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Stephane Hessel - ein gluecklicher Rebell

Stephane Hessel - ein gluecklicher Rebell

Titel: Stephane Hessel - ein gluecklicher Rebell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Fluegge
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Mädchen- und Liebesroman
Begegnung auf dem Heimweg
(1936 in Wien erschienen) er allerdings keine Spuren hinterließ. Helen glaubte, Stéphane in Liebesdingen Ratschläge geben zu müssen, etwa den, dass er zunächst mit einem älteren Mann zusammen sein müsse, dass er eine Art »sokratische Erfahrung« brauche. Jahre später kommentierte Stéphane dieses Ansinnen ironisch: »Das ist mir irgendwie nicht gelungen.«
    Auch eine andere Liebesmanipulation misslang Helen gründlich. Eine Kollegin aus der Modebranche, die BelgierinJeanne Nys, war Redakteurin bei der Zeitschrift
Jardin des modes
. Ihre Schwester Maria hatte den englischen Schriftsteller Aldous Huxley geheiratet. Aus einer geschiedenen Ehe mit dem Bühnenbildner René Moulaert hatte Jeanne eine Tochter, Sophie, die Helen als künftige Schwiegertochter geeignet erschien. Aber wie in einem Theaterstück verliebte sich Stéphane in die »Falsche«, nämlich in die Mutter. Eine Zeitlang lebte er eine Romanze mit Jeanne, die 17 Jahre älter war als er, unternahm mit ihr tagelange Wanderungen von Paris aus immer nach Süden, verbrachte mit ihr längere Zeit in Sanary-sur-Mer, wo die Huxleys seit 1930 wohnten, machte mit ihr eine lange Reise an die dalmatinische Küste. Die Fahrt über Venedig bis nach Kroatien erfolgte mit dem Fahrrad. In Montenegro erlebten sie ein anderes illegitimes Paar, das begeistert empfangen wurde: den Prince of Wales und Miss Simpson. Jeanne sorgte für Stéphanes erotische Erziehung. »Ich verdanke ihr mehr, als ich sagen kann. Vor allem die Erkenntnis, dass die Liebe eine Kunst ist.« 1939 heiratete Jeanne den französischen Schriftsteller Georges Neveux. Deren gemeinsame Tochter Noële lernte Stéphane nach dem Krieg kennen, als sie bei der UNESCO arbeitete.
    Sanary wurde zum schicksalhaften Ort für die Hessels. Schon im August 1933 war Helen mit Stéphane und Charlotte Wolff in diesen Hafen an der Côte d’Azur gereist, in dem sich prominente deutsche Dichter als Emigranten aufhielten, unter ihnen Thomas Mann, der sie in seinem Sommerhäuschen La Tranquille empfing und in seinem Tagebuch verewigte, und Lion und Marta Feuchtwanger, in deren Berliner Haus am Grunewald Franz und Helen im Januar 1932 einmal zu Gast gewesen waren.
    In Sanary traf Helen auch Sybille von Schoenebeck auf der Straße, deren Mutter eine alte Bekannte von ihr war. Sybille empfahl ihnen eine Pension und lud sie abends zu einer Party ein, zu der sich illustre Gäste einfanden: Thomas und KatiaMann, Klaus Mann, Heinrich Mann, William Seabrook, Aldous und Maria Huxley. Helen und Stéphane wurden auch in die Villa von Aldous Huxley eingeladen, die 1939 noch einmal bedeutsam im Leben der Hessels werden sollte.
     
    Ein Emigrant war inzwischen auch Stéphanes Bruder Ulrich. Er hatte nach 1933 beim Rowohlt Verlag in Berlin eine Lehre begonnen, wirkte dort als Mädchen für alles. Auch der Vater hielt in Berlin aus. Beide glaubten, dass sie am Gang der Dinge durch ihr bloßes Ausharren etwas verändern könnten. Ulrich sah erst 1935 ein, dass es keine Zukunft für ihn in Deutschland gab. Er, der sich als Deutscher empfand und sich in Frankreich nicht wohl fühlte, musste zurück nach Paris. Zumindest hatte er dort Familie, war trotz allem »bei sich«.
    Franz Hessel wollte »das Schicksal der Berliner Juden teilen«, wie er sagte. Ahnte er, wie dieses Schicksal aussehen würde? Ernst Rowohlt hat seine jüdischen Lektoren, Franz Hessel und Paul Mayer, so lange gehalten, wie er dem Druck der Reichsschrifttumskammer trotzen konnte. Als der Verlag 1938 gezwungen wurde, seine Tore zu schließen, und der Verleger mit seiner Familie nach Südamerika auswich, als die Lage in Deutschland immer bedrohlicher wurde, machte sich Helen Sorgen um ihren Mann, denn das war Franz trotz allem geblieben. Sie fuhr nach Berlin, ausgestattet mit Empfehlungsschreiben von französischen Autoren, und überzeugte Franz, nach Paris zu kommen. Nur eine Woche später erlebten Deutschland und Österreich wilde Pogrome und Brandschatzungen in der sogenannten Kristallnacht. Franz war noch rechtzeitig entkommen, dank Helens Engagement. Sie selbst kehrte noch einmal nach Berlin zurück und wurde am 9. November Augenzeugin der politisch gewollten Zerstörungen, des mörderischen Angriffs der Regierung auf einen Teil der Bevölkerung. Sie schrieb einen Augenzeugenbericht, den sie einem amerikanischen Journalistengab, und brach schleunigst nach Paris auf. Fortan schrieb sie nicht mehr für deutsche

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