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Sterbestunde - Hübner, M: Sterbestunde

Sterbestunde - Hübner, M: Sterbestunde

Titel: Sterbestunde - Hübner, M: Sterbestunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hübner
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verloren, ich wollte sie nicht auch noch verlieren.«
    Sven seufzte. Diese Art von emotionalem Handeln konnte er gut nachempfinden. Niemand hätte anders reagiert.
    »Also habe ich die Sachen im Kofferraum verstaut und mich auf den Weg in die Redaktion gemacht. Im Nachhinein denke ich, das war das einzig Richtige. Hätte der Kerl beobachtet, wie ich einen Aktenkoffer an einen Kriminalbeamten übergebe, hätte er uns vermutlich beide auf der Stelle über den Haufen geschossen. Da der Wagen Ihrem Kollegen gefolgt ist, konnte ich einigermaßen sicher sein, dass niemand hinter mir her war. Trotzdem habe ich den einen oder anderen Umweg gemacht, um sicher zu sein. Ich habe Sattler nur das Nötigste erzählt, aber das hat genügt. Schon nach wenigen Sätzen hatte er Blut geleckt und hat versprochen, mir zu helfen.«
    »Das wundert mich nicht«, bemerkte Sven abfällig. »Für so eine Story würden einige von denen selbst zum Mörder werden.«
    »Ich habe ihm erklärt, was ich vorhatte, und ihn gebeten, die Ereignisse weiterzuverfolgen und mich sofort per Handy zu informieren, wenn es etwas Neues gibt. So habe ich von Milenz’ Verhaftung erfahren.«
    »Dann hat er mir also die Probe zukommen lassen?«
    Hofer nickte. »Vor meiner Abreise habe ich Sattler den Aktenkoffer gegeben, mit der Anweisung, den Inhalt unverzüglich an Sie weiterzuleiten, wenn ich mich nicht jeden Tag bis 18 Uhr telefonisch bei ihm melde. Nach der Sache mit Milenz musste ich handeln und habe Sattler gebeten, Ihnen eine der Kapseln zu schicken, damit Sie weiter an dem Fall dranbleiben.«
    »Es gibt noch mehr davon?«
    »Ja. Die restlichen Proben sind in dem Aktenkoffer.«
    »Und die stammen alle von Bewohnern des Altenheims, nicht wahr?«
    Hofer schwieg und sah zu Boden.
    Sven schüttelte den Kopf. »Sie müssen noch naiver sein als ich, wenn Sie eine Zeitungsredaktion tatsächlich für einen sicheren Ort für so brisantes Material halten.«
    »Ich musste mich doch absichern.« Hofers Stimme klang, als wäre er kurz vorm Ersticken.
    »Ihnen ist doch klar, dass ich diesen Sattler augenblicklich wegen Zurückhaltung wichtiger Beweise verhaften lassen und ihn dazu zwingen könnte, mir den Koffer auszuhändigen?«, erkundigte sich Sven.
    »Und welche Begründung hätten Sie ohne meine Aussage?«
    »Das wäre nicht die erste Verhaftung ohne triftigen Grund.«
    »Aber vor morgen früh bekommen Sie keinen Durchsuchungsbefehl für die Redaktion. Was also hätten Sie dadurch gewonnen?«
    Sven seufzte resigniert.
    »Seien Sie unbesorgt«, tröstete Hofer, »ich bin sicher, dass er nichts unternehmen wird, bis er meine Zustimmung bekommt.«
    »Was haben Sie getan, ihn betäubt und angekettet?«
    »Ich habe einen Vertrag mit ihm. Er bekommt die Erstrechte an der Geschichte, sobald meine Familie in Sicherheit ist und ich meine Aussage gemacht habe.«
    »Ach, und Sie glauben, er wartet so lange? Großes Pfadfinderehrenwort, oder was?«
    »Ohne meine Aussage kommt er nicht an die Hintermänner ran. Außerdem hat er sich bis jetzt an die Abmachung gehalten. Warum sollte er sie so kurz vor dem Ende brechen?«
    »Und was für ein Ende haben Sie vorgesehen?«
    Hofer sah auf die Uhr. »Wir warten«, sagte er knapp.
    Sven wurde ungeduldig. »Jetzt kommen Sie schon«, drängte er. »Ich dachte, Sie vertrauen mir. Bis morgen früh dauert es noch Stunden, und wir könnten die Zeit wirklich sinnvoller nutzen. Ich verspreche Ihnen, wir werden Sie und Ihre Familie nach besten Kräften beschützen.«
    »Ich will lieber ganz sichergehen«, beharrte Hofer nervös. »Wer war das vorhin am Telefon?«
    »Jemand, der bestimmt nicht begeistert sein wird, dass seine Story von einem anderen geschrieben wird.«
    Hofer musterte ihn unsicher. Dann ging er zum Telefon und zog den Stecker heraus.
    »Was machen Sie denn da?«
    »Keine Anrufe mehr.«
    »Verflucht, wer, glauben Sie, ist hinter Ihnen her, die Mafia?«
    Hofer betrachtete ihn wie ein Vater, der sein ungezogenes Kind zurechtwies. »Sie haben ja keine Ahnung«, sagte er beinahe herablassend.
    »Jetzt beruhigen Sie sich mal wieder«, meinte Sven gereizt und ging wieder in die Küche. »Wollen Sie auch noch ein Bier?«
    »Ich finde, wir sollten lieber einen klaren Kopf bewahren.«
    »Wie Sie meinen«, knurrte Sven und öffnete eine neue Flasche. Auf viele Menschen hätte Alkohol zu dieser Stunde eher einschläfernd gewirkt. Für ihn jedoch war es nach einem solchen Tag das einzig wirkungsvolle Mittel, einen klaren Kopf zu behalten.

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