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Sterben auf Italienisch - Ein Aurelio-Zen-Roman

Titel: Sterben auf Italienisch - Ein Aurelio-Zen-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Dibdin
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breit an und begann dann wieder, an seinem dünnen Spitzbart zu fummeln. Gheorghe Alecsandri hatte derweil die beiden Artefakte auf dem Tisch mit Hilfe diverser Instrumente betrachtet, die er aus seiner sperrigen Reisetasche nahm, die er aus dem winzigen Zimmer mitgebracht hatte, in dem man ihn für die Nacht untergebracht hatte. Er untersuchte jedes Stück sehr ausgiebig, erst mit dem bloßen Auge, dann mit mehreren Vergrößerungsgläsern, die in Schutzhüllen steckten, schließlich unter einem kleinen Mikroskop, das exakt in ein Lederkästchen passte. Das tiefe Schweigen, das seit dem Wortwechsel zwischen Jake und Martin im Raum herrschte, schien ihn nicht zu stören. Schließlich stellte er beide Stücke wieder auf den Tisch, lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und seufzte tief.
    »Ja«, sagte er.
    »Sie sind echt, the real McCoy, wie man bei uns sagt?«, drängte Martin.
    Der Rumäne sah ihn mit einem Blick an, den Martin besser verstand als Jakes Blick, der ihm aber überhaupt nicht gefiel. Es wurde Zeit, dass er an genügend Geld kam, um sich davon loszukaufen, dass man ihn so ansah. So wie man seine Lebenssituation ändern würde, wenn man in einem Haus ohne Aufzug an der Autobahn wohnte und im Lotto gewonnen hatte.
    »Ich verstehe nicht, was schottischer Whisky damit zu tun hat«, erwiderte Alecsandri.
    »Beantworten Sie die Frage!«, fuhr Martin ihn an.
    »Sie sind ziemlich sicher echt, vermutlich von einem griechischen Kunsthandwerker oder von jemandem, der mit dieser Tradition vertraut war, für einen römischen Auftraggeber angefertigt.«
    Martin sah zu Jake, doch der starrte auf den leeren Bildschirm des Fernsehers und schien nicht zuzuhören.
    »Sie sind sicher?«, insistierte er.
    »Absolut sicher kann man da nie sein. Gold ist ein metallisches Element. Man kann es nicht mit der Karbonmethode datieren, es sei denn, es enthält organische Verunreinigungen, was ich in diesem Fall sehr stark bezweifle.«
    »Wann wurden die Stücke gemacht?«
    »Das ist rein spekulativ. Aufgrund des Stils würde ich am ehesten auf das zweite Jahrhundert nach Christus tippen. Sicherlich nicht später als drittes Jahrhundert.« Er begann, seine Instrumente einzupacken. »Ich könnte noch hinzufügen, falls dieser Aspekt für Sie von Interesse sein sollte, dass es sich um exquisite Stücke handelt, die sehr wenige Abnutzungserscheinungen aufweisen. Möglicherweise wurden sie als reine Schaustücke benutzt, während man von billigen, im Ofen gebrannten Tellern aß, die irgendwann wie die von Rob, dem Kollegen Ihres Freundes, auf einer dieser Mülldeponien gelandet sind, die sich in der Vergangenheit als sehr nützlich für Archäologen erwiesen haben, wie sie es auch zweifellos für diejenigen sein werden, die unsere seltsamen Bräuche in der Zukunft erforschen.«
    Er warf einen letzten Blick auf die beiden goldenen Objekte, dann stand er auf. »Ziemlich einzigartig und unbeschreiblich wertvoll«, sagte er. »Würden sie der Institution, für die ich arbeite, zum Verkauf angeboten, würde ich nicht im Geringsten zögern, den Direktoren zum Erwerb zu raten.« Er sah Martin mit einem eisigen Grinsen an. »Aber ich bin nicht dumm genug, um zu glauben, dass so etwas passieren könnte.«
    »War schön, mit Ihnen Geschäfte zu machen, George!«, erwiderte Martin. »Sehen Sie zu, dass Sie noch ein bisschen Schlaf kriegen. Mein Fahrer bringt Sie morgen rechtzeitig für Ihren Rückflug zum Flughafen. Danke, dass Sie gekommen sind. Wir wissen Ihren Input zu schätzen.«
    Als die Tür hinter dem Rumänen zugefallen und abgeschlossen worden war, wandte sich Martin an Nicola Mantega. »Okay, das Zeug ist in Ordnung. Was haben Sie sonst noch?«
    Nachdem er sich Toms Übersetzung angehört hatte, zuckte Nicola Mantega merkwürdig feminin mit den Schultern. »Ich bin bloß der Unterhändler. Die haben mir auch nicht mehr gezeigt als das, was jetzt auf dem Tisch steht. Aber wenn Sie an etwas ganz Bestimmtem interessiert sind …«
    »Sind wir. Genauer gesagt an einer einzigen Sache. Wenn Ihre Freunde die nicht liefern können, gibt es keinen Deal.«
    »Das sind nicht meine Freunde, signore , aber ich kann mich natürlich erkundigen. Selbstverständlich diskret angesichts der äußerst vertraulichen Natur dieser ganzen Transaktion. Beschreiben Sie mir doch bitte den gewünschten Gegenstand ein wenig genauer.«
    Jake warf Martin einen Greta-Garbo-Blick zu und latschte, in Leetspeak vor sich hin murmelnd, ins Schlafzimmer. Martin Nguyen

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