Sten 8 Tod eines Unsterblichen
stechende Gefühl. Jetzt mußte er gegen das Beruhigungsmittel ankämpfen.
Sten stieß den Schleier zur Seite, Zwang das Bild weiterzulaufen. Er hatte hier die Kontrolle, verdammt!
Und die Agonie der Freizeitkuppel 26 schlug wieder über ihm zusammen.
Die Finte.
Aufgebrachte Stimmen. Aufreißer und
Schausteller gehen ihrem Gewerbe nach. Joyboys und Joygirls verstärkt unterwegs, plündern die Taschen der Migs, um Thoresens Schatzkiste damit zu füllen. Es gab noch mehr. Spielautomaten, gurrende Verlockungen. Brabbelnde Betrunkene.
Wachmänner, die mit gezückten Knüppeln in die Menge fahren.
An jenem Tag hielten sich 1.365 Personen in der Pinte auf.
Darunter -
Sten spürte, wie sich seinen Lippen ein Freudenschrei entrang. Da war Amos, sein Vater, und Freed, seine Mutter - und da waren Johs und Ahd, sein Bruder und seine Schwester. Er rief sie.
Doch sie konnten ihn nicht hören.
Hör auf damit, Sten, zischte Rykor. Aber er hörte nicht auf sie. Er konnte es einfach nicht... denn er wußte, was als nächstes geschehen würde...
Sten versuchte erneut, seiner Familie etwas zuzurufen. Angst erfaßte ihn, seine Stimme verebbte zu einem Flüstern. Er sah, wie sie die Pinte betraten, sah, wie sich die großen Türen des Foyers hinter ihnen schlössen.
Er stand da. Wie erstarrt. Wartete.
Mehr Stimmen.
"Dann weg mit Sechsundzwanzig", sagte Thoresen.
"Aber ... da sind an die vierzehnhundert Leute", protestierte der Tech.
"Sie haben Ihre Befehle."
Hochdruckbolzen zündeten rings um die
Wandverkleidungen der Kuppel.
Stens Körper wand sich auf dem
Untersuchungstisch. Rykor saß vor den Konsolen des Gehirnscanners und konnte nur hilflos zusehen.
Wenn sie jetzt eingriff, würde sie so viel Schaden anrichten, daß Sten Glück haben würde, wenn er dabei starb.
Sten zuckte erneut zusammen, als er das taifunartige Fauchen der ins All entweichenden Luft hörte. Und er war gezwungen zuzusehen, saß in der Falle seines eigenen närrischen Selbst, als
Fast wie in Zeitlupe erfaßte der saugende Hurrikan die Bartheken und Sitzecken der Pinte mitsamt den Leuten und spie sie durch die Löcher hinaus in die Schwärze des Alls.
Er hörte die Stimme des Techs: "Ist ja gut. Es waren doch nur Migs."
Dann der Cheftech: "Stimmt auch wieder. Nur Migs, nichts weiter."
Sten schluchzte.
Rykor bearbeitete ihn mehrere Stunden lang, wobei sie all ihre psychiatrischen Fähigkeiten und ihr ganzes Arsenal an Pharmazeutika einsetzte, um ihn wenigstens einigermaßen wieder in die Normalität zurückzuholen.
Dann schickte sie ihn wieder zurück. In die Zeit nach dem Alptraum der Geschehnisse in der Pinte.
Zurück zu Projekt Bravo.
Und zu dem Geheimnis, für das Thoresen selbst später gestorben war.
Das Geheimnis synthetischer AM2.
Sten wickelte sich eng in eine Decke. Er war schweißgebadet, doch er fror trotzdem. Er fühlte sich, als hätte man ihn aufgeschnitten, ausgeweidet und weggeworfen.
Er nahm den Becher von Rykor entgegen und schlürfte eine dicke, heiße, nahrhafte Brühe. Rykors Flosse berührte einen Regler, und leise Musik ertönte. Entspannungsmusik. Er schloß die Augen und ließ sich lange von der Musik überfluten.
Dann machte er die Augen wieder auf und trank erneut. Er sah, wie ihn Rykors große, mitfühlende Augen aufmerksam beobachteten.
Sten verzog das Gesicht. "Nie wieder", krächzte er.
"Es tut mir leid, mein lieber Freund", sagte Rykor. Ihre volle Stimme verlieh den leeren Worten echte Bedeutung.
"Mir auch", sagte Sten. "Wenigstens ... wissen wir jetzt Bescheid. Es ist möglich, AM2 künstlich herzustellen ... Und wir haben die Formel und die Versuchsanordnung. Ich bin zwar kein Chemiker, aber es hört sich an, als sei es ziemlich kompliziert und höllisch teuer. Doch was soll's? Bei entsprechenden Mengen sinkt der Preis."
Er hielt inne und überlegte.
"Und das wird dieses ganze verdammte Universum auf den Kopf stellen, oder nicht?"
"Was hast du mit diesen Wissen vor?" erkundigte sich Rykor.
"Ich weiß es noch nicht genau", sagte Sten. "Jetzt sieht sehr vieles ganz anders aus."
Er hob seine müden Augen und sah Rykor bittend an: "Sag jetzt noch niemandem etwas davon. Ich brauche Zeit zum Nachdenken."
Rykor betrachtete ihn. Überlegte. >Er ist mein Freund. Ein zuverlässiger Freund. Aber einige Geheimnisse sind wie Würmer, die alles zernagen und das Gute verderben.<
"Wenn mir etwas zustößt", sagte Sten, "bist du im Besitz aller Informationen. Tu damit, was du für richtig hältst."
"Na
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