Sterben auf Italienisch - Ein Aurelio-Zen-Roman
Cremona immer noch Fiedeln wie im siebzehnten Jahrhundert herstellen. Und was für die Instrumentenbauer in Bisignano gilt, gilt auch für viele andere Handwerker, unter anderem die Goldschmiede. Sie mögen uns vielleicht als dumme Provinzler betrachten, dottore , doch unsere Isolation hat sich in dieser Hinsicht für uns als Vorteil erwiesen. Wenn wir erst einmal wissen, was genau diese Leute wollen, kann kurzfristig diskret eine brauchbare Nachbildung angefertigt werden.«
»Sehr schön, aber Giorgio wird höchstwahrscheinlich erst in Erscheinung treten, wenn das Geld übergeben wird. Wie und wann genau wird das stattfinden?«
»Ich werde eine Variante der Vorgehensweise benutzen, wie sie für Lösegeldzahlungen bei Entführungen üblich ist.«
Zen musterte Mantega in einer Weise, die dessen bisherigen Hochmut sofort in sich zusammenfallen ließ.
»Ah! Ich hatte schon die ganze Zeit vermutet, dass Sie sich mit so etwas auskennen.«
Mantega musste heftig schlucken. »Dieser Fall liegt natürlich anders. Bei einer Entführung sind die Gefühle der Familie ein wichtiger Faktor. Manchmal sind die Leute sogar bereit zu zahlen, ohne die Geisel vorher gesehen zu haben. Das trifft hier nicht zu. Bezahlung und Übergabe der Ware müssen hier auf jeden Fall gleichzeitig geschehen, damit beide Seiten sich vergewissern können, dass alles in Ordnung ist. Ich werde als geeigneten Ort dafür meine Villa vorschlagen, und ich garantiere Ihnen, dass Giorgio da sein wird. Wenn es um große Geldbeträge geht, traut Giorgio niemandem außer sich selbst.«
Passenderweise fuhren sie gerade über die Ponte Alarico zurück in die Stadt. Von dort war Mantegas Kanzlei leicht zu Fuß erreichbar. Zen bat den Fahrer, anzuhalten und seinen Fahrgast aussteigen zu lassen.
»Sie haben achtundvierzig Stunden Zeit, ein Treffen mit Giorgio zu arrangieren«, sagte er. »Danach nehme ich Sie wieder in Haft und setze meine Arbeit mit anderen Mitteln fort. Und kommen Sie bloß nicht auf die Idee, mich auch nur in einem einzigen winzigen Punkt zu hintergehen. Sie sind mitschuldig an der Entführung und Ermordung eines amerikanischen Staatsbürgers. Giorgio könnte vielleicht auf die Idee kommen, Sie umzubringen, aber ich werde meine Kontaktperson beim US-Konsulat in Neapel anrufen und dafür sorgen, dass Sie dorthin gebracht werden, wo auch immer die heutzutage foltern lassen.«
50
Gheorghe Alecsandri traf an diesem Abend kurz nach neun mit einem Flugzeug aus Rom ein. Als die Passagiere herauskamen, wartete Martin Nguyen mit seinem Fahrer, der ein Schild mit dem Namen des Rumänen in großen Blockbuchstaben hochhielt, in der Halle. Martin hatte so halb ein exotisches Wesen aus der kaukasischen Steppe erwartet, mit bestickter Leinenbluse, schlabberiger schwarzer Hose und kniehohen Stiefeln, doch sein Mietling war von all den Kalabriern, die nach einem geschäftigen Tag in der Hauptstadt aus dem Flugzeug stiegen, nicht zu unterscheiden.
Sobald sie im Auto saßen, zog Martin einen Umschlag hervor und überreichte ihn ihm. »Ihr Honorar, Doctor Alecsandri.«
Da machte der Gelehrte den ersten Fehler, wenn er die Absicht gehabt hätte, als einer der hiesigen Pendler durchzugehen. Er zeigte ein warmherziges Lächeln, das offenbar auch aufrichtig gemeint war.
»Bitte nennen Sie mich George«, sagte er in tadellosem Englisch.
Martin bemerkte beifällig, dass er sofort den Umschlag öffnete, das Bündel Hundert-Euro-Scheine herausnahm und zählte. Nguyen respektierte Vorsicht.
»Sie möchten also, dass ich meine Meinung über einige Altertümer abgebe«, sagte Alecsandri. »Darf ich nach der Herkunft der Stücke fragen?«
»Nein.«
»Ah. Dann darf ich wohl auch nicht fragen, was Ihr Interesse bei der Sache ist, Mr …«
»Das ist richtig.«
Alecsandri blickte zur Seite. Martin kam der Gedanke, dass er sich vielleicht ein bisschen zu kurz angebunden angehört haben könnte, einen Tick zu amerikanisch. Aber Geschäft war Geschäft, und der Kerl war bereits bezahlt worden, verdammt noch mal. Andererseits wusste Martin, dass Europäer furchtbar empfindlich sein konnten, was ihre geliebten guten Manieren betraf, und er musste sich den Kerl vorläufig gewogen halten.
»Die Sache ist die, George, dass ich für einen Freund agiere«, sagte er mit einer so herzlichen Geste, wie er sie aufgrund seines Naturells überhaupt zustande bringen konnte. »Die fraglichen Stücke wurden ihm von einer dritten Person zum Verkauf angeboten. Mein Freund ist
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