Sterbenswort: Thriller (German Edition)
hielt inne; sie erinnerte sich an einige Gelegenheiten, zu denen Thomas damals seinen Wissensschatz zum Besten gegeben hatte. Sie hatten ihn oft damit aufgezogen, wie viel unnützes Wissen er im Laufe seines Lebens bereits angesammelt hatte.
»Meinen Sie, wir begreifen das?«, fragte Alfred Pfeiffer, während seine Frau ein Taschentuch hervorkramte und lautstark hineinschneuzte. »Er hatte vorzügliche Noten. Eine glänzende berufliche Zukunft vor sich. Es muss irgendetwas vorgefallen sein, das sein Leben dramatisch verändert hat.«
Bei den letzten Worten beugte er sich nach vorn und starrte Kathrin dabei an: »Nur was?«
Sie wich seinem stechenden Blick aus.
»Ja«, sagte daraufhin Amelie. »Was?«
»Wenn wir das nur in Erfahrung bringen könnten.« Alfred Pfeiffer lehnte sich wieder zurück. »Und Sie wissen wirklich nichts Neues von ihm?«
»Leider nein. Aber wir suchen ihn. Haben Sie irgendwelche Anhaltspunkte, die uns von Nutzen sein könnten?«
Alfred Pfeiffer schüttelte den Kopf, dann sagte er: »Nur, dass er sich immer noch für Geschichte zu interessieren schien.«
»Wie meinen Sie das?«
»Während seines Fiebers referierte er ausschließlich über historische Themen, nichts hatte irgendwelchen persönlichen Bezug. Er sprang mitten im Satz von der Inquisition zum Amerikanischen Bürgerkrieg, von der Belagerung Karthagos zur Belagerung Stalingrads.«
Marlies Pfeiffer beugte sich nach vorn, griff nach Kathrins Händen und nahm sie in die ihren.
»Sie müssen ihn finden, bitte. Er wird vor die Hunde gehen, da draußen. Er ist doch noch so jung.«
Kathrin war die plötzliche Nähe unangenehm, dennoch gelang es ihr nicht, sich ihr zu entziehen.
»Ja, wir werden ihn suchen, Frau Pfeiffer, das verspreche ich Ihnen.«
Dass die Pfeiffers nicht auf den Anlass des Besuchs durch die beiden Freundinnen zu sprechen kamen, dafür war Kathrin dankbar. Sie mochte gar nicht daran denken, Thomas’ Eltern nun auch noch von den merkwürdigen Erlebnissen zu berichten, die Amelie, Heinrich und sie in den letzten Tagen gehabt hatten.
Zu dem verschollenen Sohn nun auch noch ein von den Toten Auferstandener: Kathrin fiel es schwer, sich vorzustellen, was dies mit den Pfeiffers gemacht hätte.
Sie wechselten noch ein paar Sätze und tranken dabei ihren Tee.
Dann lösten sie sich aus der Unterhaltung und verabschiedeten sich von Marlies und Alfred Pfeiffer. Sie überließen das Ehepaar wieder sich selbst und ihrem unaufgeräumten Leben.
Mit dem Auto fuhr Kathrin lediglich ein paar Meter, um außer Sichtweite zu sein.
Sie parkte ein und starrte gedankenverloren durch die Windschutzscheibe. Aus den Augenwinkeln sah sie, dass Amelie es ihr gleichtat.
Für mehrere Minuten schwiegen sie.
»Ob das in einem Zusammenhang steht?«, fragte Amelie schließlich.
»Du meinst, Thomas könnte …«
»Eriks Rolle übernommen haben, ja.«
»Die beiden hatten etwa die gleiche Größe.«
»Eriks Haar war dunkelbraun, das von Thomas schwarz.«
»Er könnte es gefärbt haben, oder er trug eine Perücke, als er gestern in Heidelberg bei deinen Eltern war.«
»Oder es gibt eine andere Erklärung. Wir müssen Thomas finden.«
»Aber wo beginnen wir mit der Suche?«
»Ich weiß es nicht.«
Nach einer weiteren Gesprächspause sagte Kathrin leise: »Ich habe noch eine andere Idee.«
»Was denn?«
»Versprich mir, dass du nicht lachst.«
»Okay.«
»Ich glaube ja eigentlich auch nicht an solchen Humbug.«
»Wovon sprichst du?«
»Ein Medium.«
»Was?«
»Eine Freundin von mir – Sara – schwört, sie habe mit ihrem toten Mann gesprochen.«
»Und du glaubst das?«
»Nein«, antwortete Kathrin schnell und war sich dabei selbst nicht mehr sicher.
»Aber Sara schien so überzeugt von der Geschichte. Thora Lumina heißt die Dame. Ich könnte ihre Adresse in Erfahrung bringen.«
»Ich glaube, ich habe über die Frau schon einmal etwas im Internet gelesen. Wahrsagen, traumdeuten, hellsehen: der ganze Mumpitz. Sie ist äußerst umstritten. Ich halte das für keine gute Idee.«
Ein Klingeln unterbrach die beiden.
Kathrin holte ihr Mobiltelefon aus der Handtasche und meldete sich.
»Was? – Wer ist dran? – Ich kann dich kaum verstehen, Heinrich. – In Ordnung, wir sind gleich bei dir.«
»Was ist passiert?«, fragte Amelie, als Kathrin den Zündschlüssel drehte.
»Es war Heinrich. Er weinte. Er sagte, er habe große Angst um seine Frau.«
27
Damals
A melie Stutzkeis räkelte sich verführerisch auf einem
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