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Sterbensangst (German Edition)

Sterbensangst (German Edition)

Titel: Sterbensangst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Mark
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Weihnachts-Dingsbums und bereitete das Essen vor. Der Vater war bei der Arbeit.«
    »Am Samstag? Was macht er denn?«
    »Sie haben eine Art Transportunternehmen.« Er hält inne und ruft Helen Tremberg zu: »Was treibt der Vater gleich wieder, Hells-Bells?«
    Helen stößt sich vom Schreibtisch ab. Wendet sich zu den beiden Männern um. Sie lächelt McAvoy zu.
    »Dann sind Sie also doch mit von der Partie, was?«
    McAvoy versucht, ein Grinsen zu unterdrücken. Plötzlich empfindet er ein Gefühl der Wärme für sie. Auch für Ben. Er würde es ungern zugeben, aber er ist aufgeregt. Fühlt sich lebendig.
    »Logistikbranche also?«, fragt McAvoy, um einen gleichmütigen Tonfall bemüht.
    »Laut ihrer Website verfrachten sie Spendengüter in schwer zugängliche Regionen. Sie haben Verträge mit einer Menge Hilfsorganisationen. Sie wissen schon, das Zeug aus den Kleidersammlungen und so. Nun, dies ist eine der Firmen, die es dorthin bringt, wo es gebraucht wird. Manchmal mit Lastwagen, manchmal mit Containerschiffen, manchmal als Luftfracht.«
    »Gut«, sagt McAvoy und macht sich eine Notiz. »Sprechen Sie weiter.«
    »Nun, langer Rede kurzer Sinn, das Ehepaar hatte ein eigenes Kind, das aber vor ein paar Jahren starb. Leukämie. Sie adoptierten Daphne über eine internationale Agentur, als sie zehn war. Der Papierkram dauerte ein Jahr lang, alles ganz einwandfrei. Sie stammt aus Sierra Leone. Hat ihre Familie während des Genozids verloren. Tragische Sache.«
    McAvoy nickt. Die politischen Hintergründe hat er noch dunkel im Gedächtnis. Kann sich verschwommen an Fernsehbilder von Massakern und Brutalitäten erinnern. Unschuldige, die mit Kugeln niedergemäht und mit Macheten in Stücke gehackt wurden. »Hat die Machete eine spezielle Bedeutung?«, fragt McAvoy. »Das ist da unten die gängigste Waffe, nicht wahr?«
    »Der Boss hat das Gleiche gefragt«, sagt Nielsen. »Wir überprüfen es.«
    »Und sind sie eine Familie von Kirchgängern? Wie ist sie Ministrantin geworden?«
    »Anscheinend war sie bereits vor ihrer Ankunft in dieser Richtung aktiv. Sie stammt aus einer sehr religiösen Familie. Sie hat Entsetzliches erlebt, aber das warf sie nicht aus der Bahn. Ihre Mutter, ihre neue Mutter meine ich, machte nach ihrer Ankunft mit ihr einen Ausflug in die Dreifaltigkeitskirche, und das Mädchen war sofort hin und weg. Die Kirche nahm von da an in ihrem Leben immer größeren Raum ein. Ihre Mutter sagt, sie sei nie so stolz gewesen wie an dem Tag, als sie Messdienerin wurde.«
    McAvoy versucht, sich ein Bild von Daphne Cotton zu machen. Von einem jungen Mädchen, herausgerissen aus grässlichem Elend, das man in eine weiße Robe steckte und dem man erlaubte, eine Kerze zu halten, während es zu seinem Gott betete.
    »Haben wir ein Foto?«, fragt er leise.
    Helen geht zu ihrem Tisch und kommt gleich wieder mit der Farbkopie eines Familienfotos. Es zeigt eine lächelnde Daphne, eingerahmt von ihren beiden untersetzten, langsam ergrauenden Adoptiveltern. Im Hintergrund sieht man die Küste von Bridlington. Der Himmel ist ungewöhnlich und geradezu bedrohlich blau. Das Hochglanzfoto wirkt beinahe zu perfekt. McAvoy fragt sich, wer wohl den Schnappschuss aufgenommen hat. Welcher bedauernswerte Passant das Foto geknipst hat, das nun den Abgrund der Tragödie dieses Mädchens definiert. McAvoy macht im Geiste seine eigene Aufnahme. Prägt sich das Bild ein. Macht dieses lächelnde, glückliche Mädchen zu seiner Vision von Daphne Cotton. Überblendet es mit dem blutigen, verrenkten Leichnam. Macht sie zur Person. Und ihren Tod zu der Tragödie, die er sein muss.
    »Sie ging also regelmäßig zur Kirche, ja?«
    »Drei Abende pro Woche, und am Sonntag zweimal.«
    »Ein sehr großes Engagement.«
    »Gewaltig, aber sie war ein ausgesprochen intelligentes Mädchen. Ließ nie zu, dass es ihren Hausaufgaben in die Quere kam. Sie war eine glatte Einserschülerin, sagt jedenfalls ihre Mutter. Mit den Lehrern haben wir noch nicht gesprochen.«
    »Welche Schule?«
    »Die Hessle High. Für sie von daheim zu Fuß erreichbar. Am Dienstag hätten ihre Weihnachtsferien begonnen.«
    »Wir müssen mit ihren Freunden sprechen. Mit ihren Lehrern. Mit jedem, der sie kannte.«
    »Das ist die Aufgabe, die Sophie und ich gerade aufteilen, Sarge«, sagt Tremberg abwiegelnd, als wollte sie einem greisen Vater sagen, dass er sich keine Sorgen machen muss – alles ist in besten Händen.
    »Gut, gut«, sagt McAvoy und versucht, seine Ungeduld zu

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