Sten 8 Tod eines Unsterblichen
ankommen, an der wir schon einmal gestanden haben? Auge in Auge mit einem weiteren Pyrrhussieg, bei dem alle drauf gehen und keiner gewinnt?
Auf diese Art haben meine Vorfahren, die Jann, immer gekämpft. Es gibt unzählige Geschichten und Balladen, wie wir bis zum letzten Mann und zur letzten Frau durchgehalten haben.
Sehr eindrucksvoll", sagte sie mit vor Sarkasmus triefender Stimme, "und sehr inspirierend für junge Helden. Aber für mich funktionierte es nicht mehr so recht, später, als ich erwachsen geworden war und herausfand, daß wir nicht nur diese Schlachten verloren hatten, sondern sehr oft den ganzen Krieg.
Oder, wie Alex es ausdrücken würde: macht sich gut, taugt aber nix."
Kilgour nickte.
"Das Mädel hat es besser ausgedrückt, als ich es selbst könnte. Ich sage nur: Culloden, damit unser Otho nach der Sitzung was zum Nachschlagen hat."
Sten nickte Alex und Cind zustimmend zu; er erinnerte sich an seinen ersten Ausbilder, einen Kriegsveteranen namens Lanzotta, der gleich am ersten Ausbildungstag der angetretenen
Rekrutenformation erklärt hatte:
"Der eine oder andere General hat einmal gesagt, die Aufgabe eines Soldaten besteht nicht darin, zu kämpfen, sondern zu sterben. Falls einer von euch Pilzflechten es bis zur Prüfung schafft, wird er den Soldaten auf der gegnerischen Seite dabei helfen, für ihr Vaterland zu sterben. (...) Wir bilden Kampfmaschinen aus, keine Verlierer."
"Rykor", sagte Sten. "Logikcheck."
Die Psychologin winkte mit einer Flosse aus ihrem Tank herüber. Sie betrauerte die Manabi, insbesondere Sr. Ecu, mehr als alle anderen.
>Vielleicht<, dachte sie und versuchte den großen Schmerz zu verdrängen, der ihr immer wieder Tränen die ledrigen Wangen hinunterrinrien ließ, vielleicht haben die anderen als erfahrene Soldaten nur schon viel öfter geliebte Wesen verloren als ich.
All die Jahre, die vielen Jahrzehntes dachte sie weiter. >Immer wieder habe ich die blutige Arbeit für den Imperator erledigt, und nur, weil selten ein Leichnam vor mir lag< - ein kurzer Gedankenblitz erinnerte sie an einen Kleinkriminellen, der sich beim Gehirnscan vor ihren Augen in den Tod wand
, >glaubte ich, ich wüßte, wie man mit dem Verlust umgeht.
Lerne daraus, Rykor. Lerne, daß alles, was du predigst, logisch und praktisch sein kann. Aber der nächste Patient, der nicht in der Lage zu sein scheint, die Wahrheit deiner tröstlichen Worte oder deiner Logik zu akzeptieren -
halte ihn nicht für
schwerfällig oder widerspenstige
"Fahr fort, Sten", sagte sie und zwang sich zur Aufmerksamkeit.
"Wenn ich plötzlich von den Toten
wiederauferstehe, werde ich vermutlich eine beachtliche Anzahl von Verbündeten gewinnen, alte und neue. Ignoriere das. Wenn ich aber weiterhin als tot gelte ... wird dann die Verfolgung und Bestrafung meiner ehemaligen Freunde schlimmer ausfallen?
Werden mehr Leben ausgelöscht, als wenn ich den Stein von meinem Grab rolle?"
Rykor dachte intensiv nach.
"Nein", sagte sie schließlich. "Deine Logik ist akzeptabel. Verfolgung ... irrationale Rache, wie sie der Imperator momentan übt ... ist schrecklich. Aber ein offener Krieg fordert weitaus mehr Verluste, inklusive der Unschuldigen."
"Das dachte ich auch", sagte Sten.
"Also gut, Soldaten, hier ist mein Plan", verkündete er dann. "Wir haben den offenen, geradlinigen Angriff ausprobiert, und er hat nicht so richtig funktioniert. Vielleicht war es mein Fehler, denn ich habe noch nie zu den Kriegern gehört, die sich in der prallen Mittagssonne am wohlsten fühlen.
Reflexionen an der Rüstung sind mir ein Greuel, wenn nicht mehr."
Sten war überrascht, daß er schon wieder so etwas wie einen Scherz zuwege brachte. Na schön, es sah also ganz so aus, als würde er die herbe Lektion des Krieges erneut lernen: wer seine Gefallenen zu lange betrauert, wird ihnen bald folgen.
"Diesmal gehen wir die Sache richtig an. Im Dunkeln, im Nebel, von hinten und mit einem Dolch im Ärmel. Und ich denke, daß ein Teil des Plans darin besteht, daß ich weiterhin als tot gelte.
Keine Feldschlachten mehr, Leute, nur noch im äußersten Notfall. Jetzt geht es dem Imperator selbst an den Kragen. Und dieses Mal schnappen wir ihn uns, oder wir töten ihn. So oder so."
Er blickte sich um. Rykor schwieg. Otho legte die Stirn in Falten und grunzte dann seine Zustimmung.
Cind und Alex nickten, ebenso Captain Freston.
"Bin froh, das zu hören, mein Freund. Lang lebe Mantis und so weiter", sagte Alex. "Das paßt ganz gut zu
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