Sterbestunde - Hübner, M: Sterbestunde
einem wirklich nicht leicht.«
»Was erwarten Sie denn?«
»Wie wäre es mit ein wenig Entgegenkommen?«
»Also, um eines klarzustellen«, erwiderte Sven barsch, »nur weil Sie mich nach Hause gebracht und auf meiner Couch übernachtet haben, sind wir noch lange keine Freunde. Mein Vertrauen müssen Sie sich erst noch verdienen, Koschny. Bis dahin schlage ich vor, dass wir unsere Zusammenarbeit als Zweckgemeinschaft betrachten.«
»Na schön, wie Sie meinen. Ich wollte nur freundlich sein.«
»Wenn Sie freundlich sind, führen Sie meistens was im Schilde«, konterte Sven schroff. »Also bleiben Sie lieber unausstehlich.«
»Sie sind wirklich ein Vollidiot, Becker!«
»Finden Sie sich damit ab.«
Koschny schüttelte den Kopf. »Ich dachte wirklich, über diesen Punkt wären wir hinaus.«
»Lassen wir das seichte Geschwafel«, wehrte Sven energisch ab. »Ich finde, jetzt sind Sie dran, meine Fragen zu beantworten.«
»Was wollen Sie denn wissen?«
»Alles, was Sie wissen! Und versuchen Sie ja nicht, mich zu verarschen, sonst haben Sie schneller eine Anzeige am Hals, als Sie ›Vorenthaltung‹ buchstabieren können!«
»Ja«, sagte Koschny, und sein Blick war starr auf Sven gerichtet, »das glaube ich Ihnen aufs Wort.«
»Gut, dann schießen Sie los.«
Koschny schenkte sich Kaffee nach. »Kennen Sie eine Firma namens Soheim GmbH?«
»Nein.«
»Sehen Sie«, fuhr der Reporter fort, »ich eigentlich auch nicht – bis vor einigen Tagen.« Er lehnte sich gegen die Arbeitsplatte und trank einen Schluck Kaffee. »Nach den Todesfällen der letzten Zeit bin ich misstrauisch geworden und habe angefangen, Nachforschungen anzustellen. Schon sehr bald hat sich herausgestellt, dass alle Hinweise zu ein und demselben Ort führen.«
»Das Altenheim.«
Koschny nickte. »Also habe ich aus purer Neugier angefangen, ein paar Informationen über das Heim einzuholen. Zuerst habe ich herausgefunden, dass es auf einen gewissen Peter Hofer eingetragen ist.«
»Das ist nun wirklich kein Geheimnis«, bemerkte Sven abfällig.
»Ja, aber er ist nur der Betreiber. Hauptinvestor, mit einem Anteil von über sechzig Prozent, ist besagte Soheim GmbH, mit Sitz in Frankfurt. Deren Eigner ist ein gewisser Dieter Berghoff, der jedoch allein durch chronische Abwesenheit von sich reden macht. Es war mir weder möglich, einen Termin mit ihm auszumachen, noch, ihn ans Telefon zu kriegen. Wie ich jedoch herausgefunden habe, hat er bis vor ein paar Jahren als Rausschmeißer in einem Nachtclub gearbeitet und hat vermutlich den kaufmännischen Background eines Zeitungsjungen. Das Büro ist in einem schäbigen Altbau untergebracht, mit einem winzigen Firmenschild an der Tür. Die ebenso erlesene Mitarbeiterschaft umfasst eine Halbtagssekretärin und einen blutjungen Assistenten, der es plötzlich ziemlich eilig hatte, als ich ihn auf die Todesfälle in dem Heim ansprach.«
»Eine Scheinfirma?«, schlussfolgerte Sven.
»Das klassische Modell.«
»Aber wofür?«
»Da gibt sich jemand ziemliche Mühe, unerkannt zu bleiben. Und dieser Jemand könnte uns mit Sicherheit eine Menge Fragen beantworten. Und noch etwas ist auffällig: Die Firma wurde exakt zu dem Zeitpunkt gegründet, als auch das Altenheim aufgemacht hat. Außerdem besitzt sie noch drei weitere Pflegeheime.«
»Hm«, brummte Sven, »ich denke, es wird Zeit, dass ich mir diesen Hofer noch mal vorknöpfe. Er schuldet mir ohnehin noch ein paar Erklärungen.«
»Tja, dann sollten Sie sich aber einen guten Fährtensucher zulegen.«
»Wieso?«
»Hofer ist seit über einer Woche verschwunden.«
»Was?«, entfuhr es Sven. »Und das sagen Sie mir erst jetzt?«
»Regen Sie sich ab«, beschwichtigte Koschny. »Diese Information ist alles andere als neu.«
»Für mich schon«, erwiderte Sven aufgebracht. »Und woher wissen Sie das?«
Koschny lehnte sich entspannt zurück. »Als ich Hofer zu den Vorfällen befragen wollte«, erklärte er, »habe ich vergeblich an seiner Tür geklingelt. Auch auf meine Anrufe hat niemand reagiert, und in dem Altenheim hat man mir erklärt, er wäre schon seit Tagen nicht mehr dort gewesen. Ich wollte es Ihnen schon gestern auf dem Friedhof sagen, aber nach Ihrem erfrischenden Auftritt hielt ich es für angebrachter, mich an Ihre Kollegen zu wenden. Die wussten aber schon längst Bescheid. Hofers Sekretärin hat ihn vor drei Tagen als vermisst gemeldet. Ich vermute, die Fahndung läuft bereits.«
»Seine Sekretärin?«, fragte Sven verwundert. »Was ist
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