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Stephane Hessel - ein gluecklicher Rebell

Stephane Hessel - ein gluecklicher Rebell

Titel: Stephane Hessel - ein gluecklicher Rebell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Fluegge
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verbaler Radikalität schick finde. Ihn, Finkielkraut, störe, dass Hessel die Résistance zum zeitlos gültigen Paradigma erhebe und dass er sich so in der Frage Israel festbeiße. Das Bild, das er vom Nahostkonflikt entwerfe, sei von kindischer Schlichtheit. Die Hamas wolle ja keinen eigenen Staat neben einem jüdischen Staat, es gehe ihr darum, ein Emirat Palästina zu errichten, in dem es keinen Platz mehr für Israel gebe.
    Gegen solche Kritik verteidigte Régis Debray den Autor von
Empört Euch!
. Dieser sei kein Feind Israels, sondern habe ein idealistisches Bild vom jüdischen Staat, an dem er festhalten wolle. Es enttäusche ihn, dass Israel seinen eigenen Werten untreu werde. Niemals habe er Israels Existenzrecht angezweifelt, das sei eine böswillige Unterstellung. Hessel sei jemand, der geradezu genetisch unfähig sei zu Hass, das sei nicht sein Register. Sein Anliegen sei es gewesen, die diffuse Unzufriedenheit und den resignativen Zynismus zu überwinden und die Lust am Handeln, am Verändern, an der Einmischung wiederzubeleben, und das habe er doch erreicht.
     
    Auch die deutsche Presse hat ihren Teil zum Erfolg beigetragen. Hier war das Echo weit weniger kontrovers als in Frankreich. Den Anfang machte im Januar 2011 die
Frankfurter Allgemeine Zeitung
mit mehreren Artikeln von Jürg Altwegg und Joseph Hanimann. Hier fiel schon die »Vorentscheidung«, den Titel von Hessels Broschüre wiederzugeben mit
Empört Euch!
. Und auch hier ging man auf seine Kritik an Israel ein.
    Hessel sagte: »Ich mag ein schlechter Jude sein, denn ich gehe nicht in die Synagoge. Ich lasse mir aber von niemandem meine Kritik an der Politik Israels verbieten.« Er habe die Gründung Israels stets begrüßt und die Gewalt auf arabischer Seite bis zum Sechstagekrieg abgelehnt; er bedaure aber, dass sich Israel seit 1967 immer tiefer in einen »militärischen und moralischen Überlegenheitswahn« verrannt habe (FAZ 20.   1.   2011).
    Im
Stern
vom 23. Januar 2011 wurde Stéphane Hessel als Frankreichs neue Kämpferfigur vorgestellt. »Erfolgsautor Stéphane Hessel hat den Zeitgeist getroffen. Mit seinem Revolutionsmanifest ist der 93-Jährige so eine Art französischer Robin Hood geworden. Hessel ist kein gefährlicher Wegelagerer wie der Held aus der englischen Sage, auch raubt er keine Reichen und Großkapitalisten aus. […] (Er protestiert) gegen soziale Ungerechtigkeit, Fremdenhass, die Gier der Finanzwelt und die Verletzung der Menschenrechte. Hessel scheint den Nerv der Franzosen getroffen zu haben, deren Unmut gegen die Politik des eigenen Landes stetig zunimmt.«
    Als im Februar 2011 Hessels Broschüre auf Deutsch erschien, von Michael Kogon übersetzt, wurde Stéphane Hessel in die Talkshow des Moderators Reinhold Beckmann eingeladen, ein Höhepunkt seiner Medienpräsenz in Deutschland (21.   2.   2011,
ARD
). Da die Sendung am Montag nach der Bürgerschaftswahl in Hamburg stattfand, hatte man Klaus von Dohnanyi als weiteren Gast eingeladen.Hessel war verbindlich, freundlich, wohlwollend – wie immer. Wer ihn nicht kannte, wird sich gewundert haben, dass Empörung so gar nicht sein Genre ist; schon gar nicht Wut, wie die Fehlbenennung »Wutbürger« suggeriert. Man redete über Diplomatie, über die Frage, ob man mit Diktatoren verhandeln dürfe und, wenn ja, in welcher Weise. Und natürlich ging es auch um Hessels Leben und um seine Einstellung zum Glück, aber auch zum Tod. Der Rilke-Kenner Hessel äußerte sich souverän und unbefangen zu diesem Thema, wie er überhaupt vor keiner Frage Angst zu haben scheint. Jede Provokation, jede Versuchung wird lächelnd und geschmeidig aufgefangen und auf seine Mühlen umgeleitet. Der Tod schüchtert ihn nicht ein, nicht als Thema, nicht als Phänomen. Wichtig sei ihm, dass am Ausklang seines Lebens das Wort »Ende« erscheine wie der Schlusspunkt eines schönen Romans oder Films.
    Er hatte auch keine Probleme, von metaphysischen oder persönlichen Fragen zu politischen Themen überzugehen, so sehr ruht bei ihm alles in einer kohärenten Persönlichkeit, die jede Anmutung aus ein und derselben Grundhaltung aufnimmt. Nie hatte man so sehr das Gefühl, es mit einem Philosophen zu tun zu haben wie in dieser Sternstunde des Fernsehens. Dagegen konnten sich die anderen Gäste nur schwer behaupten. Im späteren Verlauf der Sendung kam Daniel Domscheit-Berg hinzu, Mitbegründer von Wikileaks und späterer Kritiker von Julian Assange. Er kritisierte die Methoden seines einstigen

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