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Sterbensangst (German Edition)

Sterbensangst (German Edition)

Titel: Sterbensangst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Mark
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Charmeur«, erwidert sie und stellt ihre Einkaufstüten auf dem nächsten Tisch ab, während sie zur Toilette geht.
    »Das war als Kompliment gemeint«, ruft Dean ihr nach, aber sie ist bereits außer Hörweite. Er zieht einen Flunsch, als ihm klarwird, dass er sie vielleicht beleidigt hat. Befürchtet, dass er zu weit gegangen ist und es ihn ein oder zwei Drinks kosten wird, sie zu besänftigen. Er beschließt, es sofort hinter sich zu bringen, und greift nach einem frischen Glas unter dem Tresen.
    Er ist gerade dabei, sich zu bücken, als der Schlag ihn trifft.
    Einen Moment lang spürt er noch einen vernichtenden, betäubenden Schmerz am Hinterkopf, dann liegt er flach auf dem Bauch: ein zusammengesunkenes Häuflein Bewusstlosigkeit vor den Kühlschränken voller Bier, eine Hand wie zum Scherz in eine halbvolle Schachtel mit Salz- und Essigchips gesteckt.
    Dean hört nicht mehr, wie der Mann über ihn hinwegsteigt und zur Vordertür geht.
    Hört nicht das leise Klicken, mit dem der Riegel vorgelegt wird, und auch nicht das sachte Tappen schwarzer Stiefel auf dem Holzboden.
    Hört nicht das Quietschen der Toilettentür oder das Geräusch einer Klinge, die langsam aus einer Lederscheide gleitet.
    Hört nicht die einsetzenden Schreie …

Kapitel 16
    »Sind Sie sicher?«, bellt McAvoy, einen Finger ins Ohr gesteckt, um das Dröhnen des Motors und das Summen der Reifen auszublenden. »Und wie laut haben Sie geklopft?«
    Tremberg schaltet runter in den vierten Gang und versucht, dem kleinen Motor noch fünf oder zehn Kilometer Spitzengeschwindigkeit zusätzlich zu entlocken. Es gelingt ihr, und trotz der Proteste des überhitzten Metalls unter der Motorhaube tritt sie das Gaspedal bis zum Blech durch.
    »Nein … keine Gewissheit, aber eine hohe Wahrscheinlichkeit …«
    Tremberg dreht den Kopf nach McAvoy.
    Alles, was sie von seinem Gesicht sieht, ist sein Handrücken, mit dem er das Handy fast gewaltsam ans Ohr presst. Seine Knöchel sehen aus, als wären sie mehrfach gebrochen gewesen. Sie scheinen die Summe dessen zu sein, was sie von ihm weiß. Dass er Schmerzen zugefügt und Schmerzen kassiert hat. Eine warme, schützende Hand, mit der er, wie sie sich vorstellt, seinen hübschen Sohn und seine schöne Frau zärtlich streichelt, die aber umgedreht zu einer zerstörerischen – auch selbstzerstörerischen – Faust geballt werden kann.
    »Dann treten Sie die Tür ein«, brüllt er. Und fügt hinzu: »Ist mir egal. Vertrauen Sie mir.«
    Warum sollten sie?, denkt sie. Sie kennen dich nicht. Ich habe dich bis heute Morgen ja auch fast nicht gekannt. Ich kenne dich jetzt noch kaum.
    McAvoy knallt das Handy auf seinen Oberschenkel. »In ihrer Wohnung macht niemand auf«, meint er und sieht sie unter den Stirnfransen seines feuchten rötlichen Haares mit rot unterlaufenen, fiebrig glänzenden Augen an. »Sie haben es auch nebenan versucht, aber ebenfalls ohne Erfolg. Sie wollen die Tür nicht ohne Genehmigung eintreten …«
    Seine Stimme verklingt. Tremberg hat den Eindruck, als müsste er mit sich selbst ringen und sich widerwillig eingestehen, dass er in seiner Karriere die Dinge auch häufig streng nach Vorschrift getan hat. Befehle abwartete. Gemacht hat, was man ihm sagt. »Und wohin jetzt?«, fragt sie, die Augen wieder auf die Straße gerichtet.
    McAvoy antwortet nicht. Er scheint die Haut an seinem Handgelenk abzunagen, abwesend, wie ein Hund seinen Knochen.
    Vor der Windschutzscheibe wird es langsam dunkel. Schneeflocken tanzen in der Luft.
    Sie fragt abermals: »Wohin zuerst?«
    Sie erreichen das Gewerbegebiet am Stadtrand von Grimsby. Es riecht nach Fisch und Industrie, und die Straße klingt mit ihrer betonierten Oberfläche unter den Reifen beinahe einschläfernd, wäre da nicht das ständige Gerüttel.
    McAvoy legt die Hand in den Schoß. Scheint sich zu einer Entscheidung durchzuringen.
    »Ein Nachbar hat gesagt, dass sie nach dem Mittagessen normalerweise in der Freeman Street zu finden ist. In einem der Pubs. Wusste aber nicht, welches …«
    »Die Freemo?«
    »Sagt man so? Das ist Ihr Revier, nicht meines.«
    Irgendwie gelingt es Tremberg, noch ein paar weitere km/h aus ihrem Kleinwagen herauszukitzeln, und die Tachonadel steht auf hundertzwanzig, als sie auf zwei Rädern um den ersten Kreisverkehr quietscht und über die Überführung an den Docks vorbeidonnert. Sie kennt sich in der Gegend aus. Sie war hier auf Streife.
    »Was wissen wir von ihr?«, schreit sie, während sie mit Bleifuß an

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