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Sterbestunde - Hübner, M: Sterbestunde

Sterbestunde - Hübner, M: Sterbestunde

Titel: Sterbestunde - Hübner, M: Sterbestunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hübner
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Stahltür, die links neben ihm hervorstand.
    Du wirst dir sämtliche Knochen brechen!
    Er biss die Zähne zusammen und zog mit einer schnellen Bewegung das Knie an, bis sein Fuß auf dem Türgriff stand. Dann verlagerte er sein Gewicht darauf, krallte sich am Türrahmen fest und zog sich mit aller Kraft hoch, bis sein rechter Fuß frei in der Luft hing. Schweiß brannte ihm in den Augen, und sein Hemd war klatschnass. Aber er lächelte. Er stand mit einem Bein und eingezogenem Bauch auf einer Türklinke und lächelte, weil er ein weiteres Mal über seine Schwächen triumphiert hatte. Vorsichtig drehte er den Kopf nach dem Fenster. Es lag jetzt fast auf Augenhöhe. Langsam tasteten sich seine Finger an der Wand entlang zu dem Fensterrahmen. Doch dann rutschte Koschnys Fuß ab, woraufhin die Türklinke nachgab und er gänzlich den Halt verlor. Er schrie auf, als sein verletzter Fuß auf dem Palettenstapel landete. Sein Bein knickte vor Schmerz ein, und er stürzte seitlich auf den harten Beton. Schnaufend und stöhnend wand er sich mit verzerrtem Gesicht auf dem Boden und keuchte wüste Flüche in Richtung des Fensters. Aus dieser Perspektive wirkte es wie ein riesiger Mund, der zu einer grotesken Fratze verzogen war.
    »Was ist los da drin?«, meldete sich Seiferts aufgeregte Stimme. Er sprach so leise und undeutlich, dass Koschny ihn kaum verstand. »Alles in Ordnung?«
    Das Knurren des Hundes wurde wieder lauter. »Hört auf zu quatschen!«, war die zornige Stimme des Wachmanns zu vernehmen. »Wenn die Polizei hier ist, habt ihr noch genug Gelegenheit dazu. Aber bis dahin ist hier Sendepause, wenn ihr nicht wollt, dass ich dem Hund den Beißkorb abnehme, verstanden?«
    Koschny seufzte erleichtert. Immerhin wusste er jetzt, dass Verstärkung im Anrollen war. »Ja, alles prima, könnte gar nicht besser sein«, zischte er erbost zurück. »Und jetzt halten Sie lieber die Klappe, bevor Sie mich auffliegen lassen und ich auch noch die Wachen …«
    Er verstummte, als sein Blick auf die Tür fiel. Was er dort sah, überraschte ihn so, dass er sogar seine Schmerzen ignorierte.
    Sie stand offen. Nur einen Spalt, aber sie war offen. Sie musste aufgesprungen sein, als sein Fuß von der Klinke gerutscht war. Er war tatsächlich auf die Klinke einer Tür gestiegen, die gar nicht verschlossen gewesen war, um sich dann bei dem Versuch, durch ein zerbrochenes Fenster von der Größe einer Brotbüchse zu zwängen, beinahe den Hals zu brechen. Doch er war nicht in Stimmung, länger darüber nachzudenken.
    Unter Schmerzen raffte er sich auf und humpelte auf die Tür zu. Angenehm kühle Luft drang durch den Spalt. »Ich gehe jetzt rein«, meldete er Seifert seinen zwiespältigen Erfolg. »Wenn die Polizei kommt, haltet sie noch ein bisschen hin. Ich muss erst sicher sein, dass die beiden auch da drin sind, verstanden?«
    Damit ging er hinein und zog die Tür hinter sich zu.

40
     
     
     
     
     
     
     
    S ven rang nach Luft, doch seine Kehle war wie zugeschnürt. Alles um ihn herum pulsierte, schien nicht wirklich zu sein. Eine Art Wabern, ausgelöst durch den Schock, der all seine Sinne überwältigte. Er betete inständig darum, endlich aus diesem Alptraum erwachen zu dürfen. Aber dies war kein Traum. Das hier war echt. All das passierte wirklich!
    Er zitterte am ganzen Körper, und schreckliche Angst schnürte sich wie eisige Klauen um seine Brust. Bitte nicht , flehte er im Stillen. Bitte lass das nicht zu, lieber Gott! Doch Sven rechnete sich keine allzu großen Chancen aus, erhört zu werden. Wut war dagegen in vielen Situationen ein geeignetes Mittel gegen Angst und Verzweiflung. Und in Sven stieg gerade eine schier grenzenlose Wut auf. Dieser schwabbelige Mistkerl hatte alle Fäden in der Hand, besaß uneingeschränkte Macht über ihn. Er war quasi sein Schicksal , wenn man es so nennen wollte, doch er hatte nicht vor, sich ihm willenlos zu ergeben.
    » NEIN !«, schrie er und zerrte mit aller Kraft an seinen Fesseln. Er bäumte sich auf, wand sich am Boden und trat mit beiden Beinen nach Hees, der außerhalb seiner Reichweite dastand und diesem Ausbruch schadenfroh zusah. » DU VERDAMMTE DRECKSAU ! DU MIESES SCHWEIN  …!« Seine Stimme überschlug sich. Er bestand nur noch aus Hass, der alle Kontrollen lahmlegte. » ICH BRING DICH UM , DU ELENDER DRECKSKERL !«
    »Kein Grund, ausfallend zu werden, Herr Kommissar«, mahnte Hees. »Vielleicht sollte ich Ihnen ein bisschen Zeit geben, damit Sie sich mit Ihrer neuen

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