Sten 8 Tod eines Unsterblichen
Für die Bhor ist die Zeit gekommen, sich zu verändern."
Und mehr wollte Otho Cind nicht sagen.
Am nächsten Tag bei Sonnenuntergang trafen die Bhor ein, einzeln und in Gruppen; "tröpfelten herein" wäre vielleicht der richtige Ausdruck gewesen, aber Erdbeben sind nun mal nicht flüssig.
Es gab nur eine Handvoll Menschen -
die
ausnahmslos aus dem Lupus-Cluster stammten und hohe Dienstgrade in der militärischen Hierarchie der Bhor bekleideten -, die sich in dieser Enklave aufhalten durften; Cind war eine von ihnen. Sie trug, genau wie die anderen, ihre volle Kampfausrüstung.
Otho hatte die großen Tische für ein Bankett aufstellen lassen; eine Vielzahl von Beistelltischen hielten kalte Grillspezialitäten und Gerichte für später Ankommende bereit. Alles war bereits mundgerecht vorgeschnitten, denn jede
scharfkantige Waffe würde eine Diskussion unter den Bhor nur noch weiter anheizen.
Riesige Fässer mit Stregg waren in strategischen Abständen und in Reichweite der Bänke
bereitgestellt worden.
Bei Einbruch der Dunkelheit wurde das Thema formell durch den Ältestenrat der Bhor
bekanntgegeben: Sollten sich die Bhor gegen das Imperium aussprechen? Und wenn ja, sollten sie dann eine offene Unabhängigkeits-und
Kriegserklärung abgeben, oder lediglich Sten ihre volle Unterstützung gewähren, Unschuld
vortäuschen und jeden, der auf einem Fahndungsfoto erschien, als Überläufer brandmarken?
Mit diesem untergeordneten Thema waren sie schnell fertig. Trotz des hemdsärmeligen Stils, der die Bhor kennzeichnete, waren sie keine Dummköpfe. Die reine Aufzählung der Größe der Imperialen Flotten, das Wissen um die Existenz von Planetenkillern und die große Wahrscheinlichkeit, daß der Imperator auch willens war, diese Waffen einzusetzen, ließen ein Schaudern durch die große Halle gehen.
Sogar der tapferste Krieger hatte vielleicht eine Kameradin samt Nachwuchs und hoffte, daß es nach geschlagener Schlacht noch ein Heim gab, zu dem er zurückkehren konnte.
Dann wurde das wichtigste Thema
bekanntgegeben.
Bis Mitternacht waren verschiedene Punkte diskutiert worden:
War es klug, wenn sich die Bhor überhaupt in irgend etwas verwickeln ließen, bei dem ein menschliches Wesen das Sagen hatte?
War Sten tatsächlich ein menschliches Wesen oder ein wiedergeborener Bhor in einem
schwächlichen Körper?
War Alex Kilgour ein Bhor? (Diese Frage wurde mittels donnerndem Beifall eindeutig beantwortet.) Was war die beste Art, gefrorene Arschbacken aufzutauen?
Falls der Krieg gegen den Imperator aus irgendeinem Grunde nicht stattfinden würde, sollte man dann nicht gleich jemand anderem den Krieg erklären, da die neuen Krieger noch unerfahren wie Säuglinge waren?
Gab es auf der Halbinsel W'lew noch wilden Streggan?
Konnte man auf der Halbinsel W'lew besser fischen als in der C'lone Bay, vorausgesetzt, man fand dort keinen wilden Streggan?
Ließen sich die Probleme mit dem Imperator vielleicht in einem alles entscheidenden Duell auf Leben und Tod mit einem ausgewählten Bhor-Krieger lösen?
Sechs Tische gingen zu Bruch, zwei auf Bhor-Schädeln. Zwölf Krieger mußten ins Krankenhaus eingeliefert werden. Cind hatte ein blaues Auge und eine schmerzende Handfläche von einem schlecht gezielten spontanen Gegenargument. Fünf vielversprechende Herausforderungen zum Duell waren ausgesprochen worden. Sieben Krieger hatte man zur Ausnüchterung durch das Fenster hinaus in den Schnee geworfen.
Die Bhor hatten gerade erst angefangen - dies war das erste große Problem seit mehreren Jahren, und es konnte eine Woche dauern, bevor es gelöst war, vorausgesetzt natürlich, daß ausreichend Stregg vorhanden war und sich genügend diskussionsfähige Bhor aufrecht hielten.
Otho hatte genug.
Die Ältesten hatten bereits versucht, den Dialog zu Othos Gunsten zu manipulieren, allerdings ohne Erfolg. Otho wartete, bis Iv'r sich in der Mitte seines Redeschwalls befand, überraschend nahe am Thema übrigens, einem Ausfall gegen die Imperiale Garde, deren beste Soldaten keine würdigen Gegner für die Bhor sein konnten, ganz gleich, wie zahlenmäßig überlegen sie auch sein mochten.
Iv'r, ein langjähriger Freund Othos - Otho hatte ihn einst bei einem Dauerstreit über die Verwaltung einer umstrittenen arktischen Oase geschlagen -, sah, wie dieser zärtlich seinen Bart strich, wußte, was Otho als letzten Ausweg wählen würde und gab den Ring für einen "Antrag zur Tagesordnung" frei.
Was bedeutete, daß er einen
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