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Sterben War Gestern

Sterben War Gestern

Titel: Sterben War Gestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Waffender
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ihre zittrigen Hände den Flaschenhals an ihren Mund und sie wusste, sie würde den Inhalt trinken, ganz gleich, was es wäre.
    Mit einem Kennerinnenblick stellte die Kommissarin aus Berlin am nächsten Morgen fest, dass sich keine Kollegen im Haus befanden: Wenn Polizei in der Nähe war, verhielten sich Menschen anders. In die Klinik war wieder ein wenig Ruhe eingekehrt und Inge Nowak hatte sich noch am Vorabend vor dem Einschlafen fest vorgenommen, den Fall Esser mitsamt dem merkwürdigen Verschwinden von Ellen Weyer ad acta zu legen. Sie war nicht hier, um Mörder zu stellen, sondern sich selbst. Und zwar ihren Problemen.
    Als sie an ihren Tisch kam, saß Manuela, die Hüfte, dort.
    „Ich hab mich mal umgesetzt, wenn das für dich okay ist. Ich halte das an meinem Tisch nicht mehr aus“, begrüßte sie Inge und biss in ein Frühstücksbrötchen.
    „Klar“, antwortete Inge und versuchte ihren Widerwillen zu verbergen. Sie wäre lieber mit Ewald alleine geblieben. Nun musste sie entscheiden, ob sie ihm gegenüber und neben ihr oder neben ihm und ihr gegenüber Platz nehmen sollte. Davon war sie so überfordert, dass sie auf dem Absatz kehrt machte und zum Buffet ging, um sich erst einmal einen Kaffee zu holen.
    Wenn ich mich neben Ewald setze, dachte sie dabei, muss ich Manuela die ganze Zeit ansehen. Sie wird dann bestimmt öfter mit mir ein Gespräch anfangen wollen. Wenn ich mich Ewald gegenüber setze, was ich viel lieber täte, habe ich weniger Platz und sie sitzt direkt neben mir. Ewald tut das im umgekehrten Fall zwar auch, aber bei ihm stört es mich nicht so. Weil er ein Mann ist? So in Gedanken vertieft, merkte sie gar nicht, dass sie einen Löffel Zucker nach dem nächsten in ihren Kaffee schippte, bis er plötzlich überschwappte.
    „Scheiße“, sagte sie und sah aus dem Augenwinkel, wie Anita hinter ihr sie kritisch beäugte. Ohne sie eines Blickes zu würdigen, balancierte Inge den übervollen Kaffeebecher zurück an den Tisch, wo sich Manuela Dinges angeregt mit Ewald unterhielt. Nun war die Sache klar: Niemals würde sie sich neben die Hüfte setzen und in Konkurrenz mit ihr treten. Sie gehörte auf Ewalds Seite, das konnte sie nun deutlich erkennen. Obwohl Manuela schon länger in der Klinik sein musste, kam es Inge vor, als wäre sie in ihr Territorium eingedrungen. Sie schaute auf den Kaffee in ihrer Hand und konnte sich in etwa vorstellen, wie er schmeckte. Dann wanderte ihr Blick auf die Wanduhr: 8.15 Uhr. Bis zur Einstimmung, bei der sich alle Patienten mit den Ärzten und Therapeuten zum Tagesbeginn treffen würden, dauerte es noch eine Dreiviertelstunde, Zeit genug. Sie änderte ihre Richtung und verließ den Saal. Die Kaffeetasse stellte sie beim Hinausgehen unauffällig auf einen noch abzuräumenden Tisch. Dann machte sie sich auf ins Dorf, um beim Bäcker gegenüber der Bushaltestelle zu frühstücken.
    Auf dem Weg dorthin beschloss sie, entgegen ihrem vorabendlichen Vorsatz, Ellen Weyer noch einmal anzurufen. Doch wie zuvor meldete sich auch diesmal nur die automatische Ansage. Vielleicht war Ellen ja gar nicht zurück nach Rostock gefahren, sondern hatte sich ein paar Tage Urlaub gegönnt. Aber hätte sie sich dann mit ihrem Nachbarn verabredet? Und wieso hatte sie so lange ihr Handy abgeschaltet, wenn sie zurückgerufen werden wollte?
    Etwas, dachte Inge, stimmt hier nicht.
    Hinter ihr vernahm sie ein Keuchen. „Dachte ich’s mir doch! Du bist abgehauen!“
    Inge drehte sich um: „Ich hatte keine Lust auf Reden.“
    „Und da lässt du mich mit einer Quasselstrippe allein am Tisch zurück? Könnte dir so passen. Dafür lädst du mich zum Kaffee ein.“
    Inge war sich nicht sicher, ob sie sich freute, dass Ewald Klee so großes Interesse an ihr zeigte, oder ob es ihr zu viel war. Immerhin hatte sie keine Ahnung, mit welchen Absichten er sich ihr näherte.
    „Entschuldige“, sagte er plötzlich und sah ganz zerknirscht aus. „Du wolltest wahrscheinlich einfach deine Ruhe haben. Tut mir leid. Ich bin immer so … “, er zuckte hilflos mit den Schultern, „so überschwänglich, wenn ich jemanden mag. Meine Frau sagt immer, ich bin grenzüberschreitend. Damit hat sie wahrscheinlich recht.“ Dann hob er abwehrend die Hände. „Ich wollte dir nicht auf die Nerven gehen und dir schon gar nicht zu nahe treten … “
    Ein großer Junge, das war er jetzt. Mit viel zu langen Armen und Beinen, so, als wäre der Rest an ihm noch nicht ausgewachsen und es würde einmal ein Riese aus

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