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Sterbestunde - Hübner, M: Sterbestunde

Sterbestunde - Hübner, M: Sterbestunde

Titel: Sterbestunde - Hübner, M: Sterbestunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hübner
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nötigen Patienten dazu gefehlt. Also haben wir einfach welche geschaffen.«
    Sven suchte vergeblich nach Worten. Er schien von einer seltsamen Leere umgeben zu sein. Eine Leere, wie man sie kurz vor dem Einschlafen verspürte, wenn sämtliche Gedanken davontreiben und die Muskeln ihre Funktion aufgeben. Und er kannte auch den Ursprung dieses Gefühls. Es war sein Unvermögen zu akzeptieren, dass auch Menschen wie Dietmar Hees ein Existenzrecht hatten.
    »Sie … Sie sind ja vollkommen krank«, fand er schließlich seine Stimme wieder.
    »Ich kann verstehen, dass Sie dieser Meinung sind«, meinte Hees. »In Ihren Augen muss das alles wie tiefste Perversion aussehen. Aber denken Sie doch einmal ganzheitlich. Mutter Natur gibt nun mal den Jungen und Starken den Vorzug. Alte und kranke Tiere werden von der Herde ausgesondert. Für sie ist kein Platz im System. Die meisten unserer Testpersonen sind nicht einmal mehr bei klarem Verstand oder gar bei Bewusstsein. Sie haben keinerlei Nutzen mehr für die Gesellschaft. Warum sollten sie dann nicht der Wissenschaft einen letzten Dienst erweisen? Diese Methode ist keineswegs neu, Herr Kommissar, und wir sind nicht die Ersten, die auf diese Weise Wissenschaft betreiben. Schon zu Zeiten des Kalten Krieges wurden ähnliche Verfahren angewendet. Damals waren es schwerkranke Menschen oder Sträflinge, sogenannte entbehrliche Mitglieder der Gesellschaft, an denen ohne ihr Wissen im Auftrag der Regierung Versuche durchgeführt wurden. Man hat ihnen Plutonium gespritzt oder sie Unmengen von Strahlung ausgesetzt. Viele sind erst Jahre später an den Folgen gestorben.« Wieder wischte er sich den Schweiß von der Stirn, bevor er fortfuhr. »Noch bis zur Wende haben westliche Pharmakonzerne Medikamente an nichtsahnenden DDR -Bürgern getestet, und deren Regierung hat von den Unternehmen Prämien dafür kassiert. Kinder wurden in der Schule gegen Masern und Röteln geimpft, allerdings hat man den Eltern verschwiegen, dass dabei auch Stoffe erprobt wurden, die noch nicht zugelassen waren. Das, Herr Kommissar, ist wahre Barbarei. Was wir tun, schadet dagegen letztendlich niemandem. Es ist nur die konsequente Weiterentwicklung dieser Methode. Und soll ich Ihnen sagen, was das Beste daran ist?«, fragte er mit selbstgefälligem Grinsen. »Sowohl die Wissenschaft als auch die Altenpflege werden staatlich gefördert. Da bietet es sich doch geradezu an, beides miteinander zu verbinden, finden Sie nicht?«
    Ein Wirtschaftskreislauf, an dem Kilian sicher Gefallen finden würde, dachte Sven. »Aber warum das alles?«, fragte er fassungslos. »Wieso testen Sie Ihre Produkte nicht an Freiwilligen?«
    »Weil das nicht ganz so einfach ist, wie es sich anhört«, antwortete Hees. »Für solche Tests braucht man nicht nur die Zustimmung der Testpersonen, sie müssen auch bei der zuständigen Gesundheitsbehörde beantragt und zugelassen werden. Und Bürokratie war noch nie ein Garant für schnelle Resultate. Außerdem muss das betreffende Medikament vorher ausreichend im Tierversuch getestet worden sein. Und da das ja anscheinend niemand verantworten will, spare ich mir diesen Umweg einfach.« Er lachte zynisch. »Klinische Forschung ist nicht billig, Herr Kommissar. Und die Förderung auf diesem Gebiet ist sehr begrenzt. Außerdem müssen bestimmte Voraussetzungen und Richtlinien erfüllt sein, und die kosten vor allem Zeit. Da wir aber nicht das einzige Pharmaunternehmen in der Aids-Forschung sind, haben wir diese Zeit nicht. Die Konkurrenz ist groß, und wir haben eine Menge aufzuholen. In immer kürzeren Abständen kommen neue Medikamentenkombinationen auf den Markt, die helfen, die Krankheit einzudämmen. Also muss man sich beeilen, wenn man nicht abgehängt werden will. Wenn man aber erst einmal das Patent in der Tasche hat, bleibt noch genügend Zeit, den regulären Weg zu gehen.«
    »Sie haben wirklich an alles gedacht«, gab Sven missmutig zu. »Und trotzdem wird es immer jemand geben, der schlauer ist als Sie und der diese ganze Schweinerei irgendwann aufdeckt.«
    »Ich nehme an, Sie meinen damit diesen Reporter, mit dem Sie die letzte Zeit oft zusammen waren. Keine Sorge, um den kümmern wir uns noch früh genug. Ohne die nötigen Beweise kann er uns ohnehin nicht gefährlich werden. Alles, was wir wollen, sind Hofer und die Unterlagen. Diese Aufzeichnungen sind sehr wichtig für mich. Sie sind die einzige Spur, die zu diesem Unternehmen und damit zu mir führen könnte. Sie werden also

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