Sterben auf Italienisch - Ein Aurelio-Zen-Roman
spezialisiert hat, und zwar mit Hilfe von Radargeräten, deren Strahlen in den Boden dringen. Sie suchen nach allem Möglichen, von kartographisch nicht erfassten Abwasserleitungen bis hin zu Militärbunkern und archäologischen Überresten. Hast du vor, unterirdisch zu filmen, Luciano?«
»Nicht bevor man mich dort eingebuddelt hat.« Pippo kam mit einem randvollen Glas zurück. Sein Herr und Meister stürzte den Inhalt in einem Zug hinunter und verlangte ein weiteres Glas.
»Damit stellt sich die Frage, weshalb die deinen Film als Vorwand für ihre Aktivitäten benutzen«, fuhr Marcello fort.
»Und wie sie überhaupt von dem Filmprojekt erfahren haben.«
»Zum Glück hat der von mir engagierte Detektiv auch einen Blick in das provisorische Büro geworfen, das sie auf dem Gelände aufgestellt haben. In einem der Räume hängt eine riesige Karte von der Gegend um Cosenza an der Wand, auf der unten ein kleiner Aufdruck ist, der detaillierte Angaben über den Auftrag enthält. Das Kästchen für den Namen des Auftraggebers enthält die Worte ›Rapture Works‹.«
Es folgte ein längeres Schweigen.
»Es sieht allmählich so aus, als hätte Jeremys Agent Recht gehabt«, fuhr Marcello schließlich fort. »Ich fürchte, man hat uns reingelegt.«
Luciano Aldobrandini nahm seinen zweiten Singapore Sling entgegen, ohne es überhaupt zu bemerken. »Aber warum sollten die das tun?«, wandte er ein. »Das ganze Geld, das sie bereits ausgegeben haben, ganz zu schweigen von dem Prozessrisiko. Wir werden die doch verklagen?«
»Kommt drauf an. Wir müssen ihnen eine Täuschungs- und Betrugsabsicht nachweisen können.«
»Aber wenn die nur irgendwelche Untersuchungen aus der Luft machen wollten, warum mussten sie mich dann in die Sache hineinziehen?«
»Ich habe keine Ahnung. Aber du darfst nicht vergessen, dass Rapture Works darauf bestanden hat, dass der Film in Kalabrien gedreht wird. Es könnte ja vielleicht sein, dass die zwei verschiedene Projekte am Laufen haben, die aus irgendeinem Grund gekoppelt sind. Doch bisher wissen wir gar nichts.«
»Ich werde das rauskriegen!«
Luciano scrollte sein Adressbuch durch, bis er auf den Namen Martin Nguyen stieß, doch die Nummer war besetzt und blieb es auch mehr als fünf Minuten lang. Schließlich erlag er der roboterhaften Sirenenstimme, die sich jeweils nach dem zehnten Klingeln einschaltete, und hinterließ eine Nachricht. Plötzlich wurde sein Blick von dem Bildschirm angezogen, auf dem wieder ein TV-Programm lief, allerdings ohne Ton. Dort war ein Mann auf einem Podium zu sehen, der in ein Mikrofon sprach. In einem Fenster rechts oben stand »Letzte Meldung«, und der Anlass war offensichtlich eine Pressekonferenz. Normalerweise hätte Luciano den Kanal gewechselt, doch irgendetwas an der großen, hageren, kantigen Gestalt sprach ihn an, insbesondere das Gesicht. Es vergingen noch einige Sekunden, bis ihm klar wurde, dass dieser Mann ohne die moderne Kleidung - stattdessen in einem angemessen attraktiven Gewand, nicht zu gewagt, aber trotzdem ein wenig verführerisch, und mit längeren, ungepflegten Haaren - sogar noch mehr als der viel beweinte Jeremy seinem Idealbild des Johannes von Patmos entsprach. Die Bildzeile rechts unten besagte, dass es sich um den Polizeichef der Provinz Cosenza handelte. Luciano griff nach der Fernbedienung und schaltete den Ton an, nur um zu hören, ob die Stimme des Mannes genauso gut war wie seine erstaunliche Physiognomie.
»… die sterblichen Überreste des amerikanischen Anwalts Peter Newman entdeckt haben, der inzwischen als Angehöriger der Familie Calopezzati identifiziert wurde und somit ursprünglich aus Kalabrien stammte. Dem Opfer wurde von einer per Fernzündung ausgelösten Plastiksprengladung der Kopf weggerissen. Forensische Tests haben ergeben, dass der verwendete Sprengstoff identisch war mit dem, der letzte Nacht beim gewaltsamen Eindringen in ein Haus in dem neuen Dorf von Altomonte hier in der Nähe eingesetzt wurde. Dabei wurde der capofamiglia Antonio Nicastro angeschossen, als er versuchte, seinen neunjährigen Sohn Francesco zu schützen, dem anschließend die Zunge mit einer Rasierklinge abgeschnitten wurde. Die beiden Ereignisse stehen ganz klar in einem Zusammenhang, und wir bitten jeden, der irgendwelche Informationen besitzt, die uns weiterhelfen könnten, sich umgehend zu melden und …«
Luciano schaltete den Fernseher aus. Du lieber Gott, dachte er, und dort wollte ich Monate verbringen, um mein
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