es einige theoretische Hindernisse, aber mit dem richtigen Team und ausreichenden Mitteln ... könnte es klappen."
"Werden Sie es tun?" fragte Kea.
"Nein."
"Warum denn nicht, um Gottes willen?"
"Man kann den Tod nicht betrügen, Herr Präsident", antwortete sie. "Und genau das haben Sie vor. Sie müssen begreifen, daß dieses Vorhaben absolut irrational ist. Ich kann eine Kopie von Ihnen herstellen; Sie sozusagen duplizieren. Aber... aber ich kann nichts dafür tun, daß dieser neue Organismus tatsächlich Sie sind."
"Worin besteht der Unterschied?" drängte Kea.
"Wenn er meine Gedanken denkt... mein Wissen hat... meine Motivationen ... identische Zellen ... das ganze Zeug, das mich ausmacht ... dann bin ich es doch! Oder nicht?"
Imbrociano seufzte. "Ich bin keine Philosophin, sondern Ärztin. Ein Philosoph könnte Ihnen den Unterschied sicherlich besser erklären."
"Ich kann Sie sehr reich machen", sagte Kea. "Sie mit Ehrungen überschütten."
"Das weiß ich", antwortete Imbrociano. "Genug, um meine ethischen Überzeugungen über Bord zu werfen. Aber wenn ich bei einem solchen Unternehmen mitmachen würde und auch noch Erfolg hätte ... ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, daß ich damit mein eigenes Todesurteil unterschreiben würde."
"Daran habe ich auch schon gedacht", sagte Kea.
"Wenn Sie jedoch das, was mir vorschwebt, erreichen wollen, wird es ohnehin den Rest Ihres Berufslebens in Anspruch nehmen. Es wird ein sehr gesichertes, sehr sorgenfreies Leben sein. Das garantiere ich Ihnen."
Imbrociano dachte lange nach. Dann sagte sie:
"Wenn ich es
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